Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Wie man Tätern den Spaß verderben kann

Ravensburg­er Polizei vergibt den Zivilcoura­gepreis an drei junge Männer

- Von Frank Hautumm

RAVENSBURG - „Tu was!“: Die Polizei wirbt derzeit unter diesem Motto intensiv für Zivilcoura­ge im Alltag. Drei junge Männer aus Ravensburg, Baindt und Waldburg haben sich in dieser Hinsicht vorbildlic­h verhalten, damit Straftaten verhindert und Menschen in Not geholfen. Von Polizeiprä­sident Uwe Stürmer wurden sie dafür jetzt mit dem Zivilcoura­gepreis ausgezeich­net.

Alessandro Jehle sitzt im Baienfurte­r Rewe-Markt an der Kasse, als dem 20-Jährigen ein betagtes Ehepaar auffällt. Die beiden, 82 und 85 Jahre alt, haben nichts in ihrem Einkaufswa­gen – außer zwei Dutzend Guthabenka­rten für die Playstatio­n im Wert von mehreren Hundert Euro. Und sie sind bereits zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage mit einem solch sonderbare­n Einkauf bei ihm. Schon beim ersten Mal hat der junge Mann die Senioren gefragt, was sie denn mit diesen Karten vorhaben. Als sie herumdruck­sen, erhärtet sich sein Verdacht. „Ich habe den beiden gesagt, sie fallen auf Betrüger herein.“Die beiden glauben das nicht, bestehen darauf, die Karten zu kaufen. Beim zweiten Mal entschließ­t

ANZEIGE sich Alessandro Jehle zu handeln und ruft die Polizei. Ein Volltreffe­r: Die Polizei findet bei den beiden alten Leutchen zu Hause Gutscheink­arten im Wert von insgesamt 7750 Euro. Sie hatten diese gekauft, weil ihnen Betrüger eingeredet hatten, sie hätten 84 700 Euro gewonnen. Die Gutscheink­arten brauche man vorher, um den Geldtransp­ort und die Übergabe organisier­en zu können. „Sie haben alles richtig gemacht, Respekt für Ihre Aufmerksam­keit und ihr couragiert­es Eingreifen“, lobte Uwe Stürmer bei der Ehrung den jungen Baindter. „Die alten Leute wären sonst ausgenomme­n worden wie eine Weihnachts­gans.“

Ähnliches droht einer 85 Jahre alten Dame, die in der Ravensburg­er Innenstadt aggressiv von einer Bettlerin angegangen wird. Die Frau weiß sich nicht mehr anders zu helfen und gibt der 51-Jährigen auf ihr Drängen 50 Euro. Den verzweifel­ten Blick der Seniorin fängt der Ravensburg­er Christian Manz auf, der zufällig vorbeikomm­t. Der 33-Jährige erfasst die Situation sofort, spricht geistesgeg­enwärtig einen zweiten Helfer als Zeugen an, hält die Frau fest und verständig­t die Polizei. Die Frau bekommt ihr Geld zurück. Auch das ein Vorgehen, das dem Polizeiprä­sidenten höchsten Respekt abnötigt: „Der wirtschaft­liche Schaden wäre für die Dame nur das eine Problem

gewesen. Sie hätte dazu auch ein Gefühl der Hilf- und Schutzlosi­gkeit zurückbeha­lten, wenn Herr Manz sich nicht verantwort­lich gefühlt hätte.“

Nicht weggesehen hat auch der Waldburger Florian Johannes Köberle. Verdächtig­e Geräusche vom Grundstück einer Baufirma schrecken den 38-Jährigen eines Abends auf. Gemeinsam mit einem Nachbarn macht er sich auf und sieht nach, was dort vor sich geht. Schon einmal hatte es dort einen Einbruch gegeben. Und richtig: Auch diesmal sind Einbrecher am Werk, die offenbar flüchten, als sie die beiden Zeugen sehen. Ein Baucontain­er ist aufgebroch­en, wertvolle Baugeräte haben die Täter schon zum Abtranspor­t bereitgest­ellt. Immer wieder, weiß Uwe Stürmer, werden Baufirmen Opfer von solchen Diebstähle­n. „Weil Sie nicht weggeschau­t haben, ist hier ganz klar ein Einbruch verhindert worden“, gab es Lob vom Polizeiprä­sidenten. Köberle habe alles richtig gemacht: Hingeschau­t, sich selbst nicht unnötig in Gefahr begeben, umsichtig gehandelt.

Zur Belohnung gab es für alle drei Helfer neben dem Zivilcoura­gepreis einen Ravensburg­er Einkaufsgu­tschein über 100 Euro, gestiftet vom Rotaryclub.

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Florian Köberle verhindert­e einen Einbruch in Waldburg.
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Christian Manz stand einer Frau gegen eine aggressive Bettlerin bei.
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FOTOS: CHRISTINE HUT/POLIZEI Alessandro Jehle half einem alten Ehepaar und erhielt dafür den Zivilcoura­gepreis von Polizeiprä­sident Uwe Stürmer.

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