Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Vogelwild zum Derbysieg
Ravensburg Towerstars bezwingen Kaufbeuren in der DEL2 mit 7:5 – Beide Teams mit Schwächen in Defensive
RAVENSBURG - Die Ravensburg Towerstars haben am Freitagabend im Derby gegen den ESV Kaufbeuren zwar nicht die ganze Zeit überzeugen können. Eine 3:1- und 5:3-Führung gab Ravensburg leichtfertig aus der Hand. Letzlich gab es in der Deutschen Eishockey-Liga 2 aber doch einen 7:5-Heimsieg gegen die Allgäuer. „Es gab einige Tore, die nicht hätten fallen müssen“, meinte Towerstars-Trainer Rich Chernomaz. „Aber vor allem in den letzten zehn Minuten hat meine Mannschaft gezeigt, dass sie auf jeden Fall gewinnen wollte.“
Furios ging zu Ende, was traurig begonnen hatte. Zunächst gab es nämlich eine Schweigeminute für Klaus Nußbaumer. Sechs Jahrzehnte hatte Nußbaumer beim EVR verbracht – als Spieler, kurzzeitig als Trainer sowie als treue Seele, Arbeiter und Unterstützer im Hintergrund. „Ohne ihn würden die Towerstars heute nicht da stehen, wo sie stehen“, sagte Towerstars-Geschäftsführer Rainer Schan. Nußbaumer zu Ehren liefen die Towerstars gegen den ESV Kaufbeuren mit Trauerflor auf. Vor der Halle hatten Fans eine kleine Gedenkstätte mit Blumen und Kerzen errichtet. „Nussi, für immer ein Teil von uns“, war auf einem Spruchband zu lesen.
Die Allgäuer, gerade erst nach Corona-Zwangspause in den Spielbetrieb zurückgekehrt, machten zunächst kaum einen Stich. Regelrecht logisch war das 1:0. James Bettauer zog von der blauen Linie ab, Topscoger rer Andreas Driendl hielt den Schläger rein – ESVK-Goalie Jan Dalgic war geschlagen. Kaufbeuren war überhaupt nicht im Spiel, kam aber dennoch zum schnellen Ausgleich. Driendl musste auf die Strafbank, den Schuss von Julian Eichinger ließ Goalie Olafr Schmidt abprallen, vor dem Tor stand nur Branden Gracel, der sich die Gelegenheit zum 1:1 natürlich nicht nehmen ließ.
In der elften Minute wurde Ravensburgs junger Stürmer Sebastian Hon von Joseph Lewis hart in die Bande gecheckt. Zu hart. Hon musste vom Eis geleitet werden, Kaufbeurens
Erste-Reihe-Stürmer bekam eine Spieldauerdisziplinarstrafe und schaute sich den Rest von der leeren Tribüne aus an. In dieser Überzahl traf Sören Sturm erst den Pfosten, Robbie Czarnik Sekunden später die Latte. Besser machte es Driendl: Querpass von Czarnik, Schlenzer ins linke Eck – 2:1. Diese Führung hätten die Towerstars vor der ersten Pause ausbauen müssen, vergaben aber mehrere Großchancen, etwa Mathieu Pompei bei einem Alleingang.
Ravensburg war die bessere Mannschaft. Ravensburg war dominant – aber machte daraus zu wenig.
In der 29. Minute ging es dann einmal schnell und direkt. David Zucker bediente beim Konter Vincenz Mayer, und der Towerstars-Kapitän erzielte sein erstes Saisontor. Nach dem 3:1 ließen die Towerstars deutlich nach. Goalie Schmidt hielt zweimal stark gegen Philipp Krauß und Fabian Voit. Seine Vorderleute ließen es jetzt irgendwie zu locker angehen. Die letzte Konsequenz fehlte hinten und vorne – das bestrafte Kaufbeuren eiskalt. John Lammers mit einem Hammer von halbrechts sowie Tyler Spurgeon erzielten das 3:3.
Wie gegen Bayreuth hatte Ravensburg
in eigener Halle einen Zwei-Tore-Vorsprung zu einfach – und völlig unnötig – aus der Hand gegeben. Doch die Towerstars hatten Rückkehrer Patrick Seifert. Mit einem klasse Pass setzte der Verteidiger in der 41. Minute Olivier Hinse in Szene, der Kanadier tunnelte Dalgic zum 4:3. Anderthalb Minuten später erhöhte Ravensburg in Überzahl. James Bettauer traf zwar die Scheibe gar nicht richtig, aber irritiert – und abgefälscht? – von Mayer musste Dalgic auch diese Scheibe passieren lassen. Ein Doppelschlag zum Derbysieg? Mitnichten. Einen ruhigen Abend wollten sich die Towerstars offenbar nicht machen. In Überzahl kassierte Hinse eine Strafe, im Viergegen-vier war Lammers mit dem 4:5 zur Stelle. Die restlichen Sekunden Überzahl nutzte Kaufbeuren durch Krauß auch noch zum 5:5.
Wieder ging es zu leicht für die Allgäuer, wieder patzte Ravensburg in der Verteidigung. Es war kein Spiel mit offenem Visier. Es waren offene Scheunentore. Mit dem nächsten Treffer für die Towerstars – Seifert traf zum 6:5. Allerletzte Zweifel beseitigte schließlich Czarnik mit dem 7:5 ins leere Tor. „Manchmal“, meinte Chernomaz, „gibt es einfach solche Spiele.“