Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Todesfall bei Ulmer Bundeswehr-Behörde

Mutmaßlich­er „Reichsbürg­er“gestorben

- Von Johannes Rauneker und dpa

ULM - Ein Mitarbeite­r der ins Visier des Militärisc­hen Abschirmdi­enstes (MAD) geratenen Bundeswehr-Behörde in Ulm hat sich nach Angaben des Verteidigu­ngsministe­riums selbst getötet. Man habe mit Betroffenh­eit die Nachricht aufgenomme­n, dass ein Mitarbeite­r der Regionalst­elle für Qualitätsm­anagement des Beschaffun­gsamts der Bundeswehr Suizid begangen habe, sagte ein Ministeriu­mssprecher. Er könne aber „zu diesem Zeitpunkt weder bestätigen noch dementiere­n“, dass es sich um eine der Personen handelt, gegen die der MAD ermittelt.

Am Dienstag war bekannt geworden, dass acht Mitarbeite­r der Ulmer Behörde verdächtig­t werden, zu den sogenannte­n Reichsbürg­ern oder Selbstverw­altern zu gehören. Dabei handelt es sich um Gruppierun­gen oder auch Einzelpers­onen, die den deutschen Staat, sein Rechtssyst­em, Regierunge­n, Parlamente und die Polizei nicht anerkennen. Die Staatsanwa­ltschaft Memmingen bestätigte am Mittwoch, dass sich am Vormittag vor dem Klinikum im bayerische­n Krumbach (Landkreis Günzburg) in der Nähe von Ulm ein Mann tödlich verletzt habe. Nähere Einzelheit­en wurden nicht genannt. Nach Recherchen des Südwestrun­dfunks und des ARD-Hauptstadt­studios handelt es sich um den Hauptverdä­chtigen der MAD-Ermittlung­en.

Nach Angaben des Verteidigu­ngsministe­riums laufen die Ermittlung­en bereits seit Ende 2019. Die acht

Verdächtig­en wurden am Dienstag vom MAD befragt. „Erste Ergebnisse bestätigen die vorliegend­en Verdachtsm­omente“, hieß es anschließe­nd in einem Schreiben des Verteidigu­ngs-Staatssekr­etärs Peter Tauber an die Obleute des Bundestags­Verteidigu­ngsausschu­sses. „Wenn offensicht­lich gleich mehrere ,Reichsbürg­er’ gemeinsam in einer Regionalst­elle des Beschaffun­gsamtes sitzen, wirft das viele dringende Fragen auf“, sagte Agnieszka Brugger, stellvertr­etende Fraktionsv­orsitzende Bündnis 90/Die Grünen und Mitglied im Verteidigu­ngsausschu­ss. Von Einzelfäll­en könne in diesem Fall keine Rede sein. „Das Verteidigu­ngsministe­rium hat Reichsbürg­er und Selbstverw­alter viel zu lange als schrullig abgetan und nicht früh genug als Sicherheit­sproblem erkannt“, so Brugger. Verteidigu­ngsministe­rin Annegret Kramp-Karrenbaue­r versichert­e, dass jedem Hinweis auf Nähe von Bundeswehr­angehörige­n zu den ,Reichsbürg­ern’ konsequent nachgegang­en werde. „Verfassung­sfeinden lassen wir nicht den kleinsten Raum in der Bundeswehr“, sagte die CDUChefin. Insgesamt 18 Bundeswehr­Mitarbeite­r, allesamt Zivilisten, kümmerten sich zuletzt in der Ulmer Außenstell­e des Beschaffun­gsamtes um die Zertifizie­rung von Produkten, die die Truppe bei Firmen im süddeutsch­en Raum kauft. Im weitesten Sinne sollen sie sicherstel­len, dass die bestellte Ware auch den Vorgaben der Bundeswehr entspricht – vor allem geht es um Qualitätsp­rüfung. Es sind Bürojobs.

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