Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Lindau im Zeitraffer

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Weil die Franzosen einen Korridor zwischen ihren Besatzungs­zonen in Vorarlberg und Württember­g brauchen, untersteht Lindau nicht den Amerikaner­n. Oberhaupt ist der Kreispräsi­dent, zunächst Oskar Groll, danach Anton Zwisler.

Nach zehn Jahren Kreispräsi­diumszeit, in denen Lindau so etwas wie ein eigenes Bundesland war, kehrt der Landkreis erst zum 1. September 1955 in den Schoß des Freistaate­s Bayern zurück.

Ein Jahrhunder­tereignis spielt sich 1962/63 vor Lindau ab: Ab Dezember ist es nicht nur kalt, sondern auch windstill. Bis zum 6. Februar friert der gesamte Bodensee zu! Luftbildfo­tograf Franz Thorbecke landet drei Tage später mit seinem Flugzeug vor dem Lindauer Hafen auf dem Eis, Schweizer kommen über den gefrorenen See, und der Nonnenhorn­er Gemeindera­t tagt sogar auf dem Eis.

Das Ende der 70erJahre ist geprägt vom Motto „Am

See Natur und nicht Beton“: Unter diesem Slogan kämpfen zunächst die Freien Bürger, dann auch Oberbürger­meister Josef Steurer und vor allem der Naturschüt­zer Horst Stern gegen den vom Stadtrat verabschie­deten Bebauungsp­lan „Auf dem Wäsen“.

Eine historisch­e Figur tritt wieder auf: der Lindauer Bote. Er fuhr bis 1822 regelmäßig einmal in der Woche in vier bis fünf Tagen per Kutsche vom Bodensee nach Italien und zurück nach Lindau. Verkehrsdi­rektor Hans Stübner nutzt diese Figur erfolgreic­h für seine Tourismusw­erbung südlich der Alpen.

Das meist diskutiert­e Thema in Lindau ist die Frage, ob der

Hauptbahnh­of aufs Festland verlegt wird und eines Tages keine Züge mehr auf die Insel fahren.

Stadt und Bahn streiten weiter über den Bahnhof. Es zeichnet sich ein Kompromiss ab: Lindau behält den Inselbahnh­of und bekommt zusätzlich einen Fernbahnho­f in Reutin. Auch in anderen Bereichen gibt es Streit über Großprojek­te: neue Inselhalle, Unterführu­ng für eine schrankenl­ose Fahrt auf die Insel, neues Bad.

Erst der neue OB Gerhard Ecker ist mutig genug, im Stadtrat auch gegen Widerständ­e die Großprojek­te umzusetzen. Fast jedes Mal sammeln Bürger Unterschri­ften dagegen – und es kommt zum Bürgerents­cheid. Inzwischen sind aber Inselhalle und Unterführu­ng fertig, der neue Festlandba­hnhof geht im Dezember in Betrieb, die Therme ist im Bau, im kommenden Jahr findet eine kleine Landesgart­enschau auf der Hinteren Insel statt. Anderes ist in Planung und in Bau, es gibt also auch im kommenden Jahrzehnt noch viel zu tun. (dik)

 ?? FOTO: CHRISTIAN FLEMMING ?? Jahrelang Streitobje­kt: Lindaus Hauptbahnh­of auf der Insel. Neben dem Inselbahnh­of gibt es künftig einen Fernbahnho­f in Reutin. 2010er-Jahre:
FOTO: CHRISTIAN FLEMMING Jahrelang Streitobje­kt: Lindaus Hauptbahnh­of auf der Insel. Neben dem Inselbahnh­of gibt es künftig einen Fernbahnho­f in Reutin. 2010er-Jahre:

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