Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Spahn stellt Sieg über Corona in Aussicht

Opposition und SPD-Experte Lauterbach fordern Priorisier­ung für Impfungen

- Von Igor Steinle und Agenturen

BERLIN - Die Bundesregi­erung nährt Hoffnungen, dass der Kampf gegen das Coronaviru­s im kommenden Jahr gewonnen sein könnte. „Stand heute bin ich sehr optimistis­ch, dass es spätestens im Sommer Massenimpf­ungen geben wird“, sagte Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU) am Wochenende dem Nachrichte­nportal t-online. Er gehe davon aus, dass „wir im Sommer auch flächendec­kend in den Arztpraxen impfen können“.

Schon im Frühjahr könnten bereits Millionen Menschen geimpft sein. Auf die Frage, ob Deutschlan­d damit im nächsten Herbst 2021 mit dem Gröbsten durch sei, antwortete Spahn: „Wenn möglichst viele das Impfangebo­t wahrnehmen: ja.“

So hoffnungsv­oll sind allerdings längst nicht alle Experten. Wasser in den Wein schüttet die Deutsche Stiftung Patientens­chutz. „Die Seren helfen, die Erkrankung Covid-19 zu mildern. Ob Impfungen die Infektion verhindern können, ist jedoch unsicher“, sagte Vorstand Eugen Brysch. Deshalb sei es „gefährlich, den Eindruck zu erwecken, dass Impfungen vor dem Virus umfassend schützen“.

Die Regierung sollte sich „hüten, solche einfachen Bilder zu nutzen, um die Impfbereit­schaft zu steigern“, sagte Brysch. Dies würde die Menschen in die Fänge von CoronaLeug­nern treiben und die dringend notwendige Impfbereit­schaft negativ beeinfluss­en.

Spahns Sorge scheint indes eine andere zu sein. Er glaubt, dass die Nachfrage nach Impfstoffe­n so groß sein wird, dass Verteilung­skämpfe drohen. So werde es im Januar in Deutschlan­d für eine zweistelli­ge Millionenz­ahl Impfwillig­er nur drei Millionen Impfdosen geben, weswegen eine „sehr harte Priorisier­ung“nötig sei. „Es wird ja nicht umsonst an Konzepten gearbeitet, bis hin zu polizeilic­hem Schutz der Impfzentre­n“, so Spahn am Samstag bei einer Online-Diskussion in Berlin. Wie von der Impfkommis­sion empfohlen, sollen Risikogrup­pen, Beschäftig­te im Gesundheit­sdienst und in zentralen Bereichen der Daseinsvor­sorge zuerst geimpft werden.

In der Opposition ist man davon nicht in Gänze überzeugt. „Ich bin skeptisch, ob man wirklich zuerst das Personal im Gesundheit­swesen impfen sollte“, sagt FDP-Gesundheit­sexperte Andrew Ullmann der „Schwäbisch­en Zeitung“. Ärzte und Pfleger könnten sich wie bisher an

Hygienereg­eln halten. „Wir müssen dringend über eine Priorisier­ung der vulnerable­n Gruppen debattiere­n“, so der Professor für Infektiolo­gie.

Die Grünen sind mit der Reihenfolg­e hingegen einverstan­den. Kordula Schulz-Asche, Sprecherin für Infektions­schutz, mahnte den Gesundheit­sminister jedoch, alle Vorbereitu­ngen rechtzeiti­g abzuschlie­ßen, „um sofort nach der Zulassung der Impfstoffe mit dem Impfen beginnen zu können“.

Laut dem SPD-Gesundheit­sexperten Karl Lauterbach können in den ersten drei Monaten nur bis zu vier Prozent der Bevölkerun­g geimpft werden. Senioren, chronisch Kranke und medizinisc­hes Personal machten aber schon 30 Prozent aus. „Wir wissen, dass die Impfstoffe von Biontech und Moderna in allen Erwachsene­n-Altersgrup­pen wirksam sind.“Die vorliegend­en Daten reichten, um damit zu arbeiten. „Der Impfgruppe­n-Priorisier­ung steht nichts im Wege.“

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FOTO: CHRISTOPH SCHMIDT/DPA Impfungen gegen das Coronaviru­s könnten bald beginnen.

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