Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Kroko-Alarm im Osten

In Thüringen soll ein Reptil sein Unwesen treiben – Hähnchenfa­lle schnappt nicht zu

- Von Marie-Hélèn Frech

ROSSLEBEN (dpa) - Ein totes Hühnchen an einer Schnur sollte es vor die Kamera locken. Dutzende Feuerwehrl­eute und Polizisten durchkämmt­en Flussgebie­te nach ihm. Ein Hubschraub­er wurde bei der Suche nach ihm eingesetzt. Sogar Kot vom Flussufer wurde analysiert. Doch der ganze Aufwand war vergeblich: Das Krokodil, das Zeugenhinw­eisen zufolge in der Unstrut schwimmen soll, blieb bislang abgetaucht. Ob das Reptil aber vielleicht dennoch am Ufer des in Thüringen und SachsenAnh­alt fließenden Gewässers Sonne tankt und dort nach Fischen schnappt, soll nun ein ausgewiese­ner Experte klären.

Denn es mangelt an Nachweisen: Auch nach einem toten Lock-Huhn hatte das angebliche Krokodil nicht geschnappt. Das hatten die Behörden des Kyffhäuser­kreises in Thüringen zuletzt mehrere Tage lang am Unstrutufe­r morgens auf- und abends abgehängt, um das Reptil so vor eine Wildkamera zu locken. Aber die Fotofalle lieferte keine Ergebnisse und der Versuch wurde schließlic­h aufgegeben. „Es war kein Verbiss am Hähnchen festzustel­len“, sagt der Landratsam­t-Pressespre­cher Heinz-Ulrich Thiele. Zuletzt hatte ein Zeuge berichtet, er habe das Krokodil

am Dienstag vor einer Woche gesehen, so Thiele. Davor wollte eine Reiterin das Tier am vorvergang­enen Wochenende am Ufer bei Schönwerda – einem Ortsteil der Stadt Roßleben-Wiehe – entdeckt haben. Da musste das mutmaßlich­e Krokodil aber schon einige Flusskilom­eter hinter sich gebracht haben. Denn Angler hatten bereits Ende August angegeben, das Reptil im südlichen Sachsen-Anhalt gesehen zu haben.

Bei großen Suchaktion­en dort und in Thüringens Norden wurden die Behörden aber nicht fündig. Auch Spuren im Schlamm und eine Analyse eines Kothaufens vom Unstrutufe­r lieferten keine Erkenntnis­se darüber, ob der Kroko-Alarm an der Unstrut vielleicht nur ein Fehlalarm ist.

„Wenn man in Verantwort­ung steht, muss man die Hinweise ernstnehme­n, es geht ja um die Gesundheit der Bewohner“, sagt Thiele. Im Zweifelsfa­ll neige man dazu, mehr für die Sicherheit zu tun. Auch deshalb ist die Flussgegen­d auf dem grünen und ländlich geprägten Kyffhäuser­gebiet abgesperrt worden. Baden, Angeln und Betreten sind verboten – dabei führt dort auch ein idyllische­r Radweg entlang.

Hoffnung setzt das Landratsam­t nun auf den angefragte­n Experten. Es handle sich um einen bundesweit anerkannte­n Fachmann, so Thiele. Man hoffe, dass dieser sich schnellstm­öglich vor Ort ein Bild der Lage machen und darüber urteilen könne, ob nun ein Krokodil unterwegs ist, oder nicht. Reptilienf­achleute der Zoos in Leipzig und Erfurt hatten den Experten empfohlen, so Thiele.

Dass ein Krokodil im Moment zumindest in der Theorie in der Unstrut überleben könnte, hatte derweil schon Oliver Wings erklärt, ein Forscher der Martin-Luther-Universitä­t Halle-Wittenberg. Als wechselwar­mes Tier könne sich das Reptil Temperatur­en von mehr als 20 Grad ebenso wie denen im einstellig­en Bereich anpassen.

Unabhängig davon, ob es überhaupt existiert, hat es das Krokodil zumindest schon in die Riege der Sommertier­e geschafft. Damit ist es etwa in bester Gesellscha­ft mit dem Wildschwei­n, das im August an einem Berliner See von einem nackten Mann verfolgt worden war, weil die Bache angeblich seine Tüte mit einem Laptop gemopst hatte. Zuletzt machte auch eine mit dem Rüssel malende Elefantend­ame im Osnabrücke­r Zoo Schlagzeil­en. Allerdings gibt es einen entscheide­nden Unterschie­d zum Fall des UnstrutKro­kodils: Von der Elefanten-Kunst und dem Laptop-Wildschwei­n gibt es Fotos.

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FOTO: BORIS ROESSLER/DPA Das Foto zeigt Kaiman „Sammy“, der Mitte der 90er-Jahre Schlagzeil­en machte, weil er seinem Besitzer in einen Baggersee bei Dormagen entwischt war. Nun soll ein Krokodil in de rdurch Thüringen und Sachsen-Anhalt fließenden Unstrut schwimmen.

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