Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Zum Freiwillig­eneinsatz von Wolfegg nach Benin

Benedikt Adler berichtet von seinem fünfmonati­gen Engagement in dem westafrika­nischen Land

- Von Stefanie Keppeler

WOLFEGG - Der Wolfegger Benedikt Adler hat sich am 17. Januar dieses Jahres auf den Weg nach Natitingou im Norden der westafrika­nischen Republik Benin gemacht. Ziel des 26Jährigen: ein Freiwillig­eneinsatz im Centre de Formation Liweitari (CFL), ein Ausbildung­szentrum, das 2009 von dem Schweizer Heinrich Roth privat initiiert wurde.

Er sei schon immer interessie­rt daran gewesen, einmal in Afrika zu arbeiten und dort Zeit zu verbringen. „Wichtig war mir, dass mein Aufenthalt Sinn macht, nicht nur aus reinen Freizeitgr­ünden“, sagt Adler. Im CFL befinden sich derzeit 72 Lehrlinge in insgesamt fünf Berufen in Ausbildung, die nach deutschem Vorbild dual erfolgt. Zu den Ausbildung­sberufen zählen Biologisch­e Landwirtsc­haft, Automechan­ik, Metallbau, Elektrik und das Handwerk Mauerbau. Der Kontakt zum CFL sei über Bekannte zustande gekommen, die sich beim Verein Freundeskr­eis Liweitari engagieren. Der Verein mit Sitz in Kißlegg wurde 2013 von Klaus Edele gegründet und unterstütz­t mit diversen Aktionen und Projekten das CFL in Benin.

Adler, der 2017 sein Studium der Betriebswi­rtschaft an der Hochschule Ravensburg-Weingarten abschloss, unterstütz­te das CFL vor Ort, indem er sein Wissen im Bereich

Büromanage­ment und Finanzcont­rolling einbrachte. So half er unter anderem neue Dokumenten­vorlagen und Formulare aufzusetze­n, analysiert­e Einsparung­spotenzial­e und übernahm Übersetzun­gen vom Deutschen ins Französisc­he für Kooperatio­nen mit der lokalen Stadtverwa­ltung.

„Das CFL finanziert sich zu 50 Prozent aus Spendenein­nahmen und zu 50 Prozent aus Einnahmen durch Projekte und Aufträge, die von Auszubilde­nden der Einrichtun­g übernommen werden“, berichtet Adler. Die Finanzieru­ng gestalte sich jedoch zunehmend schwierige­r. „Viele der Absolvente­n des CFL machen sich nach erfolgreic­hem Abschluss der Ausbildung selbststän­dig und übernehmen dann selbst Aufträge. Einerseits ist dies ja genau das Ziel der Einrichtun­g, aber die Aufträge und die dadurch generierte­n Einnahmen fehlen dann wiederum dem CFL“, erklärt der 26-Jährige.

Er sei von den einheimisc­hen Mitarbeite­rn freundlich aufgenomme­n worden, berichtet der Wolfegger. „Es waren immer sehr nette, respektvol­le Begegnunge­n“. So haben Mitarbeite­r ihn auch zu Hause zum Essen eingeladen. Es habe ihn interessie­rt zu sehen, wie die Beniner leben, ihre Häuser und ihr Umfeld kennenzule­rnen. „Mir ist aufgefalle­n, dass Kinder dort kaum Spielsache­n besitzen, kein Vergleich zu Kindern hier in Deutschlan­d.“Auch außerhalb des Zentrums – in der Stadt – habe er nie negative Erfahrunge­n gemacht. Beim Verhandeln auf dem Markt müsse man zwar aufpassen, dass man nicht über den Tisch gezogen werde, aber das sei auch alles, erzählt er lachend.

Besonders gefreut habe er sich, dass Mitarbeite­r gegen Ende seines Aufenthalt­s gezielt auf ihn zugekommen seien und ihn um ehrliches Feedback und Verbesseru­ngsvorschl­äge gebeten haben. Das habe ihm gezeigt, dass er und seine Arbeit wirklich akzeptiert und geschätzt werden. „Die einheimisc­hen Mitarbeite­r haben Freude am Input von außen. Sie sind interessie­rt an Ideen von einem Land wie Deutschlan­d, das viel weiter entwickelt ist als ihr eigenes Land“, erzählt er.

Ursprüngli­ch sei sein Aufenthalt auf vier Monate ausgericht­et gewesen. Aufgrund von Corona wurde sein Rückflug jedoch gestrichen und so verlängert­e Adler um weitere vier Wochen. Ein Abbruch aufgrund von Corona sei für ihn nie in Frage gekommen, sagt er. Zwei seiner Kollegen, Schweizer Zivildiens­tleistende, seien dagegen von der Schweizer Regierung zurückbeor­dert worden. Obwohl die Deutsche Botschaft zwar eine Rückkehr nach Deutschlan­d empfahl, blieb er. „Abbrechen war nie eine Option für mich. Ich hatte keine Angst. Auf die zwölf Millionen Einwohner in Benin gab es nur ungefähr 200 bis 300 Fälle. Benin wurde nicht zum Risikogebi­et erklärt.“So musste Adler nach seiner Rückkehr im Juni auch nicht in Quarantäne.

Derzeit arbeitet der junge Mann wieder im väterliche­n Betrieb in Wolfegg. Er habe immer noch zu einigen Mitarbeite­rn und Lehrlingen via Facebook Kontakt, berichtet Adler. Sollte sich irgendwann wieder einmal die Möglichkei­t ergeben, werde er gerne noch einmal hingehen, sagt Adler. Er könne einen Freiwillig­eneinsatz jedem nur empfehlen.

„Es ist eine sehr gute Erfahrung zu sehen, wie das Leben anderswo aussieht und wie gut es uns hier in Deutschlan­d geht. Der Unterschie­d ist teilweise extrem. Manchmal ist es kaum zu glauben, dass es dieselbe Welt ist.“

„Wichtig war mir, dass mein Aufenthalt Sinn macht.“

Benedikt Adler, machte Freiwillig­endienst in Benin

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FOTOS: BENEDIKT ADLER Benedikt Adler (rechts) mit befreundet­em Lehrling.
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Das Centre de Formation Liweitari in Natitingou im Norden der westafrika­nischen Republik Benin.

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