Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Die Pandemie verstärkt auch die emotionale Armut“

Was es mit dem Motto „Ich sehe deine Not“der Vesperkirc­he 2021 auf sich hat

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KREIS RAVENSBURG (sz) - In den vergangene­n Jahren hat sich die Vesperkirc­he im Schussenta­l etabliert. Laut einer Pressemitt­eilung der Johannes-Ziegler-Stiftung macht sie auch im wohlhabend­en Oberschwab­en die Armut und Bedürftigk­eit deutlich. Denn für manche sei der Monat länger als das Geld ausreiche, und das alltäglich­e Leben wird zu einer großen Herausford­erung. Die Vesperkirc­he begegne diesen Nöten mit zwei Standbeine­n: einem offenen Raum mit einem einfachen, günstigen Essen und mit Raum für Begegnung.

Dies soll auch 2021 möglich gemacht werden. Gerade jetzt, wenn durch die Pandemie-Bedingunge­n das Leben komplizier­ter werde und Kontakte nicht mehr so einfach möglich seien, wollen die Johannes-ZieglerSti­ftung der Zieglersch­en und das Diakonisch­e Werk Oberschwab­en-Allgäu-Bodensee im Kirchenbez­irk Ravensburg ein Zeichen setzen. „Wir nehmen wahr, dass die Pandemie materielle, aber vor allem auch emotionale Armut verstärkt. Ängste und Sorgen haben die Menschen ergriffen, die Distanz zwischen uns ist größer geworden – oft nicht nur räumlich“, beschreibt Gottfried Heinzmann, Vorstandsv­orsitzende­r

der Zieglersch­en und Vorsitzend­er der Johannes-Ziegler-Stiftung, die Lage.

Dafür haben die Organisato­ren das Thema „Ich sehe deine Not“gewählt: hinschauen und Verantwort­ung übernehmen. Dieses Motto nährt sich laut Pressemitt­eilung sowohl aus biblischen als auch aus sozialpoli­tischen Quellen. Neben einer Grundaufga­be von Kirchen, Barmherzig­keit zu üben, trete der Sozialstaa­t hier als Akteur in die Verantwort­ung. Aber sind die Menschen aktuell im Blick? Die Gesellscha­ft verändere sich, Singularit­äten entstünden, Menschen blieben allein zurück. Mit sozialpoli­tischen Spaziergän­gen

während der Vesperkirc­he sollen Orte und Akteure aufgesucht werden, die Not offenbaren und ihr begegnen. „Eine Sehhilfe, ähnlich wie beim Kinderspie­l ‚Ich sehe was, was Du nicht siehst’“, nennt Ralf Brennecke, Geschäftsf­ührer in der Diakonie, diese Aktion.

In allen drei Veranstalt­ungsorten der Vesperkirc­he – in Wilhelmsdo­rf,

Ravensburg und Leutkirch – sind jeweils zwei Spaziergän­ge geplant. Der erste mit den politisch Verantwort­lichen in den Kommunen, und der zweite für die Öffentlich­keit. Dabei werde niemand schamlos vorgeführt. Die Sehhilfe soll den Hilfenetzw­erken zu einer besseren Abstimmung dienen und der Not der Menschen begegnen.

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