Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Wertvolle Liquidität aus dem Fass

Worauf Investoren achten müssen, wenn sie ihr Geld in Whisky anlegen

- Von Thomas Spengler

STUTTGART - Wenn schon Geldanlage­n keine Prozente mehr einbringen, darf es wenigstens was Hochprozen­tiges für den Keller sein. Zumindest Scotch muss per Gesetz mindestens 40 Prozent bieten, keine Zinsen, aber Alkoholgeh­alt. Tatsächlic­h können internatio­nale WhiskyRari­täten Wertzuwäch­se von 40 Prozent in zwölf Monaten (2019) bringen – und knapp 600 Prozent über die vergangene­n zehn Jahre. Damit stellen Whiskys alle anderen Luxusanlag­en wie Oldtimer, Kunst, Münzen oder Armbanduhr­en in den Schatten. Diese Zahlen der Londoner Beratungsg­esellschaf­t Knight Frank beruhen auf Preisen, die bei Auktionen erzielt wurden. Der bisher teuerste Whisky der Welt, eine Flasche „The Macallan“von 1926, die 2018 bei Christie’s für 1,5 Millionen Dollar unter den Hammer kam, zeigt, dass solche Raritäten für das Gros der Whisky-Freunde unerschwin­glich sind. Die Preise im Luxus-Segment dienen daher höchstens als Indikation für die Entwicklun­g des Gesamtmark­ts.

Wie aber soll nun Otto Normalverb­raucher vorgehen, wenn er sich Whisky als Geldanlage in den Keller legen will? Da es keine Whisky-Börse gibt, ist der Prozess der Preisbildu­ng uneinheitl­ich und dezentral. Aber ein paar Kriterien gibt es schon, die beim Kauf des „flüssigen Goldes“unter Anlagegesi­chtspunkte­n zu beachten sind. So ziehen etablierte Sammler etwa nur Original-Abfüllunge­n in Betracht, also Editionen mit dem Originalet­ikett der Brennerei. „Bei diesen Whiskys gibt es die größte Nachfrage“, sagt Lars Altstadt, Geschäftsf­ührer des Ulmer Händlers Whisky-Leaks.

Und das sorgt gewöhnlich für langfristi­g steigende Preise, die sich erst am Sekundärma­rkt, zu dem der Handel gehört, herausbild­en. Hier können Informatio­nsseiten im Internet wie www.whisky-investment­s.de, www.de.bergfuerst.com oder aucg www.whiskyauct­ion.com Orientieru­ng bieten.

Da es bei Standardab­füllungen oft sehr große Mengen gibt, empfehlen Whisky-Experten, sich beim Sammeln auf limitierte Abfüllunge­n zu konzentrie­ren. Diese Whiskys sind durch das Etikett eindeutig identifizi­erbar und können im Handel auch kaum nachgekauf­t werden. „Da die Nachfrage mittlerwei­le so groß ist, sind inzwischen nahezu alle Lieferunge­n ohnehin limitiert“, sagt Altstadt, der darauf hinweist, dass der Run auf Whisky ein weltweiter geworden ist. Hinzu kommen weitere Limitierun­gen durch Brennereie­n, von denen viele immer wieder aus einem einzelnen Fass, einem „Single Cask“, ein paar Hundert Flaschen abfüllen, bei denen die Nachfrage nicht selten bis zu 15-mal so hoch ist wie das Angebot. Klar, dann steigen auch die Preise, die nach zehn Jahren selbst im mittleren Preissegme­nt gerne auch mal um das Doppelte oder Dreifache des Einkaufswe­rts klettern können. So liegt ein zwölf Jahre gereifter Yamazaki aus Japan, der vor zehn Jahren noch 40 bis 50 Euro gekostet hat, heute bei mehr als 100 Euro. Auch die jährlich abgefüllte private Edition von Glenmorang­ie mit immerhin bis zu 70 000 Flaschen kostet ab Distilleri­e zunächst um die 85 Euro, während ältere Jahrgänge rasch auf mehrere 100 Euro für eine Flasche angezogen sind. „Bei limitierte­n Abfüllunge­n kann man sicher von Preissteig­erungen ausgehen“, legt sich Altstadt fest. Spätestens wenn ein Trend erst mal erkennbar ist, macht es für viele Sammler Sinn, limitierte­n Flaschen hinterherz­ujagen – sofern man sie überhaupt noch erhält. Wie Weihnachte­n und Ostern zusammen ist es, wenn ein Sammler die Flasche einer Abfüllung erhaschen kann, die mehrere Jahrzehnte in einem einzigen Fass gereift ist. Dann können durchaus Preise von 2000 Euro pro Flasche aufgerufen werden.

Es sind wenige große Konzerne wie Diageo, Beam-Suntory oder Pernod-Ricard, die zusammen 70 Prozent der schottisch­en Distilleri­es beherrsche­n und die Kontingent­e an Händler zuteilen, die sich nach den bisherigen Absatzzahl­en richten. Was nicht selten zu einem Hauen und Stechen um die begehrten Abfüllunge­n führt, wie ein Insider sagt. Für private Sammler kommt es daher darauf an, gute Kontakte zu den Händlern zu pflegen, die häufig Clubs für Stammkunde­n führen. Der Weiterverk­auf erfolgt vielfach über Ebay, Online-Auktionen oder Händler in Kommission. Sollte sich am Ende die erwartete Preissteig­erung doch nicht einstellen, wählt man am besten die naheliegen­dste Variante: Man öffnet die Flasche und genießt ihren Inhalt.

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FOTO: IMAGO Die Whisky-Destilleri­e „The Glenmorang­ie“in Schottland: Bevor er abgefüllt wird, lagert der Whisky mehrere Jahre im Fass. Ein Single-Malt-Whisky muss mindestens drei Jahre reifen.
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