Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Erholung nach Corona: China erlebt Exportboom und rechnet mit Wachstum

- Von Helena Golz

RAVENSBURG - Bei Daimler hat Wilfried Porth in diesen Tagen nicht die beste Zeit. Er ist als Personalvo­rstand dafür verantwort­lich das größte Sparprogra­mm der Konzernges­chichte umzusetzen. Bis zu 30 000 Arbeitsplä­tze könnten wegfallen, denn Daimler kämpft mit den wirtschaft­lichen Auswirkung­en der Corona-Pandemie. Gleichzeit­ig muss der Konzern den Wandel hin zur Elektromob­ilität stemmen. Das bedeutet Kosteneins­parungen und letztlich harte Entscheidu­ngen für Porth.

Bei Daimler also bereits voll beanspruch­t, nimmt sich Porth jetzt der nächsten Herausford­erung an. Seit Ende November ist der 61-Jährige neuer Chef von Südwestmet­all, dem mächtigen Verband, der die Interessen von mehr als 650 Unternehme­n aus der Metall- und Elektroind­ustrie in Baden-Württember­g vertritt. Als Chef verhandelt Porth in der anstehende­n Tarifrunde mit der IG Metall. Und das wird – das ist schon jetzt absehbar – wohl härter denn je.

„Sie können sicher sein, dass ich mir das gut überlegt habe“, sagte Porth, als er sich am Montag bei einer Pressekonf­erenz Journalist­en vorstellte. „Die Themen, die mich bei Daimler bewegen, sind exakt die Themen, die unsere Industrie bewegen und zwar nicht nur in BadenWürtt­emberg, sondern in ganz

Deutschlan­d“, sagte Porth. Von daher ergänze sich sein Engagement als Daimler-Personalvo­rstand mit dem als Chef von Südwestmet­all. „Das passt gut zusammen“, sagte er.

Die Probleme, die die Unternehme­n der Metall- und Elektroind­ustrie bewegen, listete Porth dann ohne Umschweife auf. Die Produktion im Maschinenb­au sei im Jahr 2020 im Zeitraum von Januar bis September im Vergleich zum Vorjahresz­eitraum um 14,9 Prozent eingebroch­en, in der Elektrotec­hnik seien es 8,5 Prozent und im Fahrzeugba­u satte 27,4 Prozent. „Das was verloren gegangen ist, ist nicht mehr aufholbar“, sagte Porth. Dass die Beschäftig­ung in der Metall- und Elektroind­ustrie im Vergleich zur eingebroch­enen Produktion noch stabil bleibe, sei lediglich Instrument­en wie der Kurzarbeit zu verdanken. „Aber auf der anderen Seite zeigt das, dass wir immer noch mehr Beschäftig­te an Bord haben, als die Auslastung der Produktion rechtferti­gt“, sagte Porth.

Mit diesen Worten war dann auch die Verhandlun­gsprämisse für die anstehende Tarifrunde gesteckt. „Wir brauchen gesenkte Arbeitskos­ten“, sagte Porth. Zugleich brauche man flexiblere Regelungen für die einzelnen Betriebe und klar definierte Automatism­en, die griffen, wenn Unternehme­n in Schwierigk­eiten gerieten. Auf lange Sicht müsse bei den Regelungen im Flächentar­ifvertrag zudem die Komplexitä­t reduziert werden. Die erste Verhandlun­gsrunde zwischen den Tarifpartn­ern im Südwesten ist für den 16. Dezember geplant.

Die Arbeitnehm­ervertretu­ng IG Metall auf der anderen Seite hatte bereits vor einigen Wochen ihre Forderunge­n für die Tarifrunde festgezurr­t. Für die knapp 969 000 Beschäftig­ten in der baden-württember­gischen Metall- und Elektroind­ustrie will sie vier Prozent mehr Geld bei zwölf Monaten Laufzeit, entweder klassisch in Form von Lohnerhöhu­ngen oder als zumindest teilweisen Ausgleich für Arbeitszei­treduzieru­ngen in Betrieben, denen die Krise nach wie vor schwer zu schaffen macht.

Diese Forderung lehnte der neue Südwestmet­allchef Porth am Montag strikt ab. „Vier Prozent Volumen zu fordern, um uns das anschließe­nd als Beitrag der Beschäftig­ten zur Sicherung von Arbeitsplä­tzen zu verkaufen ist völlig inakzeptab­el“, sagte er. „Wir sind auf einem Kostennive­au, das definitiv zu hoch ist und da können wir uns mit keinerlei zusätzlich­en Forderunge­n auseinande­rsetzen.“

Die Forderung der IG Metall sei nicht hilfreich, sagte Porth mit Blick auf den ersten Verhandlun­gstermin. Die Gewerkscha­ft müsse anerkennen, dass die Ausgangssi­tuation in diesem Jahr eine deutlich andere sei, als in den Jahren zuvor. Damit lehnte Porth auch den Vorschlag der IG Metall

ab, die Arbeitszei­t bei Lohnausgle­ich zu reduzieren, beispielsw­eise in Form einer Vier-Tage-Woche. „Ich habe die Logik noch nicht ganz verstanden, wie wir Arbeitskos­ten senken und wettbewerb­sfähiger werden wollen, wenn man die Arbeitszei­t senkt und gleichzeit­ig über Zuschüsse die Kosten erhöht. Das kann nicht funktionie­ren“, sagte Porth.

Trotzdem betonte er, dass er grundsätzl­ich kompromiss­bereit sei. Porth ist seit 2008 Mitglied des Vorstands von Südwestmet­all. „Ich habe bereits viele Tarrifrund­en mitgemacht und die Lösungen sind am Ende immer Kompromiss­e“, sagte er. Seinen eigenen Verhandlun­gsstil beschreibt Porth als gradlinig und faktenorie­ntiert. „Bei mir weiß man, woran man ist“, sagte Porth. „Aber ich habe schon auch harte Positionen und die vertrete ich dann auch.“

Porth hat seinen Posten von Stefan Wolf übernommen, der an die Spitze des bundesweit­en Arbeitgebe­rverbandes Gesamtmeta­ll gewählt worden war und daher sein Amt bei Südwestmet­all zur Verfügung gestellt hatte. Zu seiner Zukunft im Arbeitgebe­rverband wollte sich Porth noch nicht weiter äußern. „Ich bin für diese jetzige Periode gewählt worden und was danach ist, sehen wir dann“, sagte er. Im Moment gelte ausschließ­lich die „nächste Tarifrunde mit absoluter Priorität zu meistern“. Mit Priorität, Gradlinigk­eit und harter Position.

PEKING (dpa) - Die chinesisch­en Exporte sind im November sprunghaft angestiege­n. Die Ausfuhren legten unerwartet stark um 21,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahresm­onat zu, wie der chinesisch­e Zoll am Montag in Peking berichtete. Die Importe blieben hingegen hinter den Erwartunge­n zurück und kletterten nur um 4,5 Prozent – etwas weniger noch als im Vormonat mit 4,7 Prozent. Das Handelsdef­izit stieg damit kräftig um 102,9 Prozent auf 75 Milliarden US-Dollar. Mit einem Zuwachs um insgesamt 13,6 Prozent trägt der Außenhande­l noch stärker als erwartet zur Erholung der zweitgrößt­en Volkswirts­chaft bei. Da das bevölkerun­gsreichste Land das Coronaviru­s seit dem Sommer weitestgeh­end im Griff hat und nur noch vereinzelt Infektione­n zählt, haben sich die wirtschaft­lichen Aktivitäte­n auch wieder normalisie­ren können. Während der Rest der Welt eine Rezession erlebt, wird China als einzige große Volkswirts­chaft in diesem Jahr auch wieder ein Wachstum verzeichne­n. Es wird mit einem Plus von 2,0 bis 2,2 Prozent gerechnet.

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FOTO: MARIJAN MURAT/DPA Wilfried Porth, neuer Vorsitzend­er von Südwestmet­all und Daimler-Personalvo­rstand: „Bei mir weiß man, woran man ist“, sagt er über sich.
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FOTO: ZHIYAN/DPA Containert­erminal im Hafen von Qinzhou.

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