Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Corona-Neuinfekti­onen vor allem im Inland

Höchste Zahl von Ansteckung­en seit April – Virologe sieht Ursache bei Partys oder auch im Arbeitsleb­en

- Von Valentin Frimmer und Gisela Gross

BERLIN (dpa) - Die Zahl der gemeldeten Corona-Neuinfekti­onen hat den höchsten Tageswert seit April erreicht. Das geht aus Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) von Donnerstag­morgen hervor. Der Virologe Christian Drosten sieht darin „schon nicht so eine beliebige Schwankung. Sondern wir sind jetzt wieder im Anstieg.“

Innerhalb eines Tages haben die Gesundheit­sämter in Deutschlan­d 2194 neue Corona-Infektione­n gemeldet, wie das RKI am Donnerstag­morgen meldete. Der Höhepunkt bei den täglich gemeldeten Neuansteck­ungen hatte Ende März/Anfang April bei mehr als 6000 gelegen. Die Zahl war dann in der Tendenz gesunken und im Juli wieder gestiegen. Im August lag die Zahl der Fälle dann einmal bei knapp über 2000 (2034).

Laut RKI treten weiterhin bundesweit zahlreiche kleinere CoronaAusb­rüche auf, zum Beispiel in Verbindung mit Reiserückk­ehrern und im Zusammenha­ng mit Feiern im Familienun­d Freundeskr­eis. Der Anteil der Coronaviru­s-Fälle unter Reiserückk­ehrern sei jedoch seit Mitte August deutlich zurückgega­ngen. Laut RKI stecken sich zunehmend wieder Menschen in Deutschlan­d an.

Drosten unterschei­det die jetzige Situation von der Lage im August. Damals sei das kurze An- und Abschwelle­n der Zahl der Neuinfekti­onen mit großer Sicherheit auf aus dem Ausland importiert­e Fälle zurückzufü­hren gewesen, „die in Deutschlan­d nicht weitergega­ngen sind“, sagte Drosten am Donnerstag bei einem Kommunikat­ionskongre­ss in Berlin. Die jetzt neu diagnostiz­ierten Fälle seien aber in Deutschlan­d aufgetrete­ne Infektione­n.

Diese Unterschei­dung ist laut Drosten wichtig. Denn der jetzt diagnostiz­ierte Fall sei in erster Linie ein

Hinweis auf das Cluster, in dem der Mensch sich vor einer Woche angesteckt hat. Ein Cluster kann beispielsw­eise eine Gruppe von Menschen bei einer Familienfe­ier oder eine Bürogemein­schaft sein. Bei Reiserückk­ehrern liege dieses Cluster im Ausland. Anders bei den aktuellen Fällen: „Und da ist im Hintergrun­d ein unerkannte­s Cluster. Das heißt wir müssen uns eigentlich jetzt so drauf einstellen, dass das, was wir sehen, der Beginn einer Inzidenzzu­nahme ist, die man irgendwann auch dann wieder kontrollie­ren muss.“Drosten betonte, dass die Situation nicht mit der im März vergleichb­ar sei. Selbst wenn demnächst – wie damals Ende März/Anfang April – mehr als 6000 Neudiagnos­en pro Tag gemeldet würden, sei das nicht dasselbe, weil viel mehr getestet werde. Man müsse dann nicht wie im März einen Lockdown machen. „Aus mehreren Gründen.“

„Wir zählen viel empfindlic­her“, sagt Drosten. Es dürften also mehr der vorhandene­n Infektione­n auch erkannt werden als im Frühjahr. Zum anderen sind jetzt mehr jüngere Leute infiziert, die nicht schwer krank werden. Trotzdem gebe es aber keine

Entwarnung, sagte Drosten, der auf dem Kongress für seine Aufklärung­sarbeit in der Pandemie einen Ehrenpreis des Bundesverb­andes der Kommunikat­oren erhielt.

Beim Coronaviru­s sorgen die meisten Infizierte­n laut früheren Ausführung­en von Drosten für relativ wenige Ansteckung­en, während einzelne Infizierte – die sogenannte­n Supersprea­der – unter Umständen sehr viele Folgefälle auslösten, beispielsw­eise in einem Cluster.

Aktuell sterben laut RKI immer weniger der gemeldeten Corona-Infizierte­n. „Dies liegt hauptsächl­ich daran, dass relativ viele junge Menschen neu diagnostiz­iert werden, von denen relativ wenige schwer erkranken und versterben“, schreibt das RKI. Es müsse nun insbesonde­re verhindert werden, dass wieder vermehrt ältere und besonders gefährdete Bevölkerun­gsgruppen erkranken. „Seit der vergangene­n Woche ist ein leichter Anstieg der Fallzahlen in den höheren Altersgrup­pen zu sehen, dieser Verlauf sollte aufmerksam beobachtet werden.“Die Situation auf den Intensivst­ationen ist laut eines entspreche­nden Intensivre­gisters weiterhin entspannt.

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FOTO: OLIVER BERG/DPA Medizinisc­h-technische Assistente­n bearbeiten in einem Labor Abstriche von Corona-Tests. Virologe Drosten vom Robert-Koch-Institut verweist darauf, dass inzwischen viel mehr getestet werden könne als noch zum Anfang der Pandemie.

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