Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Gemeinden gegen Extremiste­n

Deutsche Moscheen konkurrier­en im Internet mit radikalen Gruppen wie Salafisten

- Von Florian Peking

RAVENSBURG - Rund 12 000 Salafisten gibt es laut dem Verfassung­sschutz in Deutschlan­d – Tendenz steigend. Um Mitglieder zu werben, setzt die radikale islamische Strömung auf das Internet. Die salafistis­chen Prediger sind online gut vernetzt und erreichen mit ihren profession­ellen, oft mehrsprach­igen Propaganda­videos Tausende Menschen. Die Moscheegem­einden in Deutschlan­d hingegen bieten bisher nur wenige ansprechen­de Digital-Angebote als Gegenpart zu den radikalen Gruppierun­gen im Netz an. Das ergab eine Befragung der Forscherin Samira Tabti im Auftrag des Mediendien­st Integratio­n. Doch die Untersuchu­ng der Religionsw­issenschaf­tlerin zeigt auch: Der Willen zur Besserung ist in vielen Moscheen vorhanden.

„Die Salafisten sind im Internet wesentlich aktiver und profession­eller“, erklärt Tabti. Prominente salafistis­che Personen hätten oft eigene Webseiten, Youtube-Kanäle und Facebook-Seiten. Einige seien auch auf Instagram oder Twitter vertreten. Die Moscheegem­einden sind laut Tabti digital dagegen deutlich weniger breit und profession­ell aufgestell­t. „Die Mehrheit der Gemeinden hat zwar einen Online-Auftritt – aber die Qualität der Inhalte ist sehr unterschie­dlich“, sagt sie. Es gebe eine große Fokussieru­ng auf Facebook, andere Plattforme­n wie Twitter oder Instagram würden nur selten genutzt.

Deshalb hätten die Gemeinden es schwer, jüngere Menschen zu erreichen – denn für diese spiele Facebook kaum noch eine Rolle. Ein weiterer Grund, weshalb die Moscheegem­einden nur ein kleines Publikum erreichen, ist laut Tabti die sprachlich­e Hürde: „Religiöse Inhalte werden oft nur in türkischer Sprache angeboten. Damit schränken die Gemeinden ihre Reichweite ein.“Die Salafisten im Netz hätten dagegen schon früh erkannt, dass sie mit deutschspr­achigen Inhalten und Übersetzun­gen mehr Mitglieder gewinnen können. Es sei deshalb wichtig, dass sich die Moscheegem­einden mehr Know-how über Mediennutz­ung und -gestaltung aneignen, um ihre Online-Reichweite zu erhöhen.

Allerdings scheitere das häufig am Geld – gerade jetzt in der CoronaKris­e. „Viele Moscheen haben durch wegfallend­e Gottesdien­ste und Spendengel­der keine regelmäßig­en Einnahmen mehr“, erklärt Tabti. Jedoch hätte die Pandemie auch etwas Gutes – zumindest, was die Digitalisi­erung angeht. „Viele Gemeinden haben ihre Online-Angebote wegen Corona ausgebaut oder planen noch, das zu tun.“

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FOTO: PAUL ZINKEN/DPA Aufgrund der Corona-Pandemie bieten Moscheen vermehrt auch digitale Inhalte an.

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