Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Wie man Tätern den Spaß verderben kann
Ravensburger Polizei vergibt den Zivilcouragepreis an drei junge Männer
RAVENSBURG - „Tu was!“: Die Polizei wirbt derzeit unter diesem Motto intensiv für Zivilcourage im Alltag. Drei junge Männer aus Ravensburg, Baindt und Waldburg haben sich in dieser Hinsicht vorbildlich verhalten, damit Straftaten verhindert und Menschen in Not geholfen. Von Polizeipräsident Uwe Stürmer wurden sie dafür jetzt mit dem Zivilcouragepreis ausgezeichnet.
Alessandro Jehle sitzt im Baienfurter Rewe-Markt an der Kasse, als dem 20-Jährigen ein betagtes Ehepaar auffällt. Die beiden, 82 und 85 Jahre alt, haben nichts in ihrem Einkaufswagen – außer zwei Dutzend Guthabenkarten für die Playstation im Wert von mehreren Hundert Euro. Und sie sind bereits zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage mit einem solch sonderbaren Einkauf bei ihm. Schon beim ersten Mal hat der junge Mann die Senioren gefragt, was sie denn mit diesen Karten vorhaben. Als sie herumdrucksen, erhärtet sich sein Verdacht. „Ich habe den beiden gesagt, sie fallen auf Betrüger herein.“Die beiden glauben das nicht, bestehen darauf, die Karten zu kaufen. Beim zweiten Mal entschließt
ANZEIGE sich Alessandro Jehle zu handeln und ruft die Polizei. Ein Volltreffer: Die Polizei findet bei den beiden alten Leutchen zu Hause Gutscheinkarten im Wert von insgesamt 7750 Euro. Sie hatten diese gekauft, weil ihnen Betrüger eingeredet hatten, sie hätten 84 700 Euro gewonnen. Die Gutscheinkarten brauche man vorher, um den Geldtransport und die Übergabe organisieren zu können. „Sie haben alles richtig gemacht, Respekt für Ihre Aufmerksamkeit und ihr couragiertes Eingreifen“, lobte Uwe Stürmer bei der Ehrung den jungen Baindter. „Die alten Leute wären sonst ausgenommen worden wie eine Weihnachtsgans.“
Ähnliches droht einer 85 Jahre alten Dame, die in der Ravensburger Innenstadt aggressiv von einer Bettlerin angegangen wird. Die Frau weiß sich nicht mehr anders zu helfen und gibt der 51-Jährigen auf ihr Drängen 50 Euro. Den verzweifelten Blick der Seniorin fängt der Ravensburger Christian Manz auf, der zufällig vorbeikommt. Der 33-Jährige erfasst die Situation sofort, spricht geistesgegenwärtig einen zweiten Helfer als Zeugen an, hält die Frau fest und verständigt die Polizei. Die Frau bekommt ihr Geld zurück. Auch das ein Vorgehen, das dem Polizeipräsidenten höchsten Respekt abnötigt: „Der wirtschaftliche Schaden wäre für die Dame nur das eine Problem
gewesen. Sie hätte dazu auch ein Gefühl der Hilf- und Schutzlosigkeit zurückbehalten, wenn Herr Manz sich nicht verantwortlich gefühlt hätte.“
Nicht weggesehen hat auch der Waldburger Florian Johannes Köberle. Verdächtige Geräusche vom Grundstück einer Baufirma schrecken den 38-Jährigen eines Abends auf. Gemeinsam mit einem Nachbarn macht er sich auf und sieht nach, was dort vor sich geht. Schon einmal hatte es dort einen Einbruch gegeben. Und richtig: Auch diesmal sind Einbrecher am Werk, die offenbar flüchten, als sie die beiden Zeugen sehen. Ein Baucontainer ist aufgebrochen, wertvolle Baugeräte haben die Täter schon zum Abtransport bereitgestellt. Immer wieder, weiß Uwe Stürmer, werden Baufirmen Opfer von solchen Diebstählen. „Weil Sie nicht weggeschaut haben, ist hier ganz klar ein Einbruch verhindert worden“, gab es Lob vom Polizeipräsidenten. Köberle habe alles richtig gemacht: Hingeschaut, sich selbst nicht unnötig in Gefahr begeben, umsichtig gehandelt.
Zur Belohnung gab es für alle drei Helfer neben dem Zivilcouragepreis einen Ravensburger Einkaufsgutschein über 100 Euro, gestiftet vom Rotaryclub.