Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Kuchen und jede Menge guter Erkenntnis­se

Der VfB Stuttgart zeigt gegen den FC Bayern über weite Strecken eine starke Leistung – verliert aber dennoch

- Von Felix Alex und dpa

STUTTGART - Auf der Habenseite des FC Bayern München stand nach 90 Minuten das, was in letzter Zeit so häufig verbucht werden konnte: drei Bundesliga­punkte, ein paar Wackler in der Abwehr sowie ein treffsiche­rer Robert Lewandowsk­i. „Business as usual“eben. Keine große Gala, aber auch kein Drama – oder wie es die Münchener Bosse selbst in Bezug auf die Liga öfter ausdrückte­n: das „tägliche Brot“. Alltag. Auf der anderen Seite dagegen standen diesmal nicht etwa Gegner, die froh waren keine Packung bekommen zu haben, sondern Kicker, die einiges positive mitnehmen konnten, eben weil sie sich so beachtlich geschlagen hatten.

„Wir haben aber eine gute Leistung gezeigt. Wenn wir weiter so spielen, werden wir unsere Punkte holen“, sagte VfB-Trainer Pellegrino Matarazzo daher auch. Sein Lächeln hätte zwar breiter sein können, doch wird er diesen Tag aus gleich mehreren Gründen nicht vergessen. Denn für den Sportler (und das war und ist auch der Fußballleh­rer weiterhin) gab es schon zum Frühstück einen kulinarisc­hen Stimmungsa­ufheller – ein Stück Kuchen. Anschließe­nd sang ihm seine Mannschaft ein Geburtstag­sständchen – bevor der nun 43-Jährige auch noch sein erstes Duell als Chefcoach mit dem Champions-League-Sieger serviert bekam. Auch wenn ein Sieg als Krönung dem Italo-Amerikaner verwehrt blieb war es dennoch ein recht zufriedens­tellender Tag. Denn die Brustringt­ruppe war nicht schlechter als der Rekordmeis­ter. Vielmehr zeigten müde Bayern dem VfB lediglich eiskalt auf, woran es Matarazzos jungen Wilden noch fehlt. „Am Ende hat man zwei Mannschaft­en gesehen, bei denen die Effizienz den Unterschie­d gemacht hat“, sagte der Stuttgarte­r Coach. Was sicher auch viel mit der höheren individuel­len Qualität des Meisters zu tun hat.

Der VfB blieb somit auch im fünften Bundesliga-Heimspiel dieser Saison ohne Sieg und stellte dadurch seinen Negativrek­ord aus der Saison 93/94 ein. Außerdem sind sie in der Liga nun seit fünf Spielen sieglos. Doch die Zahlen täuschen. Die Entwicklun­g

der Mannschaft unter Matarazzo ist bei Weitem nicht so negativ, wie man anhand dieser Fakten vermuten könnte. Im Gegenteil.

„Wenn wir so weitermach­en, dann müssen wir uns am Ende der Saison keine Sorgen machen“, sagte Kapitän Gonzalo Castro. Liefere der VfB jede Woche eine so gute Leistung ab, meinte Sportdirek­tor Sven Mislintat sogar, „dann sind wir auf einem sehr guten Weg“. Mit einem Platz im Tabellenmi­ttelfeld habe die Mannschaft bisher wahrschein­lich das bekommen, was sie verdient habe, erklärte er. „Wir sind nicht zufrieden, aber wir wissen jetzt, dass wir auch mit diesen Teams mithalten können.“Und das will im Zusammenha­ng mit dem amtierende­n Königsklas­sensieger ja einiges heißen, auch wenn Castro anführte: „Man sieht, dass die Bayern angeschlag­en sind, dass sie zu viele Spiele haben und auf dem Zahnfleisc­h gehen.“

Dennoch brachte der junge VfB den erfahrenen FCB immer wieder in erstaunlic­he Schwierigk­eiten. Die von der Mehrfachbe­lastung gebeutelte­n Gäste bekamen die Geschwindi­gkeit von Tanguy Coulibaly, Silas Wamangituk­a und Co. nur selten in den Griff. Außerdem hatte Matarazzo die Bayern an seinem Ehrentag mit einer besonderen Aufstellun­g überrascht.

Anstatt einen gelernten Angreifer wie Sasa Kalajdzic in die Startelf zu beordern, ließ der Coach Coulibaly und Philipp Förster in der Sturmspitz­e beginnen. Beide wurden oft aus dem Mittelfeld­zentrum vom erneut überzeugen­den Wataru Endo oder über die Außenbahn von Silas bedient. Genauso entstand auch das 1:0: Silas flankte flach und scharf nach innen, wo Coulibaly (20. Minute) lauerte und einen Patzer von Nationalke­eper Manuel Neuer zu seinem ersten Bundesliga-Tor nutzte. „Wir haben über weite Strecken ein richtig gutes Spiel gemacht. Leider haben wir uns nicht belohnt“, sagte Förster. Was auch am 25-Jährigen selbst lag. In der größten Schwächeph­ase der Bayern ließ der Startelf-Debütant zwei Riesenchan­cen (35./36.) ungenutzt. Und dann sind „die Bayern eben die Bayern“, wie Castro sagte. Denn sie bestraften Nachlässig­keiten und Naivität

Hsnsi Flick des VfB durch Kingsley Coman (38.), Robert Lewandowsk­i (45.+1) und Douglas Costa (88.).

Dennoch zeigte der Aufsteiger vom Wasen, zu was er fähig ist. Sorgen muss er sich vor den nächsten Spielen bei Werder Bremen und danach gegen Borussia Dortmund also nicht machen. Dennoch wird sich der VfB steigern müssen. „Das Negative ist die Effizienz vorm Tor“, sagte Matarazzo. Und die kann oft den Unterschie­d ausmachen.

Und die Bayern? Nahmen das Resultat und die Situation so hin. „Mit dem Ergebnis bin ich zufrieden. Wir wissen alle, dass es nicht so einfach ist, wenn man alle drei Tage spielt. Auch bei den anderen Mannschaft sieht man, dass es nicht so rund läuft“, sagte Trainer Hansi Flick und ergänzte: „Ich weiß aber natürlich, dass wir besser spielen können.“

„Ich weiß aber natürlich, dass wir besser spielen können.“

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FOTO: BRITSCH/IMAGO IMAGES Da ist auch ein Weltmeiste­r, Jérôme Boateng (li.), sowie ein Nationalsp­ieler, Leon Goretzka machtlos, wenn Tanguy Coulibaly (M.) abzieht.

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