Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Vermüllung: Jetzt kommen Videokameras
Warum Biberach an den Wertstoffcontainern im Weißen Bild nun die Reißleine zieht
BIBERACH - Es gab Appelle, Hinweisschilder, eine häufigere Reinigung und auch eine bessere Beleuchtung – gebracht hat alles nichts. Der Wertstoffcontainerstandort im Stadtteil „Weißes Bild“fällt seit Langem durch seine permanent starke Vermüllung negativ auf. Jetzt zieht die Biberacher Stadtverwaltung die Reißleine: Ab nächster Woche werden drei Videokameras das Geschehen dort überwachen. Wer dann als Müllsünder ertappt wird, wird zur Kasse gebeten. Der Hauptausschuss billigte dieses Vorgehen am Montagabend.
Auch der Schneefall am Dienstagmorgen überdeckt das traurige Bild nur bedingt: Zwischen den Wertstoffcontainern und darum herum türmt sich der Müll. Die zahlreichen Hinweisschilder scheinen keine Wirkung zu zeigen. Bereits im Sommer hatte Oberbürgermeister Norbert Zeidler angekündigt, dass die Stadt zur Ultima Ratio greifen wolle, wenn andere Maßnahmen keinen Erfolg haben. „Im Weißen Bild ist der Zustand wirklich schlimm und wir haben inzwischen alles versucht, um ihn in den Griff zu bekommen“, sagte Zeidler und zählte die Maßnahmen der vergangenen Jahre auf: häufigere Reinigungsintervalle, mehr Beleuchtung, mehr Ordnungsdienst. Gebracht habe es nichts. „Wir haben dort eine Ausnahmesituation, der wir gerne Herr werden wollen“, so der OB. Es gehe eigentlich um eine Zuständigkeit des Landkreises, der sich die Stadt hier annehme. Das habe man kürzlich auch bei einem Spitzengespräch mit dem Landratsamt betont, so Zeidler.
Nächste Woche werden nun drei Videokameras installiert, die den Bereich der Container rund um die Uhr überwachen, da es sowohl tagsüber als auch nachts zu Müllablagerungen komme. Die Aufnahmen werden eine Woche lang gespeichert. Zugriff auf diese hat eine definierte und schriftlich fixierte Gruppe von städtischen Mitarbeitern. Im Verdachtsfall können sie die Aufnahmen sichten und ein Bußgeldverfahren einleiten. Die Videoüberwachung entspreche den rechtlichen Vorgaben des Landesdatenschutzgesetzes und sei mit dem städtischen Datenschutzbeauftragten abgestimmt, so die Verwaltung. Die Stadt Ehingen praktiziert eine solche Überwachung an einem ihrer Containerstandorte seit 2018. Für die Installation der Anlage fallen Kosten von 21 700 Euro an. Man wolle den Containerstandort dadurch weiterhin erhalten können. Neben der Videoüberwachung hofft man bei der Stadt, dass auch das künftige Recyclingzentrum an der Mittelbiberacher Steige zur Entspannung der Situation beiträgt.
Im Hauptausschuss gab es Zustimmung zum Vorgehen der Stadtverwaltung. „Es gibt Leute, die da inzwischen gar nicht mehr hingehen möchten“, beschrieb Rudolf Metzger (SPD) die aktuellen Zustände. Er hoffe, dass sich das Problem durch die Videoüberwachung nun nicht an einen anderen Standort verlagere. „Wir sind hier nicht auf einem guten Weg, aber es ist der notwendige Weg“, kommentierte Johannes Walter (CDU) die Videoüberwachung. „Und wenn der Landkreis zuständig ist, müsste er sie eigentlich auch bezahlen. Ein Spitzengespräch ist mir da zu wenig.“
Es sei schade, dass es so weit habe kommen müssen, aber in diesem Fall sei ihre Fraktion uneingeschränkt für die Videoüberwachung, sagte Manuela Hölz (Grüne). Auch sie äußerte die Sorge, dass sich der Müll nun an einem anderen Platz türmen könnte und plädierte dafür, bei diesem Thema nochmals Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben.
„Es ist traurig, wenn nur noch Videoüberwachung hilft“, sagte Claudia Reisch (Freie Wähler). Sie sieht das Grundproblem aber auch in unzureichendem Service. „Es wäre gut, wenn die Wertstoffhöfe auch per Bus besser erreichbar wären und wenn die Öffnungszeit des Recyclingzentrums bis 19 Uhr verlängert würde, sodass auch Berufstätige die Chance haben, abends noch hinzufahren“, so Reisch.
Ralph Heidenreich (Linke) nannte das Ganze ein „spannendes Experiment“. Seiner Meinung nach führe die Videoüberwachung nur dazu, dass auch an den anderen Standorten Videoüberwachung kommen müsse. Er selbst lehne das aber ab. Vielmehr gelte es, die Produktion und die Verwendung von Einwegverpackungen zu untersagen.
OB Zeidler kündigte an, dass man im städtischen Mitteilungsblatt nochmals an die Bürger appellieren werde, ihre Wertstoffe korrekt zu entsorgen. Der Landkreis werde sich nicht an den Kosten für die Videoüberwachung beteiligen. Im Gegenzug blieben aber auch die Bußgelder, die dadurch eingenommen werden, bei der Stadt, so Zeidler.