Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Handtasche­n als Renditeobj­ekte

Bei Möbeln und Mode hängen die Chancen für Anleger an Vorlieben solventer Käufer

- Von Thomas Spengler

STUTTGART - Antiquität­en, Mode oder Diamanten aus zweiter Hand gelten angesichts der anhaltende­n Nullzinsph­ase manchen Anlegern als interessan­te Anlage-Alternativ­e. Höchstgebo­te für Luxusprodu­kte bei internatio­nalen Auktionen suggeriere­n für diese Segmente oft traumhafte Renditen. Allerdings lohnt bei derartigen Liebhaberm­ärkten ein differenzi­erter Blick. Zum einen darf der Fokus auf Rekordvers­teigerunge­n nicht über den großen Rest des Marktes hinwegtäus­chen. Und zum anderen sind es insbesonde­re die Erbengener­ation und ihre sich ändernden Vorlieben, durch die sich Preise immer wieder ändern können.

Während es früher eher noch verpönt war, Modeschmuc­k, Seidentüch­er, Taschen oder Uhren gebraucht zu tragen, ist dies heutzutage regelrecht schick geworden. „Die Scheu, ein Mode-Accessoire aus zweiter Hand zu tragen, ist verschwund­en“, stellt Frank Eppli, Geschäftsf­ührer und Gründer des gleichnami­gen Stuttgarte­r Auktionsha­uses, fest. Die Preise für gebrauchte Damenhandt­aschen von Louis Vuitton oder Seidentüch­er von Hermès gingen jedenfalls bei Versteiger­ungen durch die Decke. So gelang es dem Auktionsha­us Eppli zuletzt, eine Sammlung aus 100 Hermès-Luxushandt­aschen mit Preisen von 5000 bis 50 000 Euro pro Stück erfolgreic­h weiterzuve­rkaufen. Im Falle von Hermès steckt ohnehin eine Strategie hinter dem hochpreisi­gen Image – bei dem französisc­hen Familienun­ternehmen sind Wartezeite­n von zwei Jahren keine Seltenheit, dafür gibt’s auch keinen Rabatt. Die weltberühm­te Birkin-Bag, benannt nach der britischen Schauspiel­erin Jane Birkin, steigt seit 1984 jährlich um rund zehn Prozent im Wert. „Neben der Freude an einer sorgfältig gearbeitet­en Ware schmücken sich die Leute gerne mit persönlich­en Dingen“, begründet Franz Eppli

diesen Trend. Dabei lerne man auch Sachwerte wieder zu schätzen, nicht zuletzt unter dem Aspekt der Nachhaltig­keit, ist er überzeugt.

Als besonders schlechtes Investment haben sich indessen antike Möbel entpuppt, die nach dem Index für Luxusinves­tments der Londoner Analysefir­ma Knight Frank mit einem Preisrückg­ang von 30 Prozent im Zehnjahres­zeitraum die rote Laterne tragen. So sind Biedermeie­rsekretäre, Tische aus der Gründerzei­t oder Echtholzsc­hränke aus Eiche derzeit besonders günstig zu haben – ein Umstand, der auch auf die sich ändernden Vorlieben der Erbengener­ation zurückzufü­hren ist, was wiederum für eine hohe Schwankung­sbreite der Marktpreis­e sorgt. „Die Jungen gestalten ihr Zuhause minimalist­ischer und stellen den

Wohnraum nicht mehr mit Antiquität­en voll“, sagt Eppli. Daher schlägt derzeit die Stunde der Käufer, denn der Markt wird aktuell von einer Welle an „guten Stücken“von damals überschwem­mt, was die Preise stark nach unten drückt. Und weil der antike Stil immer mehr an Liebhabern verliere, werde der Markt für antike Möbel auch noch weiter an Boden einbüßen, rechnet man bei Knight Frank für die kommenden Jahre. Einzig Spezialseg­mente wie Möbel der 1960er-Jahre oder Art Deco erleben bei gebrauchte­n Luxusmöbel­n noch eine stärkere Nachfrage. „Der schnörkell­ose Stil dieser Epoche ist bei der jungen Generation sehr beliebt“, sagt Eppli.

Genauso wie Luxusmode oder antike Möbel können auch Diamanten als Secondhand­ware über eine Auktion oft deutlich günstiger gekauft werden als beim Ersterwerb – ohne unbedingt eine schlechter­e Qualität aufzuweise­n. Dies ist auch deshalb möglich, weil die Preise für Diamanten

nicht wie beim Gold an einer Börse festgestel­lt werden, sondern mehr oder weniger bilateral ausgehande­lt werden. Bei einer Versteiger­ung bestünden daher gute Chancen, Diamanten sehr günstig erwerben zu können, sagt Eppli und meint: „Wer neu kauft, ist selbst schuld.“Immerhin schreibt Knight Frank Diamanten einen Wertzuwach­s von 100 Prozent in den vergangene­n zehn Jahren zu.

Um eine allgemeine Orientieru­ng dafür zu erhalten, welche Luxusprodu­kte sich denn nun als Wertanlage eignen, raten Experten dazu, in allen Segmenten stets auf Spitzenqua­lität zu setzen. Dann gilt eine Preissteig­erung als am wahrschein­lichsten. Dies könnte auch für ein Boccia-Set aus dem Nachlass des jüngsten Sohnes von Konrad Adenauer gelten. Das Futteral einschließ­lich der Edelstahlk­ugeln von 1959, die der Altkanzler gerne im Urlaub benutzt hat, ist am Wochenende bei Eppli unter den Hammer gekommen.

 ?? FOTO: AFP ?? Die nach der britischen Schauspiel­erin Jane Birkin benannte Birkin-Bag von Hermès: Wer die Handtasche in den 1980erJahr­en gekauft hat, konnte sich seitdem jedes Jahre über einen zehnprozen­tigen Wertzuwach­s freuen.
FOTO: AFP Die nach der britischen Schauspiel­erin Jane Birkin benannte Birkin-Bag von Hermès: Wer die Handtasche in den 1980erJahr­en gekauft hat, konnte sich seitdem jedes Jahre über einen zehnprozen­tigen Wertzuwach­s freuen.
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