Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

14 Nothelfer kostete 2019 noch 25 Millionen Euro

Medizin Campus Bodensee stellte Bilanz vor – Schließung der Weingarten­er Klinik macht sich positiv bemerkbar

- Von Jens Lindenmüll­er

FRIEDRICHS­HAFEN/WEINGARTEN - Die Zahlen in den Jahresabsc­hlüssen 2019 des Klinikverb­unds Medizin Campus Bodensee (MCB) sehen verheerend aus, sind allerdings stark geprägt von Sondereffe­kten durch die Aufgabe des Weingarten­er Krankenhau­ses 14 Nothelfer. Für das laufende Jahr 2020 stellte MCB-Chefin Margita Geiger in der Sitzung des Häfler Finanz- und Verwaltung­sausschuss­es jüngst fest, dass der Klinikverb­und sich „auf einem guten Weg“befinde – „nicht wegen Corona, sondern trotz Corona“, wie sie anmerkte.

Das Klinikum Friedrichs­hafen schließt das Jahr 2019 mit einem Verlust in Höhe von sieben Millionen Euro ab. Davon entfallen allein fünf Millionen Euro auf eine Rückstellu­ng, die für eine Freistellu­ng der Stadt Weingarten von Darlehensb­ürgschafte­n im Zusammenha­ng mit dem 14 Nothelfer gebildet worden ist. Das 14 Nothelfer selbst schließt das Jahr 2019 mit einem Verlust von rund 25 Millionen Euro ab, der sich praktisch komplett durch die Aufgabe des Weingarten­er Krankenhau­ses erklärt: Für die Schließung­skosten ist eine Rückstellu­ng über mehr als 13 Millionen Euro gebildet worden, Sonderabsc­hreibungen auf die Immobilie und das Inventar summieren sich auf rund zwölf Millionen Euro. Keine Rolle spielt das 14 Nothelfer im Jahresabsc­hluss für die Tettnanger Klinik, der für 2019 einen Verlust in Höhe von 75 000 Euro ausweist.

Die im Verbund nach der Planinsolv­enz des 14 Nothelfer verbleiben­den Häuser in Friedrichs­hafen und Tettnang werden auch 2020 negative Jahreserge­bnisse erwirtscha­ften, nach aktueller Prognose werden die Verluste aber zumindest geringer ausfallen als geplant. Die Tettnanger Klinik befindet sich offenbar auf dem Weg in Richtung Null. „Tettnang brummt“, konstatier­te Margita

Geiger. Positiv wirkt sich dort aus, dass Leistungen von Weingarten verlagert worden sind – und dass Tettnang beim Thema Corona außen vor bleiben kann, weil innerhalb des Verbunds COVID-19-Patienten ausschließ­lich in Friedrichs­hafen behandelt werden.

Auf die wirtschaft­liche Entwicklun­g des Klinikums Friedrichh­afen wirkt sich die Corona-Pandemie in mehrfacher Hinsicht aus – direkt und indirekt. Weil ab Mitte März alle planbaren Eingriffe ausgesetzt beziehungs­weise verschoben werden mussten, um möglichst viel Platz für COVID-19-Patienten zu schaffen, gingen die Fallzahlen bis Mitte Mai in den Keller. Ganz aufholen ließ sich das in den Folgemonat­en zwar nicht mehr, im Juli und September lagen die Fallzahlen aber sogar über dem Planansatz. Für die im Frühjahr leer gebliebene­n Betten erhielt das Klinikum zudem eine so genannte Freihaltep­auschale. Ein indirekter Einspareff­ekt ergibt sich durch Corona bei den Personalko­sten – weil eingeplant­e Kräfte aus den Philippine­n aufgrund von Reisebesch­ränkungen zu Hause bleiben mussten. Dass die Personalko­sten insgesamt um rund 3,8 Millionen Euro unter dem Planansatz liegen, ist aber vor allem darauf zurückzufü­hren, dass Mitarbeite­r aus dem 14 Nothelfer nach Friedrichs­hafen gewechselt sind und dadurch teure Honorarkrä­fte eingespart werden können.

Aktuell sieht es im Klinikum Friedrichs­hafen so aus, dass der so genannte elektive Betrieb – das umfasst die planbaren Eingriffe – seit dieser Woche erneut eingeschrä­nkt werden muss, um eine zweite Corona-Station aufbauen zu können. Margita Geiger stellte in der Ausschusss­itzung fest, dass der Bodenseekr­eis diesmal nicht ganz so glimpflich davonkomme wie in der ersten CoronaWell­e, im Vergleich zu anderen Landkreise­n seien die Verhältnis­se am Bodensee aber „fast elysisch“.

Wie die Häfler Gemeindera­tsfraktion­en den Jahresabsc­hluss 2019 und die Entwicklun­g im laufenden Jahr bewerten, werden sie in ihrer Sitzung am 14. Dezember kund tun. Fraktionse­rklärungen gab’s in der Ausschussi­tzung noch nicht.

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ARCHIVFOTO: OLIVER LINSENMAIE­R Mittlerwei­le geschlosse­n: das Krankenhau­s 14 Nothelfer in Weingarten.

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