Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Friedrichshafen rechnet nur noch mit Corona-Loch von vier Millionen Euro
Frühere Schätzungen lagen bei mehr als 20 Millionen Euro – Bund und Land stützen kommunalen Haushalt
FRIEDRICHSHAFEN - Allem Anschein nach kommt der Haushalt der Stadt Friedrichshafen mit einem blauen Auge durchs Corona-Jahr 2020. Kämmerer Stefan Schrode rechnet nur noch mit einem Minus von rund vier Millionen Euro, 17 Millionen Euro weniger als vor der Sommerpause. Hauptgrund hierfür: Corona-Hilfen des Staates in Höhe von gut zwölf Millionen Euro. Am angekündigten Sparkurs werde man aber festhalten müssen, so die Verwaltung.
Weil ihre Höhe zunächst nicht bekannt war, sind die Corona-Hilfen von Bund und Land für die Kommunen nicht in der Haushaltsplanung 2020 hinterlegt. Insgesamt kann sich die Stadt über 13 Millionen Euro freuen. So gleichen Berlin und Stuttgart Gewerbesteuerausfälle mit insgesamt zehn Millionen Euro aus. Zudem werden einige staatliche Zuweisungen weiter auf Vor-Corona-Höhe bezahlt, was zwei Millionen Euro ausmacht. Hinzu kommt eine Million vom Land für Gebührenausfälle bei der Zeppelin-Stiftung. Die gesamten Pandemiekosten für die Kommune veranschlagt die Kämmerei auf 36,8 Millionen Euro. Davon schlagen mit gut 29 Millionen Euro die Gewerbesteuerausfälle zu Buche.
Unterm Strich bleibt ein Minus von vier Millionen Euro im städtischen Haushalt. Neue Kredite werden man aller Voraussicht nach nicht aufnehmen müssen, sagte Marc Schuster, Abteilungsleiter in der Kämmerei, bei der Vorstellung der Zwischenbilanz im Finanz- und Verwaltungsausschuss
des Gemeinderats am Montagabend.
Trotz der verbesserten Aussicht sind Schrode und Schuster von Euphorie weit entfernt. So geht ihre Prognose davon aus, dass die Region von einer zweiten Coronawelle verschont bleibt.
Auch sind mögliche weitere Zuschüsse für Unternehmen, die ganz oder teilweise im Besitz der Stadt sind, nicht einkalkuliert. Vor allem Messe und Flughafen leiden bekanntlich schwer unter den Folgen der Pandemie. Hinzu kommt der Einbruch bei der Gewerbesteuer: War hier vor Beginn der Pandemie zeitweise von einem Jahreswert von über 50 Millionen Euro die Rede, rechnet die Kämmerei nun nur noch mit 20 Millionen Euro. Auch im nächsten Jahr dürfte dieser Baum nicht in den Himmel wachsen. Mit Corona-Hilfen des Staates ist dann allerdings nicht zu rechnen. Zudem wird das Krisenjahr 2020 die Rücklagen der Kommune erheblich verkleinern. Man sollte deshalb „unverändert am Spar- und Konsolidierungskurs festhalten“, sagte Schuster. Dies gelte für Stadt und Stiftung, bei der die zu erwartenden massiven Rückgänge bei der Dividendenzahlung der beiden Stiftungsunternehmen ZF und Zeppelin ab 2021 besonders zu Buche schlagen.
Im Dezember will Oberbürgermeister Andreas Brand den Entwurf für den Doppelhaushalt 2021/2022 einbringen. Die Debatte bis zu seiner Verabschiedung im neuen Jahr dürfte eine grundsätzliche Auseinandersetzung über die Frage werden, wo und nach welchen Regeln die Stadt in Zukunft Geld ausgibt – und wo nicht.