Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Handtaschen als Renditeobjekte
Bei Möbeln und Mode hängen die Chancen für Anleger an Vorlieben solventer Käufer
STUTTGART - Antiquitäten, Mode oder Diamanten aus zweiter Hand gelten angesichts der anhaltenden Nullzinsphase manchen Anlegern als interessante Anlage-Alternative. Höchstgebote für Luxusprodukte bei internationalen Auktionen suggerieren für diese Segmente oft traumhafte Renditen. Allerdings lohnt bei derartigen Liebhabermärkten ein differenzierter Blick. Zum einen darf der Fokus auf Rekordversteigerungen nicht über den großen Rest des Marktes hinwegtäuschen. Und zum anderen sind es insbesondere die Erbengeneration und ihre sich ändernden Vorlieben, durch die sich Preise immer wieder ändern können.
Während es früher eher noch verpönt war, Modeschmuck, Seidentücher, Taschen oder Uhren gebraucht zu tragen, ist dies heutzutage regelrecht schick geworden. „Die Scheu, ein Mode-Accessoire aus zweiter Hand zu tragen, ist verschwunden“, stellt Frank Eppli, Geschäftsführer und Gründer des gleichnamigen Stuttgarter Auktionshauses, fest. Die Preise für gebrauchte Damenhandtaschen von Louis Vuitton oder Seidentücher von Hermès gingen jedenfalls bei Versteigerungen durch die Decke. So gelang es dem Auktionshaus Eppli zuletzt, eine Sammlung aus 100 Hermès-Luxushandtaschen mit Preisen von 5000 bis 50 000 Euro pro Stück erfolgreich weiterzuverkaufen. Im Falle von Hermès steckt ohnehin eine Strategie hinter dem hochpreisigen Image – bei dem französischen Familienunternehmen sind Wartezeiten von zwei Jahren keine Seltenheit, dafür gibt’s auch keinen Rabatt. Die weltberühmte Birkin-Bag, benannt nach der britischen Schauspielerin Jane Birkin, steigt seit 1984 jährlich um rund zehn Prozent im Wert. „Neben der Freude an einer sorgfältig gearbeiteten Ware schmücken sich die Leute gerne mit persönlichen Dingen“, begründet Franz Eppli
diesen Trend. Dabei lerne man auch Sachwerte wieder zu schätzen, nicht zuletzt unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit, ist er überzeugt.
Als besonders schlechtes Investment haben sich indessen antike Möbel entpuppt, die nach dem Index für Luxusinvestments der Londoner Analysefirma Knight Frank mit einem Preisrückgang von 30 Prozent im Zehnjahreszeitraum die rote Laterne tragen. So sind Biedermeiersekretäre, Tische aus der Gründerzeit oder Echtholzschränke aus Eiche derzeit besonders günstig zu haben – ein Umstand, der auch auf die sich ändernden Vorlieben der Erbengeneration zurückzuführen ist, was wiederum für eine hohe Schwankungsbreite der Marktpreise sorgt. „Die Jungen gestalten ihr Zuhause minimalistischer und stellen den
Wohnraum nicht mehr mit Antiquitäten voll“, sagt Eppli. Daher schlägt derzeit die Stunde der Käufer, denn der Markt wird aktuell von einer Welle an „guten Stücken“von damals überschwemmt, was die Preise stark nach unten drückt. Und weil der antike Stil immer mehr an Liebhabern verliere, werde der Markt für antike Möbel auch noch weiter an Boden einbüßen, rechnet man bei Knight Frank für die kommenden Jahre. Einzig Spezialsegmente wie Möbel der 1960er-Jahre oder Art Deco erleben bei gebrauchten Luxusmöbeln noch eine stärkere Nachfrage. „Der schnörkellose Stil dieser Epoche ist bei der jungen Generation sehr beliebt“, sagt Eppli.
Genauso wie Luxusmode oder antike Möbel können auch Diamanten als Secondhandware über eine Auktion oft deutlich günstiger gekauft werden als beim Ersterwerb – ohne unbedingt eine schlechtere Qualität aufzuweisen. Dies ist auch deshalb möglich, weil die Preise für Diamanten
nicht wie beim Gold an einer Börse festgestellt werden, sondern mehr oder weniger bilateral ausgehandelt werden. Bei einer Versteigerung bestünden daher gute Chancen, Diamanten sehr günstig erwerben zu können, sagt Eppli und meint: „Wer neu kauft, ist selbst schuld.“Immerhin schreibt Knight Frank Diamanten einen Wertzuwachs von 100 Prozent in den vergangenen zehn Jahren zu.
Um eine allgemeine Orientierung dafür zu erhalten, welche Luxusprodukte sich denn nun als Wertanlage eignen, raten Experten dazu, in allen Segmenten stets auf Spitzenqualität zu setzen. Dann gilt eine Preissteigerung als am wahrscheinlichsten. Dies könnte auch für ein Boccia-Set aus dem Nachlass des jüngsten Sohnes von Konrad Adenauer gelten. Das Futteral einschließlich der Edelstahlkugeln von 1959, die der Altkanzler gerne im Urlaub benutzt hat, ist am Wochenende bei Eppli unter den Hammer gekommen.