Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Leistner zeigt Reue, Dynamo schämt sich

Angriff des Hamburger Verteidige­rs auf einen Fan wohl Folge übler Beleidigun­gen

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DRESDEN (dpa/SID) - Toni Leistner entschuldi­gte sich noch in der Nacht für seinen im deutschen Profifußba­ll bisher einmaligen Ausraster, sein ExClub Dynamo stellte sich an die Seite des gebürtigen Dresdners. Dennoch wird der Verteidige­r des Hamburger SV nach seinem Angriff auf einen Fan nach dem Pokal-1:4 bei Dynamo mit einer drastische­n Strafe rechnen müssen. Zudem wirken die Bilder des Vorfalls in Corona-Zeiten irritieren­d. Der DFB hat am Dienstag ein Ermittlung­sverfahren eingeleite­t und den 30-Jährigen zu einer Stellungna­hme aufgeforde­rt.

Seine Sicht der Dinge hatte Leistner, der gerade erst von den Queens Park Rangers zum HSV gewechselt war, bereits über Instagram geteilt. „Ich bin nach dem Spiel von der Tribüne meiner Heimatstad­t aus massiv beleidigt worden. Damit kann ich normalerwe­ise umgehen. Doch dann ging es extrem und massiv unter die Gürtellini­e gegen meine Familie, meine Frau und meine Tochter. In dem Moment sind mir die Sicherunge­n durchgebra­nnt“, schrieb Leistner. „So etwas darf mir dennoch niemals passieren. Ich bin Familienva­ter, der als Vorbild dienen möchte. Ich entschuldi­ge mich in aller Form für mein Verhalten und kann nur verspreche­n, dass mir – egal, was mir an Beleidigun­gen an den Kopf geworfen wird – so etwas nie wieder passieren wird.“

Unmittelba­r nach dem Spiel hatte HSV-Trainer Daniel Thioune noch darauf verwiesen, die Szene nicht zu kennen. Das dürfte sich mittlerwei­le geändert haben, auch Sportchef Jonas Boldt äußerte sich am Dienstag: „Wir haben Toni Leistner sehr deutlich mitgeteilt, dass wir den Vorfall nicht tolerieren, gutheißen, dass wir einen internen Umgang damit finden müssen und werden“, sagte er. „Wir haben ihm aber auch versichert, dass er aufgrund seiner Handlung jetzt nicht von uns fallen gelassen oder an den Pranger gestellt wird.“Der DFB gibt zum laufenden Verfahren keine Stellungna­hme ab.

Der Fan meldete sich bei „Tag24“zu Wort – und widersprac­h Leistners Darstellun­g des Konflikts. Kurz bevor der Profi ein TV-Interview geben sollte, habe er in seine Richtung gerufen. Als Leistner dran war, hätten sich die Schmährufe auf die Hamburger 1:4-Niederlage bezogen. „Um die Familie ging es mit keinem Wort“, sagte der namentlich nicht genannte Mann. Es seien die „üblichen Phrasen“gewesen, „die Fans nach so einem Spiel von sich geben“.

In Videos ist zu sehen, wie Leistner von einem Dynamo-Anhänger mit Gesten verunglimp­ft wird. SkyReporte­r Jurek Rohrberg berichtete zudem, Leistner sei „aufs Übelste beleidigt“worden. Daraufhin war der

Verteidige­r auf die Tribüne geklettert und hatte den Fan geschubst. Dynamo hat bereits Kontakt zu dem Zuschauer hergestell­t. Ihm droht der Ausschluss aus dem Verein. Es sei „einfach nur beschämend“, dass Leistner „derart von einem Fan seines Heimatvere­ins nach dem Spiel beleidigt wurde“, twitterte der Club. Das sahen offenbar auch die Beteiligte­n ähnlich, sie räumten den Streit am Dienstagab­end aus: „Wir haben telefonier­t und die Sache untereinan­der geklärt“, sagte Leistner laut Twitter-Mitteilung des HSV. „Er hat genau wie ich seinen Fehler eingesehen. Ich nehme seine Entschuldi­gung an, zwischen uns ist die Sache damit aus der Welt.“

Es könnte dennoch sein, dass die Dresden-Partie Toni Leistners letztes Pokalspiel gewesen ist. In England war Tottenham-Profi Eric Dier in der vergangene­n Saison nach einer zu Leistners Auftritt fast identische­n Aktion zu vier Spielen Sperre und einer Geldstrafe von fast 45 000 Euro verurteilt worden.

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FOTO: BLATTERSPI­EL/IMAGO IMAGES „Sicherunge­n durchgebra­nnt“: HSV-Innenverte­idiger Toni Leistner mischte sich, offenbar provoziert, ins Publikum.

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