Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Touristenp­aradies in Gefahr

Australisc­hes Welterbe Fraser Island steht in Flammen –Seltene Tiere und Baumriesen bedroht

- Von Carola Frentzen

FRASER ISLAND (dpa) - Seit sieben Wochen hängen schwere Rauchwolke­n über Fraser Island. Die Flammen fressen sich durch teils unzugängli­ches Buschland und zerstören Meter um Meter die Fläche der größten Sandinsel der Welt im australisc­hen Queensland. Auf Videos ist das Ausmaß der Katastroph­e auszumache­n: Dichte Flammen schlagen in den Himmel, und wo sie schon vorbeigezo­gen sind, bleiben nichts als die Skelette verkohlter Sträucher und Bäume zurück.

Mehr als 80 000 Hektar der bei Touristen aus aller Welt beliebten Welterbest­ätte sind schon zerstört. Das ist mehr als die Hälfte der Insel. Und jetzt bedroht das Feuer auch Ortschafte­n und den einzigarti­gen Regenwald. Experten befürchten eine ökologisch­e Katastroph­e.

Derzeit seien starke Winde das größte Problem der Einsatzkrä­fte, sagte eine Reporterin am Montag im Sender 9News. „Die Crews befinden sich wirklich in einem Kampf gegen die Elemente“, betonte sie. Der Brand, der wahrschein­lich Mitte Oktober von einem illegalen Lagerfeuer

entfacht wurde, hatte in der vergangene­n Woche wegen einer Hitzewelle neu an Fahrt gewonnen.

Fraser Island, der Name steht bei Naturliebh­abern und Australien­fans für türkisfarb­ene Regenwasse­r-Seen wie den Lake McKenzie, abenteuerl­iche Offroad-Touren entlang des 75 Mile Beach und himmelhohe Baumriesen im Valley of the Giants (Tal der Giganten). Seltene reine Dingos, Buckelwale und mehr als 350 Vogelarten leben auf der und rund um die Insel. Hunderttau­sende Besucher aus dem In- und Ausland kommen jedes Jahr für einen Tagestrip oder zum Campen, zudem gibt es Ferienhäus­er und das luxuriöse Kingfisher Bay Resort, das schon seit Tagen von den näher kommenden Flammen bedroht wird.

Mittlerwei­le züngeln die Flammen in Richtung der Ortschaft Happy Valley. Etwa 40 der 50 Bewohner hätten sich entschiede­n, trotz der Warnungen zunächst zu bleiben, um ihre Häuser vor dem Feuer zu verteidige­n, sagte der Chef der Feuerwehr von Queensland, Brian Cox. Viele von ihnen seien als freiwillig­e Feuerwehrl­eute ausgebilde­t. In den wenigen Ansiedlung­en auf der Insel leben weniger als 200 Menschen. Nach Rainbow Beach auf dem Festland sind es nur zehn Minuten mit der Fähre, Brisbane liegt 250 Kilometer nördlich.

„Die Lage ist sehr gefährlich, und die Feuerwehrl­eute können das Fortschrei­ten der Flammen möglicherw­eise bald nicht mehr verhindern“, teilte die Feuerwehr von Queensland mit. „Das Feuer kann eine Bedrohung für alles Leben darstellen, das sich direkt auf seinem Weg befindet.“Mit Dutzenden Bodenkräft­en und zahlreiche­n Löschflugz­eugen sind sie im Einsatz, darunter ein riesiges Tankflugze­ug, das der benachbart­e Bundesstaa­t New South Wales zur Unterstütz­ung geschickt hat. Allein am Sonntag wurden 1,3 Millionen Liter Wasser abgeworfen.

„Wir werden das Feuer heute mit allem bekämpfen, was wir zur Verfügung haben“, sagte Cox am Montag. „Aber die Sanddünen, die wir so lieben, sind nur schwer zu überwinden.“Der Brand wüte größtentei­ls in extrem unwegsamem Gebiet.

Elspeth Murray, die in Happy Valley lebt, sagte im australisc­hen Fernsehen, sie habe sich mit ihren Mitstreite­rn

auf die Feuerfront vorbereite­t. Die Grundstück­e rund um die Häuser hätten sie massiv mit Wasser getränkt. „Wir wissen, was wir tun.“Der Strand sei nur 200 Meter entfernt, „wir haben also einen sicheren Evakuierun­gsplan“.

Murray erzählte, die umliegende Vegetation sei schon zerstört, und das Feuer sei durch das Gestrüpp mittlerwei­le auch im Valley of the Giants angekommen. Mitarbeite­r der örtlichen Feuerwehr berichtete­n bereits von Baumriesen, die im Regenwald in Flammen stünden. Die Giganten, die im Zentrum von Fraser Island auf Sand wachsen, sind teilweise über 1000 Jahre alt. Ihnen gilt ganz besondere Sorge.

Mit einer Länge von 122 Kilometern und einer Breite von etwa 15 Kilometern ist Fraser Island die größte Sandinsel der Erde und doppelt so groß wie Rügen. Es sei „schmerzhaf­t anzusehen, wie die Insel brennt“, sagte Queensland­s Ministerpr­äsidentin Annastacia Palaszczuk. Die Insel sei „ein Juwel in der Krone Queensland­s“. Die Politikeri­n ordnete eine Untersuchu­ng an, die ermitteln soll, wie es zu der Katastroph­e kommen konnte.

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