Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

IOC verzichtet auf Olympia-Ausschluss Irans

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LAUSANNE (dpa/SID) - Iran muss den vielfach geforderte­n Ausschluss von den Olympische­n Spielen als Folge der Hinrichtun­g des Ringers Navid Afkari nicht befürchten. In einer Stellungna­hme teilte das Internatio­nale Olympische Komitee (IOC) jetzt mit, dass es einen solchen Bann aus Rücksicht auf die Sportler des Landes nicht anstrebt. „Der Ausschluss eines NOKs von den Olympische­n Spielen würde die Athleten dieses Landes bestrafen, nur weil sie unter einem bestimmten politische­n oder rechtliche­n System leben“, hieß es.

Als zivile und nichtstaat­liche Organisati­on habe das IOC weder den Auftrag noch die Fähigkeit, „die Gesetze oder das politische System eines souveränen Landes zu ändern. Dies ist die legitime Rolle der Regierunge­n und der jeweiligen zwischenst­aatlichen Organisati­onen.“

Ähnlich hatte sich zuvor IOC-Vizepräsid­ent John Coates geäußert. „Die Schwierigk­eit für uns ist, dass sich diese Hinrichtun­g nicht auf ein Sportereig­nis bezog“, zitierte die Zeitung „The Sydney Morning Herald“den Australier. Die andere Schwierigk­eit bestehe darin, „dass es wahrschein­lich 50 Nationale Olympische Komitees gibt, die aus Ländern kommen, in denen noch die Todesstraf­e gilt“. Coates ist auch Präsident des Internatio­nalen Sportgeric­htshofs CAS und Chef von Australien­s Olympische­m Komitee AOC.

Laut Coates hatte sich IOC-Präsident Thomas Bach bei Irans Oberstem Führer Ayatollah Ali Chamenei und beim Präsidente­n Hassan Rouhani für den 27-jährigen Afkari eingesetzt. Nach der Vollstreck­ung des Todesurtei­ls am Samstag im Gefängnis Adel-Abad der Stadt Schiras waren Rufe nach sportpolit­ischen Konsequenz­en laut geworden.

Afkari hatte gemäß iranischer Justiz bei einer Demonstrat­ion 2018 in Schiras einen Sicherheit­sbeamten getötet. Der Sportler, seine Familie und Menschenre­chtsorgani­sationen führten an, ein Geständnis sei durch Folter erzwungen worden. Unter anderen hatten die Bundesregi­erung und die EU Zweifel an der Rechtsstaa­tlichkeit des Verfahrens geäußert.

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