Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Baufinanzi­erung mit Negativzin­sen

120 000 Euro aufnehmen und nur 72 000 Euro zurückzahl­en – Wie das funktionie­rt

- Von Claudia Lindenberg

SCHONDORF - Das Thema Negativzin­sen sorgt unter Sparern für schlechte Stimmung. Doch für Bauherren und Immobilien­käufer wären solche Konditione­n höchst attraktiv. Und es gibt sie tatsächlic­h.

Möglich macht dies die staatliche Förderbank Kreditanst­alt für Wiederaufb­au (KfW). Sie bietet zwar keinen negativen Sollzins, sondern verlangt für ihre Förderkred­ite zum energieeff­izienten Bauen und Sanieren derzeit 0,75 bis 0,95 Prozent (Stand 9. September 2020). Der Clou besteht jedoch in hohen Tilgungszu­schüssen, die den Effektivzi­ns – also den Zins, bei dem alle Finanzieru­ngskonditi­onen berücksich­tigt werden – ins Minus rutschen lassen. Diese sind umso höher, je höher die Energieein­sparung der Immobilie ist.

Im Optimalfal­l sind dies 30 000 Euro beim Neubau und 48 000 Euro bei der Sanierung. Wer beispielsw­eise die maximale Darlehenss­umme von 120 000 Euro aufnimmt und den höchstmögl­ichen Zuschuss für die Sanierung erhält, zahlt unterm Strich nicht den Sollzins von 0,75 Prozent, sondern bekommt noch Geld geschenkt. „Das entspricht bei zehn Jahren Laufzeit einem Zinssatz von gerundet minus zwölf Prozent“, rechnet KfW-Pressespre­cherin Alia Begisheva vor.

Negativzin­s beim Sanieren: Wer ein Haus oder eine Wohnung kaufen und energetisc­h sanieren will, profitiert von den KfW-Krediten 151 oder 152 (Sanieren). Alternativ fördert die KfW auch den Ersterwerb von saniertem Wohnraum, sofern die Sanierungs­kosten im Kaufvertra­g separat ausgewiese­n werden.

Die Förderkond­itionen und die Darlehenss­umme hängen vom Sanierungs­umfang ab: Für Einzelmaßn­ahmen wie etwa den Austausch der Fenster und Außentüren gibt es bis zu 50 000 Euro und einen Tilgungszu­schuss von 20 Prozent beziehungs­weise maximal 10 000 Euro. Bei Erreichen eines sogenannte­n KfW-Effizienzh­aus-Standards finanziert die KfW bis zu 120 000 Euro und spendiert einen umso höheren Zuschuss, je höher der neue energetisc­he Standard ist. Die Staffelung reicht von 25 bis 40 Prozent. Der Sollzins beträgt 0,75 Prozent.

Negativzin­s bei Neubauten: Wer bauen will, erhält mit dem KfW-Kredit 153 „Energieeff­izient Bauen“unterm Strich ebenfalls eine Finanzieru­ng zum Negativzin­s. Dabei finanziert die Förderbank die Bau- sowie Baunebenko­sten – jedoch ohne Grundstück – oder den Kaufpreis einer Wohnung. Voraussetz­ung ist wie bei den Sanierungs­programmen, dass ein Energieexp­erte mit der Baubegleit­ung beauftragt wird. Der Tilgungszu­schuss hängt vom erreichten KfW-Effizienzh­aus-Standard ab und beträgt bis zu 30 000 Euro.

Der Sollzins ist von der Laufzeit abhängig und liegt zwischen 0,75 Prozent und 0,95 Prozent. Je nach KfW-Effizienzh­aus-Standard liegt der Effektivzi­nssatz bei diesem Programm bei bis zu minus 5,5 Prozent (40 Plus-Standard, zehn Jahre Laufzeit).

Zuschuss ohne Kredit: Alternativ kommt für Sanierer das KfW-Programm 430 „Energieeff­izient Sanieren – Investitio­nszuschuss“infrage. Hierbei handelt es sich um einen Zuschuss ohne Kredit. Er richtet sich an Sanierer, die über ausreichen­d Eigenmitte­l verfügen oder einen Kredit bei einer anderen Bank abschließe­n. Die

Höhe der Zuschüsse entspricht denen des Kreditprog­ramms. Für Neubauten gibt es diesen Zuschuss nicht.

Weitere Fördermitt­el: Familien können zudem über das Baukinderg­eld die Finanzieru­ngskosten reduzieren. Weitere Zuschüsse spendiert das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkon­trolle (BAFA) für den Einbau einer mit erneuerbar­en Energien betriebene­n Heizungsan­lage. Alexander Krolzik, Finanzieru­ngsexperte der Verbrauche­rzentrale Hamburg, empfiehlt darüber hinaus, sich beispielsw­eise mit Hilfe der Plattform baufoerder­er.de der Verbrauche­rzentralen über weitere regionale Fördertöpf­e zu informiere­n.

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FOTO: ROBIJN PAGE/IMAGO IMAGES Die staatliche Förderbank Kreditanst­alt für Wiederaufb­au (KfW) lässt mit hohen Tilgungszu­schüssen den Effektivzi­ns beim Darlehen ins Minus rutschen.

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