Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Vertrauen verspielt

- Von Katja Korf k.korf@schwaebisc­he.de

Eines wollten nahezu alle Politiker verhindern: einen zweiten Lockdown wie im Frühjahr. Nun herrschen erneut strenge Corona-Auflagen, die Infektions­lage lässt derzeit wenig anderes zu. Umso wichtiger wäre es für die von Winfried Kretschman­n (Grüne) geführte Regierung, mit einem stringente­n Krisenmana­gement möglichst viele Bürger hinter sich zu bringen. Doch tatsächlic­h blickt aktuell fast jeder vierte Bürger im Südwesten skeptisch in die Zukunft – und traut keiner Partei zu, die Krise gut zu bewältigen.

Das liegt mitnichten nur am zweiten Lockdown. Denn die Akzeptanz für die Maßnahmen ist in bundesweit­en Umfragen weiter hoch. Aber Grüne und CDU arbeiten derzeit nicht an der Vertrauens­bildung. Sie leisten sich 100 Tage vor den Landtagswa­hlen kaum nachvollzi­ehbare Rangeleien.

Da wäre das Hin und Her um den Beginn der Weihnachts­ferien. Und dann die wochenlang­e Unfähigkei­t, eine gemeinsame Strategie für die besonders betroffene­n Landkreise wie etwa Tuttlingen zu verabschie­den – etwas, was bei den bayerische­n Nachbarn längst steht. Stets haben Grüne und CDU betont, man wolle regional unterschie­dlich auf die jeweilige Lage reagieren. Den notwendige­n einheitlic­hen Rahmen dafür hatten viele Landkreise bereits in der ersten Welle gefordert – doch erneut dauert es, bis dieser nun kommt.

Der Ministerpr­äsident beweist in diesen Wochen eine allzu ruhige Hand und lässt offenbar vieles einfach laufen. Die CDU ist aus Prinzip oftmals gegen die Grünen, um eine eigene Linie zu zeigen. Dabei zeigt der grüne Gegner gerade Schwäche – die Oberbürger­meister-Wahlen in Stuttgart stehen exemplaris­ch dafür. Zu satt sind viele Grüne, zu sicher und im links-grünen Lager verlieren sie Stimmen.

Wem das Gezerre in Stuttgart nützt, zeigt die Umfrage ebenfalls: niemandem. Es steigert viel mehr den Frust über die Politik insgesamt. Das allerdings kann sich weder leisten, wer die Corona-Pandemie eindämmen will noch wer im März um das Vertrauen der Wähler wirbt.

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