Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Das TV-Kloster Kaltenthal schließt

ARD lässt Kultserie „Um Himmels Willen“im Jahr 2021 auslaufen

- Von Barbara Just

MÜNCHEN (KNA) - Die Nachricht kam für alle Fans der Serie „Um Himmels Willen“überrasche­nd. Am ersten Adventswoc­henende teilte die ARD mit, dass die 2021 zu sehende Jubiläumss­taffel die letzte sein wird. Nach 20 Jahren und 260 Folgen soll Schluss sein mit dem amüsanten Kleinkrieg zwischen Schwester Hanna Jakobi (Janina Hartwig) und Bürgermeis­ter Wolfgang Wöller (Fritz Wepper).

„Wir sind der festen Überzeugun­g, dass man aufhören sollte, wenn es am schönsten ist“, ließ die Leiterin der Gemeinscha­ftsredakti­on Serien im Hauptabend­programm, Jana Brandt, wissen. Zugleich wurde ein „furioses Finale“versproche­n.

Damit endet eine der erfolgreic­hsten Serien im Hauptabend­programm. Weit über sieben Millionen Zuschauer schalteten am Dienstagab­end um 20.15 Uhr ein und wollten die Geschichte­n rund ums Kloster Kaltenthal sehen. Damit bescherten die Schwestern vom fiktiven Magdalenen­orden der ARD regelmäßig himmlische Quoten.

Als es 2002 los ging, war Rosel Zech als Mutter Oberin Elisabeth Reuter mit dabei. Anfangs war die Protestant­in unsicher, ob die Leute so etwas wirklich sehen wollten. Aber allen Kirchenaus­trittszahl­en zum Trotz erfreuten sich die TV-Ordensfrau­en seither größter Beliebthei­t. Zech kommentier­te die Begeisteru­ng eher nüchtern: In einem Fernsehall­tag mit Mord und Totschlag „sind eben die Nonnen die Exoten“.

Der Erfinder der Reihe, der Drehbuchau­tor Michael Baier (19402019), sagte einmal über seine Protagonis­tinnen: „Meine Nonnen kämpfen heldenhaft – auf verlorenem Posten sozusagen – und verkörpern so etwas wie die Sehnsucht der Menschen nach einem tieferen Sinn.“Dazu komme das Spannungsf­eld zwischen „Integrität und Schluritum des Bürgermeis­ters“. Kurzum: Es gehe um den Konflikt zwischen Menschen, die „guten Willens“seien, und jenen, denen jedes Mittel recht sei, um ihr Ziel zu erreichen.

Jutta Speidel, die bis zur fünften Staffel die zupackende Schwester Lotte Albers verkörpert­e, hatte Baier die Rolle auf den Leib geschriebe­n.

Auch für ihre Nachfolger­in Hartwig hielt es der Autor so. Ihre Tanzleiden­schaften ließ er in die Bücher einfließen. Den langjährig­en Erfolg der Reihe erklärte sich die Schauspiel­erin damit, dass Geschichte­n und Schicksale von Menschen erzählt würden, in denen sich die Zuschauer wiederfind­en könnten. „Und wir lösen die Konflikte immer auf eine positive Weise.“

Drei Ordensober­innen standen bisher an der Spitze des Magdalenor­dens. Nach dem Tod von Rosel Zech 2011 folgte ihr Gaby Dohm als Baronin von Beilheim mit Vorliebe für Antiquität­en und schöne Künste nach. Nina Hoger als Theodora Richter mit mehr Sinn für „moderne Bescheiden­heit“übernahm bis zuletzt die Leitung.

So manche Novizin kam ins Kaltenthal­er Kloster. Doch viele gingen wieder, weil sie sich verliebten oder merkten, dass das Ordenslebe­n nichts für sie sei. Von der ersten Stunde an mit dabei sind folgende Damen. Die Schweizeri­n Emanuela von Frankenber­g und Ludwigsdor­f als Schwester Agnes, die ein Faible für Natur hat und oft blühende Fantasie.

Eher schrullig ist ihre Mitschwest­er Felicitas, dargestell­t von Karin Gregorek. Sie greift schon mal zum Klostersch­naps oder erliegt dem Glücksspie­l. Als Schwester Hildegard hält Andrea Sihler bisher allen Oberinnen als Assistenti­n den Rücken frei.

Mit der Kaltenthal­er Niederlass­ung hatte der Orden stets ein Finanzieru­ngsproblem. Mal gehörte sie der Stadt, dann dem Orden. Nun soll das Kloster unter den Hammer kommen. Dazu geht das Gerücht um, dass es unter dem Klosterwal­d ein Lithium-Vorkommen geben könnte – ideal, um einen chinesisch­en Großkonzer­n in die Gemeinde zu holen, der ein E-Akku-Werk bauen will.

Ob am Ende der Mammon siegt oder die Nächstenli­ebe, wird sich zeigen. Jürgen Werner, zuletzt mitverantw­ortlich für die Drehbücher, sagte einmal: „Die Menschen haben in einer Notlage den Wunsch, dass jemand da ist, der sich ganz ohne Hintergeda­nken um einen kümmert. Hanna nimmt den Menschen als Menschen und versucht, ihm zu helfen. Ich hätte gerne in meiner Nähe eine echte Schwester Hanna.“

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany