Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Sexualdelikte lebenslang vermerken
Bundesrat entscheidet über härtere Strafen – Vorstoß nach Missbrauchsskandal in Staufen
STUTTGART - Nach mehreren gravierenden Missbrauchsfällen an Kindern wollen Bund und Länder nun Konsequenzen ziehen. Der Bundesrat entscheidet an diesem Freitag über Gesetzesinitiativen zum Thema sexuelle Gewalt, die unter anderem Baden-Württemberg eingebracht hatte. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) plant höhere Strafen für Missbrauch und den Besitz von Kinderpornografie. Ihr Stuttgarter Ressortkollege Guido Wolf (CDU) hält den Vorstoß jedoch in einigen Punkten für nicht ausreichend. „Die Vorschläge gehen in die richtige Richtung, reichen aber teilweise nicht weit genug“, sagte Wolf der „Schwäbischen Zeitung“.
Johnannes-Wilhelm Rörig, der Antimissbrauchsbeauftragte des Bundes, begrüßte das Vorgehen: „Wir brauchen im Kampf gegen sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen jede Stimme, jede Unterstützung und politische Verantwortungsübernahme auf allen Ebenen.“Die Anträge aus Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen griffen sehr sinnvolle Punkte auf.
Die Vorstöße aus dem Südwesten entstanden in der Kinderschutzkommission. Dieses Expertengremium hatte die Landesregierung 2018 nach dem Missbrauchsskandal von Staufen eingesetzt. Dort war ein Junge jahrelang von Stiefvater, Mutter und anderen schwer sexuell missbraucht worden. Nach Bekanntwerden des Falles traten zahlreiche Behördenpannen zu Tage. „Die Ergebnisse der Kommission Kinderschutz zeigen, dass alle beteiligten Behörden, Stellen und Institutionen noch intensiver zusammenarbeiten müssen, um Kinder wirksam vor sexuellem Missbrauch
zu schützen“, sagte Sozialminister Manfred Lucha (Grüne).
Unter anderem will Baden-Württemberg, dass einschlägige Vorstrafen lebenslang im erweiterten Führungszeugnis vermerkt sind. Dieses muss vorlegen, wer haupt- oder ehrenamtlich mit Kindern arbeitet. Der Bund will lediglich die Fristen verlängern, nach denen solche Eintragungen gelöscht werden. „Aus meiner Sicht reicht das nicht aus. Der Schutz unserer Kinder und Jugendlichen vor Sexualstraftätern muss in solchen Konstellationen Vorrang haben“, kritisiert Wolf.