Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Vesperkirche trotzt Corona
Essen und Gespräche werden in Leutkirch, Wilhelmsdorf und Ravensburg geboten
WILHELMSDORF - Die Vesperkirche lebt auch in Corona-Zeiten. Unter dem Motto „Zwei Termine – drei Standorte“sollen auch im kommenden Jahr kostenloses Essen zum Mitnehmen, lockere Gespräche zwischen Besuchern und Helfern und nicht zuletzt ärztliche Begleitung geboten werden. Auftakt ist mit einem Gottesdienst am 17. Januar in Leutkirch. Ab 31. Januar ist dann die Vesperkirche mit ihren Angeboten in Wilhelmsdorf und der Ravensburger Weststadt vor Ort.
Seit 2008 wird der Grundgedanke der Vesperkirche in Ravensburg und Weingarten verbreitet und fand in all diesen Jahren breiten Zuspruch. Anliegen der Vesperkirche ist es, Besucher mit einem einfachen, aber guten Essen zu stärken. Noch wichtiger ist es den Initiatoren, die Begegnung der Menschen untereinander zu fördern. Die Vesperkirche versteht sich als Ort, um Kraft zu tanken, aber auch innezuhalten. Kooperationspartner sind die Johannes-Ziegler-Stiftung (die Stiftung des Sozialunternehmens Die Zieglerschen in Wilhelmsdorf) sowie die Diakonie Oberschwaben Allgäu.
Die Organisation der Vesperkirche wird sich im kommenden Jahr grundlegend von den Angeboten der Vergangenheit unterscheiden. Wie derzeit die aktuellen Planungen sind und wie groß sich die Unsicherheiten vor dem Hintergrund der Einschränkungen durch die CoronaPandemie darstellen, wird im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“deutlich. Den Stand der Dinge erläuterten Stefan Wieland, neuer Leiter des Funktionsbereichs Kommunikation bei Die Zieglerschen, sowie Vesperkirchen-Projektleiterin Vanessa Lang.
„Wir haben zwei Pläne in der Schublade, je nachdem, was Corona mit uns macht“, erklärt Vanessa Lang. Das Konzept vor dem Hintergrund der Vorschriften, das vor den aktuell geltenden Verschärfungen entwickelt wurde, wird als „Vesperkirche unterwegs“beschrieben. Die Veranstalter gehen weg von den bisherigen Zentralorten in Ravensburg und Weingarten. „Wir versuchen jetzt in den Landkreis zu gehen. Dabei berücksichtigen wir die Standorte, an denen Die Zieglerschen vertreten sind. Schließlich liefert unser Dienstleister Neuland das angebotene Essen für die Besucher.“
Nachdem Weingarten ausfiel, konzentriert sich die Vesperkirche im kommenden Jahr auf Leutkirch, Wilhelmsdorf und die Ravensburger Weststadt. Das Gesundheitsamt bestätigte und billigte das vorgelegte Hygienekonzept, das aber auf dem Stand der gesetzlichen Vorgaben von Oktober basiert. Die Veranstalter hoffen nun, dass die seit Anfang November geltenden verschärften Maßnahmen bis Mitte Januar 2021 wieder gelockert werden. Dann soll die Vesperkirche vom 17. bis 31. Januar
in der Dreifaltigkeitskirche in Leutkirch angeboten werden. Anschließend ist die Aktion vom 31. Januar bis 13. Februar parallel im Gemeindehaus Wilhelmsdorf und in den Räumen der Johanneskirchengemeinde in der Ravensburger Weststadt geplant.
Das Konzept zur Durchführung der Vesperkirche bei erhofftem Verlauf erläutern Stefan Wieland und Vanessa Lang am Beispiel Gemeindehaus der Brüdergemeinde in Wilhelmsdorf. Hier könnten 35 bis 40 Besucher bei Einhaltung aller Hygieneund Abstandsvorschriften gleichzeitig essen. Alles unter der Überschrift „Begrenzte Plätze, aber weiterhin offen für alle“. Geplant sind drei Essensschichten. Dazwischen werden die Räume gelüftet und desinfiziert. Für die Besucher, die zwischenzeitlich warten müssen, bevor die Essensplätze freigegeben werden, soll es einen Wohlfühlraum geben. Zwar entfällt ein bisher gewohntes Kulturprogramm und auch eine Kinderbetreuung kann nicht angeboten werden. Aber am Konzept, dass die Besucher Gespräche mit Ärzten führen können, um eventuell bei Krankheiten eine Zweitmeinung einzuholen, soll festgehalten werden. „Die Ärzte aus dem Raum Ravensburg, die uns zugesagt haben, nehmen sich Zeit für die Gespräche“, versichert Vanessa Lang.
„Wir hoffen nicht, dass wir auf Plan B zurückgreifen müssen“, blicken die Gesprächspartner sorgenvoll in die Zukunft. Sollten die derzeit gültigen verschärften CoronaMaßnahmen auch noch im geplanten Zeitraum der Vesperkirche greifen, fallen die Treffen in den Gemeindehäusern weg. In einem solchen Fall wird überlegt, die Essensausgabe ins Freie zu verlagern. „Es gibt dann das Essensangebot nur zum Mitnehmen.“An Stehtischen unter freiem Himmel könnten mit Maske und Abstand Gespräche in Gang kommen, so die Hoffnung. „Unser Angebot richtet sich ja vor allem auch an Menschen, die einsam sind und wenig Kontakte haben.“
Unabhängig davon, wie die Organisation laufen wird, sind freiwillige Helfer immer gerne gesehen und auch notwendig. Wer sich für diese Aufgabe einen oder auch mehrere Tage Zeit nehmen möchte, der kann unter der Mail-Adresse info@ vesperkirche-unterwegs.de ein Anmeldeformular ausfüllen. Waren bisher etwa 70 Ehrenamtliche täglich im Einsatz, sind laut derzeitiger Planung jeden Tag zehn bis 15 Helfer notwendig.
Neben diesem persönlichen Engagement sind für die Abdeckung der Kosten in Höhe von geschätzt rund 75 000 Euro Spenden für diese segensreiche Arbeit an den ärmeren Mitmenschen immer erbeten. Mit den beteiligten Kirchengemeinden werden derzeit Gespräche geführt, ob diese Kosten für Wasser, Strom und Heizung übernehmen könnten.