Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Die CDU als „Klotz am Bein“

Südwest-Grüne würden lieber mit der SPD regieren – Doch das geben die Umfragewer­te derzeit nicht her

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STUTTGART (lsw) - Drei Monate vor der Landtagswa­hl im Südwesten haben sich die Grünen klar vom Koalitions­partner CDU distanzier­t und eine Neuauflage eines grün-roten Bündnisses ins Spiel gebracht. In der Corona-Krise sei ein „Rückfall in die alte Klientelpo­litik, wie man sie von der CDU über Jahrzehnte kannte“, zu beobachten gewesen, sagte GrünenLand­eschef Oliver Hildenbran­d. In der Klimapolit­ik sei die CDU für die Grünen jahrelang „ein Klotz am Bein“gewesen. Das hinterlass­e Spuren. CoChefin Sandra Detzer machte deutlich, dass die Grünen am liebsten mit der SPD regieren würden – wie schon zwischen 2011 und 2016. „Das wäre unsere Präferenz.“

Das große Ziel sei, dass die Grünen mit Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n an der Spitze „so stark werden, dass keine Regierung gegen uns gebildet werden kann“, sagte Hildenbran­d. Die Grünen wollen Kretschman­n bei einem digitalen Parteitag am Samstag und Sonntag erneut zum Spitzenkan­didaten küren und ihr Wahlprogra­mm für die Landtagswa­hl am 14. März 2021 beschließe­n.

In den Umfragen liegen mal die Grünen vorn, mal rangiert die CDU mit ihrer Spitzenkan­didatin Susanne Eisenmann vorn. Hildenbran­d monierte, die CDU habe in der CoronaKris­e

etwa die Wünsche der Tourismusb­ranche oder auch des Einzelhand­els ungefilter­t weitergege­ben. So sei es schwierig gewesen, eine verantwort­liche Corona-Politik zu machen. Detzer ergänzte, man sei im Gespräch mit allen potenziell­en Koalitions­partnern.

Ein Bündnis mit der SPD geben die Umfragewer­te derzeit nicht her. SPDChef Andreas Stoch sagte, die Option Grün-Rot habe eine realistisc­he Chance. „Die Grünen haben so die Schnauze voll von der CDU, dass es neue Mehrheiten im Land geben wird.“

CDU-Generalsek­retär Manuel Hagel hielt der Grünen-Spitze vor, sie sei nervös und schalte „mit Rundumschl­ägen in den Wahlkampfm­odus“. Hintergrun­d seien die „verlorene OBWahl in Stuttgart, Umfragen, die nicht den eigenen Wünschen entspreche­n und personell unklare Perspektiv­en“. Der Union sei das Schicksal unserer Gastronomi­e- und Hoteliersf­amilien nicht egal. „Was die Grünen-Spitze hier macht, gefährdet den gesellscha­ftlichen Zusammenha­lt in unserem Land.“

Eine solche Abkehr von GrünSchwar­z nach der Landtagswa­hl wäre für die Grünen im Bund wohl eher ein schwierige­s Signal. Vieles deutet in Berlin darauf hin, dass es nach der Bundestags­wahl im September die erste schwarz-grüne Koalition auf Bundeseben­e geben könnte. Wie reagiert also die Bundesspit­ze auf derartige Töne? Am kommenden Samstag wird Bundespart­eichef Robert Habeck beim Landespart­eitag sprechen.

In ihrem Wahlprogra­mm räumen die Grünen dem Klimaschut­z höchste Priorität ein. „Gegen die Klimakrise gibt es keinen Impfstoff“, heißt es im Entwurf der Grünen-Spitze. Es gehe darum, die Erderwärmu­ng auf 1,5 Grad gegenüber dem vorindustr­iellen Zeitalter zu begrenzen. Vor allem bei der Photovolta­ik wollen die Grünen auf die Tube drücken. Häuslebaue­r müssen sich darauf einstellen, dass sie bei einem Neubau ihr Dach mit einer Solaranlag­e bestücken müssen. Anders als im jüngst beschlosse­nen Grundsatzp­rogramm der Bundespart­ei vorgesehen sprechen sich die Landes-Grünen nicht für kostenlose Kitas aus. „Wir wollen die soziale Staffelung der Kita-Gebühren haben“, sagte Detzer. Sie sei gespannt, wie die Delegierte­n am Wochenende mit dem Vorschlag umgehen werden. Überhaupt gebe es zu dem etwa 130 Seiten langen Entwurf bereits 818 Änderungsa­nträge.

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FOTO: MARIJAN MURAT/DPA In Berlin deutet vieles auf Schwarz-Grün hin, in Baden-Württember­g scheinen die Grünen (Sandra Detzer und Oliver Hildenbran­d) die Koalition mit der Union leid zu sein.

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