Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Dominik Graf möchte keine Verpflicht­ung zur Diversität

Ufa plant Programm gegen Diskrimini­erung – Der Filmregiss­eur befürchtet die Zensur von Stoffen

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HAMBURG (dpa) - In der Debatte um mehr Diversität in Film und Fernsehen äußert sich der bekannte Regisseur Dominik Graf skeptisch. Das Filmuntern­ehmen Ufa plant eine Selbstverp­flichtungs­erklärung, nach der in Zukunft „Frauen, LGBTIQ*, People of Color sowie Menschen mit Beeinträch­tigungen“gemäß ihrem demografis­chen Anteil in Produktion­en vorkommen sollen. Der Wochenzeit­ung „Die Zeit“sagte Graf: „Das Lautsprech­er-Getöse daran erregt den Verdacht, dass der doch überwiegen­de filmische Schwachsin­n, den die Branche produziert, mit einem gesellscha­ftsrelevan­ten Verhaltens­code wettgemach­t werden soll.“

Auf die Frage, ob der Film ein ge- treues Abbild der gesellscha­ftlichen Wirklichke­it schaffen sollte, sagte Dominik Graf: „Das klingt gefährlich nach Zensur der Stoffe.“Graf sagte, er wolle nicht den Anspruch aufgeben, die Welt so „böse“abzubilden wie sie sei. „Für eine Welt, wie sie stattdesse­n sein sollte, fühlen wir uns nicht zuständig. Gewalt und Übergriffe spielen deshalb in unseren Filmen eine große Rolle. Gewalt ist immer präsent in der Gesellscha­ft, und immer ist sie für das Opfer ,herabwürdi­gend’, um einen Begriff aus dieser Selbstverp­flichtung zu verwenden. Dabei ist es ganz egal, welche Hautfarbe oder welches Geschlecht das Opfer hat. Und so muss Gewalt auch dargestell­t werden, sonst verharmlos­en wir sie.“

Der 68-Jährige Graf drehte den „Tatort: In der Familie (1)“vom vorigen Sonntag, führte Regie bei anderen „Tatort“-Krimis, „Polizeiruf 110“Folgen und der Serie „Im Angesicht des Verbrechen­s“, aber auch bei Kinofilmen wie „Die geliebten Schwestern“.

Die Ufa gab neulich bekannt, in ihren Film- und Fernsehpro­duktionen die deutsche Bevölkerun­g vor der

Kamera realistisc­her abbilden zu wollen, etwa was den Anteil an Frauen, Homosexuel­len oder People of Color angeht. Mit „People of Color“sind Menschen gemeint, die Rassismuse­rfahrungen machen oder machen könnten, weil sie nicht als weiß oder westlich wahrgenomm­en werden. Bis 2024 sollen die Ziele erreicht werden.

In anderen Ländern wie Großbritan­nien gibt es schon länger Selbstverp­flichtunge­n in der Filmbranch­e. Die Maßnahme „Diamond“(Diversity Analysis Monitoring Data) von BBC, Channel 4, ITV und Sky soll ein realistisc­heres Gesellscha­ftsabbild gewährleis­ten, also zum Beispiel mehr lesbische oder schwarze Charaktere statt nur weiße Heterofigu­ren ins Programm bringen. Das fällt auch bei Produktion­en wie der britischen Netflix-Serie „Sex Education“auf.

 ?? FOTO: HENNING KAISER/DPA ?? Dominik Graf im Oktober 2020 bei der Verleihung der Film Festival Cologne Awards. Der Regisseur wurde vor allem mit seiner TV-Serie „Im Angesicht des Verbrechen­s“und dem Historienf­ilm über Schillers Liebschaft­en, „Die geliebten Schwestern“, bekannt.
FOTO: HENNING KAISER/DPA Dominik Graf im Oktober 2020 bei der Verleihung der Film Festival Cologne Awards. Der Regisseur wurde vor allem mit seiner TV-Serie „Im Angesicht des Verbrechen­s“und dem Historienf­ilm über Schillers Liebschaft­en, „Die geliebten Schwestern“, bekannt.

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