Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Bafin ruft Sparer zu Überprüfung ihrer Verträge auf
Im Streit um die Zinsberechnung von Prämiensparverträgen stellt sich die Finanzaufsicht gegen die Sparkassen
FRANKFURT - Prämiensparverträge sind seit mehreren Jahren ein Zankapfel zwischen Sparkassen und deren Kunden. Diese Sparverträge mit langen Laufzeiten und variablen Zinsen, die häufig vor der Jahrtausendwende verkauft wurden, möchten die Sparkassen gern loswerden. Denn sie werfen für heutige Zeiten hohe Zinsen von 1,5 bis zwei Prozent ab, manchmal sogar mehr. Nun empfiehlt die Finanzaufsicht Bafin Verbrauchern, ihre Prämiensparverträge sorgfältig zu überprüfen. Viele dieser Verträge enthielten Zinsanpassungsklauseln, mit denen die Sparkassen die zugesicherte Verzinsung einseitig ändern könnten, warnt die Bafin ungewöhnlich deutlich. Diese Klauseln aber sind unwirksam, so hat es der Bundesgerichtshof (BGH) schon 2004 entschieden. „Wichtig ist, dass betroffene Sparer jetzt selbst aktiv auf ihre Institute zugehen und sich erläutern lassen, welche Klausel ihr Vertrag ganz konkret enthält,“sagt Bafin-Vizepräsidentin
Elisabeth Roegele. Der nächste Schritt müsse dann sein, zu prüfen, ob diese Klausel rechtskonform sei. Dazu sollten sich die Sparer auch an Verbraucherzentralen wenden, rät Roegele.
Die kämpfen seit Jahren gegen diese Praxis der Institute. Deshalb freut sich Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale BadenWürttemberg, auch über den Schritt der Bafin: „Aus Verbraucherperspektive
ist nicht einzusehen, warum die Banken Unrechtsgewinne, die sie aus der Anwendung rechtswidriger Klauseln erhalten haben, behalten dürfen“, meint er. Seit 2004 spielten die Banken auf Zeit und rechneten die Zinsen nur neu ab, wenn Verbraucher ihre Rechte einforderten. 27 Abmahnungen und Unterlassungsklagen hat allein die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg inzwischen angestrengt, 20 davon seien erfolgreich beendet worden. „Der Gesetzgeber hat dafür Sorge zu tragen, dass festgestellte Missstände wirksam beseitigt werden und das Festhalten an rechtswidrigem Verhalten nicht länger die profitabelste Handlungsoption der Unternehmen bleibt“, fordert Nauhauser.
Den Kunden entgehen durch diese Klauseln bei einer entsprechenden Korrektur bis zu einigen Tausend Euro. Dabei ist seit dem BGHUrteil von 2004 klar, dass diese Zinsanpassungsklauseln vielfach rechtswidrig sind, denn die Banken dürfen die Zinsen nicht einseitig bestimmen. „Dennoch haben sie es bislang nicht für nötig befunden, ihre Kunden über die Fehler in ihren Verträgen zu informieren und ihnen einen Vorschlag zu unterbreiten, wie der Vertrag rechtskonform fortgesetzt werden kann“, ärgert sich Nauhauser. Vor wenigen Tagen hatte die Bafin noch einen Runden Tisch einberufen, am dem sie unter anderem mit den Verbänden der Kreditwirtschaft und Verbraucherschutzorganisationen versucht hatte, kundengerechte Lösungen zu finden – offensichtlich ohne Erfolg. Neben ihrem Verbraucheraufruf prüft die Finanzaufsicht deshalb jetzt auch „konkrete verwaltungsrechtliche Optionen, mit denen das Ziel ausreichender Kundeninformation“erreicht werden könne.
Für die Verzinsung der Prämiensparverträge gab es ursprünglich keine festen Regeln. Die Sparkassen konnten die Kunden also mit einem attraktiven Einstiegszins locken und in den Folgejahren die Verzinsung deutlich senken. Die Verbraucherzentralen haben verschiedene Musterverfahren angestrengt, um dieser Praxis ein Ende zu bereiten.