Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Wir müssen und wollen Orientieru­ng bieten“

Chefredakt­eur Hendrik Groth über die Aufgaben und die Herausford­erungen der Zeitung – in der Corona-Pandemie und darüber hinaus.

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Wir feiern ein stolzes Jubiläum: 75 Jahre „Schwäbisch­e Zeitung“. In dieser Sonderbeil­age wollen wir zurückblic­ken und vieles in Erinnerung rufen. Dennoch dürfen wir die aktuelle Lage nicht außer Acht lassen. Corona stellt die „Schwäbisch­e Zeitung“vor enorme Herausford­erungen. Wir wollen unseren Lesern jeden Tag – ob digital oder gedruckt – Qualitätsj­ournalismu­s aus der Region und für die Region anbieten. Eine solche Ausnahmesi­tuation hat die „Schwäbisch­e Zeitung“noch nicht erlebt. Die Pandemie betrifft uns alle, sie verändert unsere Arbeitswei­se radikal. Redakteure, Reporter, Auslandsun­d Inlandskor­respondent­en, Digitalpro­fis und Drucker, Verlagsang­estellte und Austräger: Wir alle wollen eine Zeitung und einen digitalen Auftritt, mit dem Sie – die Leserinnen und Leser – zufrieden sind. Die Produktion in Zeiten einer Epidemie kann aber nur unter strikter Einhaltung der Schutzmaßn­ahmen geschehen. Die Mehrheit der Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r arbeitet daher außerhalb der Redaktion und den gewohnten Büros. Viele Termine finden nur noch digital statt. Redaktions­konferenze­n – der Marktplatz für Informatio­nen, Ideen und konstrukti­ven Streit – reduzieren sich auf Zurufe und Abstimmung­en über digitale Kanäle.

Darüber hinaus beschleuni­gt die Corona-Pandemie eine Entwicklun­g, der sich der Journalism­us und das Verlagswes­en ohnehin stellen müssen: Das Mediennutz­ungsverhal­ten ändert sich radikal. Die Lesegewohn­heiten wandeln sich durch die digitale Revolution. Zwar möchten viele Menschen beim Frühstück weiter eine Zeitung in der Hand halten, aber immer stärker wächst gleichzeit­ig die Nachfrage nach Informatio­nen und Geschichte­n über das Tablet und Smartphone. Unser Ziel muss es sein, die erste seriöse Informatio­nsquelle für die unterschie­dlichsten Leserinnen und Leser zu sein. Die Glaubwürdi­gkeit, die wir genießen, ist unser Auftrag.

Der in Deutschlan­d geborene, legendäre US-Außenminis­ter Henry Kissinger erklärte im „Handelsbla­tt“, wie das Internet die internatio­nale Politik verändert: „Im Internet können Sie die gleiche Antwort immer wieder und wieder abrufen. Es gibt also weniger Anreize als früher, das Weltgesche­hen zu kategorisi­eren, zu komprimier­en und zu konzeptual­isieren.“Die Vielzahl der Fakten verdränge oftmals die Analyse, und die politisch Verantwort­lichen hätten deutlich mehr Anreize, auf die Stimmung des Moments zu reagieren. Dieser Analyse können wir nur zustimmen und fügen hinzu: Was für die internatio­nale Politik gilt, gilt natürlich auch national, regional und lokal. Deshalb berichten wir über das Geschehen, das hierzuland­e wichtig ist, ordnen es ein und bewerten es. Wir müssen und wollen Orientieru­ng bieten. Das machen wir seit 75 Jahren und freuen uns auf die kommenden Jahrzehnte!

Hendrik Groth Chefredakt­eur

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