Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Der sanfte Weg bringt nichts

- Von Claudia Kling c.kling@schwaebisc­he.de

Dass sich der bayerische Ministerpr­äsident mit seinem erneuten Corona-Alleingang nicht nur Freunde macht, war erwartbar. Markus Söder haftet seit Jahren der Ruf an, keine Gelegenhei­t auszulasse­n, um sich gut in Szene zu setzen. Doch die Pandemie lässt auch den CSU-Chef weniger großspurig auftreten. Wenn er jetzt Entschiede­nheit zeigt, geht es ihm in erster Linie um die Sache. Deshalb gibt es an seinem Vorpresche­n bei der Virus-Bekämpfung nichts zu mäkeln – zumal ihm die Zahlen recht geben. Es wäre doch geradezu fahrlässig, wenn er ruhigen Blutes zuschauen würde, wie sich in Passau oder im Landkreis Regen das Coronaviru­s weiter ausbreitet, weil die bisherigen Einschränk­ungen nicht greifen. Rund 19 000 Corona-Tote weist das Robert-Koch-Institut (RKI) inzwischen bundesweit aus, kein anderes Land hat so viele Tote wie Bayern.

Die Kritik an der Politik sollte folglich nicht auf Söder zielen, sondern auf diejenigen, die härtere Corona-Einschränk­ungen fürchten wie der Teufel das Weihwasser und auf bundesweit einheitlic­he Regelungen pochen, auch wenn sie der Ausbreitun­g des Virus nicht angemessen sind. Seit Wochen pfeifen es die Spatzen von den Dächern, und zwar nicht nur beim RKI, dass die Anfang November verordnete­n Regelungen nicht die von Kanzlerin Merkel geforderte „Trendumkeh­r“brachten. Selbst epidemiolo­gischen Laien und freiheitsl­iebenden Bürgern wurde klar, dass der softe Lockdown nur dazu geeignet ist, die Verordnung­en in eine stetige Verlängeru­ng zu führen. Das hat einen Teil der Menschen nicht nur coronamüde, sondern auch verantwort­ungslos gemacht.

Söder hat etwas verstanden, womit sich andere Ministerpr­äsidenten noch schwertun: Wenn sie weiterhin an ihren soften, aber wirkungslo­sen Regelungen festhalten, ist das nicht nur eine Gefahr für die Gesundheit der Bürger, sondern es schürt auch den politische­n Verdruss. Die Menschen haben schon längst begriffen, dass das Coronaviru­s weder Familienfe­iern noch Ferienplän­e respektier­t – und nicht einmal an Weihnachte­n Urlaub macht.

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