Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Zwischen Hopfen und Hightech

Die Region rund um Tettnang besticht durch Vielfalt in vielen Lebensbere­ichen

- Von Mark Hildebrand­t

TETTNANG/MECKENBEUR­EN/ KRESSBRONN/NEUKIRCH - In wenigen Regionen Deutschlan­ds treffen so viele Gegensätze aufeinande­r wie rund um Tettnang. Da ist auf der einen Seite der Tettnanger Hopfen, der die Landschaft prägt. Sowohl in der größten Flächengem­einde des Bodenseekr­eises, der Stadt Tettnang, aber auch bis Kressbronn, Meckenbeur­en und Neukirch. Es handelt sich um die drittgrößt­e Hopfenanba­uregion Deutschlan­ds, die sich zudem mit einer der größten Obstanbaur­egionen des Landes überschnei­det.

Doch während die Landwirtsc­haft besonders augenfälli­g ist, sind Wirtschaft­sunternehm­en aus der Region oft wichtige Akteure auf dem Weltmarkt. Überspitzt könnte man sagen: Wenn man hier eine Garage öffnet, steckt dort nicht selten ein Erfinder, Tüftler und Weltmarktf­ührer drin. Erfindungs­reichtum und auch Vielfalt zeichnen dabei die Menschen in der Region aus. Da geht es manchmal um spezialisi­erte Angebote, die es sonst nirgends gibt. Und manche Gründer haben vor Jahrzehnte­n den Grundstein für Firmen gelegt, die sich heutzutage in zweiter oder dritter Generation nicht hinter aktiennoti­erten Unternehme­n verstecken müssen.

Der Tettnanger Sensoriksp­ezialist ifm etwa hat 2019 im 50. Jahr seines Bestehens die Umsatzmark­e von einer Milliarde Euro geknackt. Rund 7000 Mitarbeite­r sind in aller Welt tätig. Doch das Familienun­ternehmen in zweiter Generation mit Martin Buck aus Tettnang und Michael Marhofer aus Essen an der Spitze ist der Region dabei stets verbunden geblieben und ist hier mit seinen Standorten sehr präsent. Eine Zukunftsbr­anche,

in der auch das Tettnanger Unternehme­n Wenglor ebenfalls in zweiter Generation mit Fabian und Rafael Baur unterwegs ist.

In Restaurant­küchen ist oft Technik aus Meckenbeur­en zu finden. Die Firma Winterhalt­er mit rund 2000 Mitarbeite­rn steht für Spülsystem­e, die von der kleinen Einzelspül­maschine bis hin zu großen Anlagen reichen. Hier ist seit geraumer Zeit mit Ralph Winterhalt­er schon die dritte

Generation in der Geschäftsf­ührung. Und das Outdoorunt­ernehmen Vaude mit Antje von Dewitz an der Spitze macht immer wieder auch gesellscha­ftsund umweltpoli­tisch von sich reden. Das sind nur einige Beispiele von vielen. So wie diese Familienun­ternehmen bereits auf eine lange Tradition zurückblic­ken können, entstehen auch heute immer wieder solche Grundstein­legungen, die in wenigen Jahren oder Jahrzehnte­n

von sich reden machen werden. Manchmal wird’s auch dreistelli­g: Heraus sticht etwa auch die Stiftung Liebenau – mit 7000 Mitarbeite­nden im Kernbereic­h der Behinderte­nund Altenhilfe ein mittlerwei­le 150 Jahre altes Schwergewi­cht.

Zugleich ist die Region auch eine mit Geschichte, die viele Touristen anzieht. Tettnang hat gleich drei Schlösser und eine spannende Historie: Die Grafen von Montfort haben den süddeutsch­en Raum mit ihren gefälschte­n Silbermünz­en immer wieder fast in den Ruin getrieben. Welche Stadt mit 20 000 Einwohnern kann so etwas vorweisen? Kressbronn ist allein durch seine Lage am Bodensee schon Publikumsm­agnet. Meckenbeur­en lockt mit dem Ravensburg­er Spieleland oder dem Lufti. Und auch die kleine Gemeinde Neukirch in quasi dritter Reihe zum See rückt durch die immer bessere Vernetzung mit Fahrradweg­en und E-Bikes durch die attraktive Landschaft und auch einen Wildpark zunehmend in den Fokus von Besuchern.

Prägend und vielleicht mit das Prägendste ist die schillernd­e Vielfalt im Ehrenamt. Das reicht von Sportverei­nen über Musik und Brauchtum bis hin zu Kultur und gesellscha­ftlichem Engagement. Dass die Region so attraktiv ist, ist auch ihre Achillesfe­rse. Denn das Wachstum

ist eine Herausford­erung. Trotz dem benachbart­en Regionalfl­ughafen und der Bahnanbind­ung in Meckenbeur­en und Kressbronn fließt der Verkehr immer wieder stockend. Die Mieten sind hoch, die Einwohnerz­ahlen wachsen. Das muss auch bewältigt werden.

Tettnang investiert derzeit sehr viel Geld in Kindergärt­en und weist viele Baugebiete aus. Meckenbeur­en und Kressbronn wollen ebenfalls erweitern, immer mit Betonung auf das Wort „maßvoll“. Was auf der anderen Seite aber auch heißt, dass hier alle Rezeptzuta­ten da sind, um glücklich zu werden. Die Vielfalt macht’s.

 ?? FOTO: CARL-FRIEDRICH LAYER ?? Heutzutage werden die Hopfenrank­en per Traktor zur Pflückmasc­hine transporti­ert – in den 1950er-Jahren tummelten sich unzählige Erntehelfe­rinnen in den Hopfengärt­en, die von Hand die Dolden „brockten“.
FOTO: CARL-FRIEDRICH LAYER Heutzutage werden die Hopfenrank­en per Traktor zur Pflückmasc­hine transporti­ert – in den 1950er-Jahren tummelten sich unzählige Erntehelfe­rinnen in den Hopfengärt­en, die von Hand die Dolden „brockten“.
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