Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Ein Problem wird bleiben
Noch läuft es beim VfB Stuttgart erwartungsgemäß nicht rund, doch Lösungen sind in Sicht
ROSTOCK - Da saßen sie nun, Thomas Hitzlsperger, Sven Mislintat, Claus Vogt, recht nah beieinander und brüllten ihre Rufe gen Fußballfeld. Wären die Umstände so gewesen, wie in den vergangenen Monaten, jeder am Fernseher hätte ihre Kommentare vernehmen können. Doch so gingen diese – wie es sich für ein ordentliches Fußballspiel gehört – meist in den Gesängen und Anfeuerungen der Zuschauer unter, wurden aus den Kehlen der 7500 Heimfans beim erarbeiteten 1:0 (1:0)-Sieg ihres VfB Stuttgart gegen Hansa Rostock überdeckt. Doch auch wenn der Vorstandsvorsitzende, der Sportdirektor und der VfB-Präsident manchmal nur wie eben jeder Fußballfan, der ein bisschen mit Emotionen dabei ist, zu sich selber sprachen, manch einer konnte sie doch verstehen. Die „Gut gemacht, Junge“-Rufe (Vogt), die „Weiter so Männer, zum Ball“– und immer eben auch „Gonzo - Hintermann“(Hitzlsperger). Vor allem dieses „Gonzo“war es, das häufig in den Ohren klang. Jener Gonzo, bürgerlich Gonzalo Castro, war nicht etwa in so viele prekäre Situationen verstrickt, dass er ständig kritisiert werden müsste, nein Gonzo Castro ist der Anführer der jungen VfBTruppe, die ab sofort im Oberhaus bestehen und die Klasse halten soll.
Zudem war der 33-jährige NeuKapitän auch Sinnbild dafür, was bei den Stuttgarter schon funktioniert – und was eben noch nicht. In der Defensive scheint der VfB auch in der Breite recht gut besetzt, agierte gegen kämpfende Rostocker größtenteils souverän und scheint den Ansprüchen zu genügen. Die Probleme – auch wenn sie nach einem Pflichtspiel noch nicht in Stein gemeißelt sind – dürften eher vor den Abwehrreihen beginnen.
Denn trotz der vorhandenen überragenden Qualität in Mittelfeld, wurden einige Chancen nicht zu Ende
gespielt. „Wir müssen die Angriffe einfach konsequent zu Ende spielen und statt drei oder vier Stationen auch mal mehr spielen“, formulierte Mislinat, der direkt warnte: „Das wird in der Bundesliga auch dauerhaft ein Thema bleiben als Aufsteiger.“
Dabei ist die Kreativzentrale mit dem fünffachen deutschen Nationalspieler Castro, dem treffsicheren Routinier Daniel Didavi und dem mit überragenden technischen Fähigkeiten ausgestatteten Wataru Endo überaus opulent mit Könnern bestückt. Dass gerade diese drei Lösungen finden, dürfte mit über das Wohl und Wehe der Saison entscheiden. „Wir wissen, was wir an den drei haben. Wataru zudem auch als Bodyguard für Gonzo und Dida – das sind die für die kreativen Momente“, sagte Mislintat. Doch hilft all die Finesse und Cleverness nichts, wenn die Bälle vorn nicht verwertet werden. Das Runde muss eben ins Eckige, darum geht es im Fußball unterm Strich.
Und da spielte sich in Rostock Angreifer Silas Wamangituka in den Vordergrund. Mit seinem AbstauberTor in der 42. Minute avancierte der Kongolese zum Matchwinner und in Abwesenheit des an der Hüfte verletzten Topstürmers Nicolás González endgültig zum Hoffnungsträger. „Silas kreiert immer wieder gefährliche Situationen“, sagte Sportdirektor Mislintat: „Er hatte genau wie Nico González in der letzten Rückrunde erheblichen Anteil am Aufstieg.“Auf sieben Tore und acht Vorlagen kam Wamangituka in der vergangenen Spielzeit, auch wenn der 20-jährige Acht-Millionen-Mann sich mit seinen Tempo-Dribblings häufig verzettelte. „Er hat eine sehr gute Entwicklung genommen und taktisch einen großen Schritt gemacht. Auch und gerade was sein Defensivverhalten angeht“, sagt Mislintat. Zudem soll Wamangituka vor allem als Außenbahnspieler glänzen. Wenn er trifft, umso besser, beziehungsweise umso wichtiger. Denn war die eigentliche González-Vertretung, Sasa Kalajdzic, in Rostock nicht immer ein Glanzlicht, wie Trainer Pellegrino Matarazzo befand; „Kalajdzic ist schwer reingekommen, dann wurde es besser. Für den ersten Auftritt war das absolut in Ordnung.“
Doch folgt der wichtigere Härtetest am Samstag (15.30/Sky) beim Bundesligastart gegen den SC Freiburg. Der erfolgreiche Pflichtspielstart dieser schweren Saison ist dem VfB aber immerhin bereits geglückt.