Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Den guten Ruf der Polizei retten
Nicht nur in Pandemie-Zeiten ist Vertrauen ein hohes Gut. Demokratien leben grundsätzlich davon, dass ihre Institutionen von den Menschen geachtet und geschätzt werden, die in ihrem Staatsgebiet leben. In Umfragen steht die Polizei immer ganz oben, wenn danach gefragt wird, wem ein besonderer Vertrauensvorschuss gebührt. Doch viele Polizisten sind überarbeitet und unterbezahlt. Dennoch gilt im Gegensatz zu zahlreichen Staaten dieser Erde, dass sie ihren risikoreichen Dienst mit großem Einsatz unparteiisch und verantwortungsvoll verrichten. Anders formuliert: Auf den Freund und Helfer ist Verlass, gleich in welcher Situation.
Der jüngste Polizeiskandal in Nordrhein-Westfalen zeigt allerdings, dass die Innenpolitiker dringenden Handlungsbedarf haben, damit die Anerkennung nicht bröckelt. Was in NRW geschehen ist, bezeichnete der dortige Innenminister Herbert Reul (CDU) als eine „Schande“für die Polizei, von „Einzelfällen“wollte er nicht mehr sprechen. Hakenkreuze sowie Bilder von Hitler und Gaskammern wurden im Chat geteilt. Vor allem die Unions-Innenminister sollten jetzt ihrem Parteifreund genau zuhören. Reul will von einem Sonderbeauftragten für rechtsextreme Tendenzen in der NRW-Polizei zuerst ein Lagebild, dann Handlungsanweisungen.
Ja, die Polizei ist ein Spiegelbild der Gesellschaft und nein, Rechtsextremisten haben dennoch bei ihr keinen Platz. Das gilt für alle Sicherheitsbehörden. Wie das Kind am Ende beim Namen genannt wird, ist gleichgültig. Es braucht aber dringend und schnell einen umfassenden Lagebericht für ganz Deutschland, was den Rechtsextremismus oder auch Rassismus bei der Polizei betrifft. Was nicht sein darf, kann auch nicht sein – das ist die falsche Losung für die Zukunft und schädigt alle aufrechten Beamtinnen und Beamten.
Die Verve, mit der Innenminister Horst Seehofer und Baden-Württembergs Regierungschef Winfried Kretschmann die Studie über rassistische Vorurteile bei der Polizei ablehnen, ist fehl am Platz. Es gilt, den guten Ruf der Polizei zu retten.