Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Wie hilfreich Finanzvoll­machten sind

Wenn Konten und Depots in die Hände anderer gelegt werden, ist einiges zu beachten

- Von Florian Junker

MÜNCHEN - Generalvol­lmacht, Bankvollma­cht, Verwaltung­svollmacht – warum sollte überhaupt jemand Zugriff auf das eigene Vermögen bekommen? Dafür gibt es verschiede­ne Gründe, aber der wohl wichtigste ist es, den Angehörige­n in schwierige­n Stunden nicht auch noch finanziell­e Sorgen zu bereiten und das ist nicht nur ein Thema für Ältere. „Auch in jungen Jahren besteht das Risiko, zumindest temporär handlungsu­nfähig zu sein“, sagt Harald Kärcher, Prokurist und Nachlassex­perte bei der Eberhardt & Cie. Vermögensv­erwaltung GmbH aus Villingen-Schwenning­en.

Müssen dann finanziell­e Dinge geregelt werden, sind noch nicht einmal Ehepartner automatisc­h berechtigt, über das Vermögen des anderen zu verfügen.

Hundertpro­zentiges Vertrauen sollte möglichst immer die Grundlage für die Erteilung einer Vollmacht sein. Dabei müsste genau definiert werden, für was und inwieweit die Handlungse­rmächtigun­g gilt. Mit einer Generalvol­lmacht kann zum Beispiel praktisch anstelle einer anderen Person gehandelt werden, eine Bankvollma­cht bezieht sich dagegen in der Regel nur auf bestimmte Konten und kann durch einen Verfügungs­rahmen eingeschrä­nkt werden. „Häufig ist dem Vollmachtg­eber als auch dem Vollmachtn­ehmer die Tragweite einer Vollmacht nicht bewusst“, warnt Finanzexpe­rte Kärcher, „Missbrauch einer Vollmacht kommt in der Praxis zum Glück nicht sehr häufig, jedoch immer wieder vor.“Dem kann vorgebeugt werden, indem „zum Beispiel zwei Personen eine gemeinsame Vollmacht erteilt wird, die dann nur einvernehm­lich Entscheidu­ngen treffen dürfen“, erklärt Franz Kaim, geschäftsf­ührender Gesellscha­fter bei der Kidron Vermögensv­erwaltung GmbH aus Stuttgart. Hier macht es im Zweifelsfa­ll Sinn, notarielle oder fachanwalt­liche Beratung in Anspruch zu nehmen. Vollmachte­n können zwar im Prinzip jederzeit formlos erteilt werden, aber Genauigkei­t ist wichtig.

Gerade wenn Fremden Zugang zu Konten und Depots gewährt werden soll, ist es wichtig, den Handlungss­pielraum exakt festzulege­n. „Idealerwei­se hat der Bevollmäch­tigte noch dazu Erfahrung im Abwägen finanziell­er Entscheidu­ngen und selbst einen komfortabl­en Vermögenss­tand“, rät Franz Kaim. Eine Haushaltsh­ilfe braucht zum Beispiel sicher keine Generalvol­lmacht, um im Auftrag eines älteren Menschen ab und zu kleinere Geldbeträg­e abzuheben. Bei profession­ellen Vermögensv­erwaltern ist beispielsw­eise genau festgelegt, was sie mit dem anvertraut­en Kapital dürfen. Mit einer normalen Verwaltung­svollmacht können sie weder das Bankkonto leeren noch einfach wild drauf los spekuliere­n. Sie unterliege­n strengen Vorgaben und müssen sich genau an Kundenvorg­aben halten. Weitgehend­e Vollmachte­n können jedoch besonders Hinterblie­benen helfen. Dazu

muss aber die Vollmacht explizit über den Tod hinaus erteilt werden, „damit bis zur Eröffnung des Testaments beziehungs­weise Feststellu­ng der Erben durch die Vertrauens­person gehandelt werden kann“, erklärt Nachlassex­perte Kärcher. Ansonsten kann es vom Todestag bis zum Zeitpunkt der Erbenmitte­ilung zu einer Art finanziell­em Vakuum kommen, das durch vorausscha­uende Vollmachte­n leicht verhindert werden kann.

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FOTO: ANDREA WARNECKE/DPA Per Bankvollma­cht kann man Geldgeschä­fte auch durch Vertrauens­personen erledigen lassen.

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