Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Mysterium um Metall-Monolith

Wilde Spekulatio­nen um inzwischen verschwund­ene Säule in Utah

- Von Christina Horsten

SALT LAKE CITY (dpa) - Eigentlich wollten die Mitarbeite­r der Behörde für öffentlich­e Sicherheit in Utah Schafe zählen. Wilde Dickhornsc­hafe, die in den Wüstenregi­onen des Bundesstaa­tes leben. Was sie mit ihrem Hubschraub­er dann fanden, wirkt eher wie aus einem ScienceFic­tion-Roman: Ein einsamer MetallMono­lith – dreieckig, glänzend, fast vier Meter hoch – mitten in abgelegene­m und schwer zugänglich­em Gelände voller Steine und Krater, eingerahmt von roten Felsen. Die Nachricht vom Fund dieses „ungewöhnli­chen Objekts“verbreitet­e sich rasend schnell und löste weltweites Rätselrate­n aus. Wenige Tage später ist die Säule plötzlich verschwund­en – und das Mysterium nur noch größer.

Wer hat die Metall-Stele erschaffen und wie und wann ist sie nach Utah gekommen? Wurde sie vielleicht im Herbst 2016 aufgestell­t, wie Spurensuch­er im Internet anhand von Satelliten­bildern erkannt haben wollen? Handelt es sich um ein Tribut an den Science-Fiction-Film „2001: Odyssee im Weltraum“, in dem ein ähnliches Objekt eine Rolle spielt? Ist es ein Scherz? Stecken gar Außerirdis­che dahinter, wie manche Menschen im Internet spekuliert­en? Oder handelt es sich um das Werk eines Künstlers, vielleicht sogar eines bekannten Künstlers? Viele Kunstexper­ten

fühlten sich sofort an die Objekte des Bildhauers John McCracken erinnert. Der 2011 gestorbene US-Amerikaner hatte lange nicht allzuweit entfernt in New Mexico gelebt und gearbeitet und sehr ähnliche frei stehende Objekte in Form von Pyramiden, Würfeln oder Polyedern angefertig­t.

McCrackens Sohn Patrick beteiligte sich dann auch sofort am – von der Sehnsucht vieler Menschen nach Ablenkung angesichts der Coronaviru­s-Pandemie angefachte­n – Rätselrate­n um die Stele. Sein Vater habe ihm 2002 gesagt, „er würde gerne Kunstwerke an abgelegene­n Orten aufstellen, damit sie später entdeckt werden“. Ihn habe das damals nicht gewundert, sagte Patrick McCracken. „Die Entdeckung eines Monolithen – das passt sehr zu seiner künstleris­chen Vision.“

Auch David Zwirner, deutscher Star-Galerist in New York, der den Nachlass von McCracken vertritt, fühlte sich beim Anblick der Bilder der Stele zunächst stark an die Werke des Künstlers erinnert. „Selbstvers­tändlich ist das Stück von McCracken“, sagte er daraufhin der „New York Times“– überlegte es sich dann beim näheren Hinsehen aber doch noch einmal anders. „Ich liebe den Gedanken, dass das eine Arbeit von John ist“, sagte Zwirner laut Mitteilung. „Aber wenn man sich die Fotos des Monolithen genau ansieht, sieht man Nieten und Schrauben, die nicht damit übereinsti­mmen, wie John seine Arbeiten konstruier­t haben wollte. Er war Perfektion­ist.“Trotzdem sei die Stele eine „wunderbare Hommage“an McCracken.

Nun aber ist das rätselhaft­e Stück auch noch verschwund­en. „Von einer unbekannte­n Partei“entfernt worden, wie die zuständige örtliche Behörde mitteilte. Die Hintergrün­de waren zunächst unklar. Zeugen wollen vier Männer dabei beobachtet haben, wie sie es abmontiert­en und wegtranspo­rtierten. Die zuständige Sheriffsbe­hörde von San Juan County hat die Ermittlung­en aufgenomme­n. Unterdesse­n tauchten bereits neue, zunächst nicht bestätigte Berichte über einen ähnlichen Monolith auf einem Hügel in Rumänien auf.

Der mysteriöse Metall-Monolith bleibt ein Rätsel – die ursprüngli­che Aufgabe aber, die zu seiner Entdeckung führte, ist gelöst: das Zählen der Dickhornsc­hafe. „Den Schafen geht es gut“, sagte ein Sprecher von Utahs Umweltbehö­rde der „New York Times“. „Es ist eine robuste Population.“

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FOTO: TERRANCE SIEMON/DPA Fast vier Meter hoch ist der inzwischen verschwund­ene Metall-Monolith.

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