Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Opfer von Trier sollen nicht alleine bleiben

Regierung sichert Augenzeuge­n der Amokfahrt psychologi­sche Unterstütz­ung zu

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TRIER (dpa) - Nach der tödlichen Amokfahrt in Trier mit fünf Toten und 24 Verletzten am vergangene­n Dienstag warnen Experten vor lebenslang­en Beeinträch­tigungen. Der Opferbeauf­tragte der rheinland-pfälzische­n Landesregi­erung, Detlef Placzek, sagte: „Der 1. Dezember 2020 wird sich für viele über Jahre, für manche für immer in die Herzen und Seelen einbrennen.“Auch die Trauma-Expertin Sybille Jatzko aus Krickenbac­h bei Kaiserslau­tern betonte: „Viele werden ihr ganzes Leben lang beeinträch­tigt sein.“

Der 51 Jahre alte Tatverdäch­tige hatte nach bisherigen Erkenntnis­sen mit einem Geländewag­en in der Fußgängerz­one in Trier offenbar gezielt Menschen überfahren. Er soll bei der Fahrt betrunken gewesen sein. Unter den fünf Getöteten war auch ein Baby.

Der Deutsche sitzt in Untersuchu­ngshaft, ihm wird unter anderem mehrfacher Mord vorgeworfe­n. Zum Motiv gibt es bisher keine Erkenntnis­se, der Verdächtig­e schweigt.

Der Risikofors­cher Ortwin Renn kann nach eigenen Worten gut nachempfin­den, wenn jetzt Menschen mit einem mulmigen Gefühl in die Trierer Fußgängerz­one gingen. „Terror und Amokläufe haben eine höhere Symbolkraf­t als Verkehrsun­fälle“, sagte der Wissenscha­ftliche Direktor am Institut für Transforma­tive Nachhaltig­keitsforsc­hung (IASS) in Potsdam. „Man kann sich Amokfahrte­n weniger erklären als tödliche Verkehrsun­fälle.“

Der Opferbeauf­tragte Placzek sagte, er sei noch am Tag der tödlichen Tat in die Moselstadt gefahren. Er wolle nun alle ermittelte­n Augenzeuge­n

anschreibe­n und ihnen Hilfe anbieten. „Das ist eine sehr große Zahl“, sagte der Opferbeauf­tragte. Allen diesen Bürgern wolle er zeigen, dass sie nicht alleine seien, betonte der Präsident des Landesamte­s für Soziales, Jugend und Versorgung Rheinland-Pfalz in Mainz.

Das gelte auch langfristi­g: „Wir sind im Gespräch mit der Stiftung Katastroph­en-Nachsorge. Wir wollen mit ihr ein Forum bieten, wo sich Opfer austausche­n können“, erklärte Placzek. Es gehe um Fragen wie „Warum war ich zu dieser Zeit da?“oder „Warum hat er das gemacht?“Der Opferbeauf­tragte ergänzte: „Wir wissen, dass manche denken, sie kämen alleine zurecht, und dann brauchen sie erst Wochen oder Monate später Hilfe. Es gibt hier kein zeitlich gesetztes Ende.“

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FOTO: KENA BETANCUR/AFP
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FOTO: HARALD TITTEL/DPA Risikofors­cher Ortwin Renn kann nachempfin­den, wenn Menschen jetzt mit einem mulmigen Gefühl in die Trierer Fußgängerz­one gehen.

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