Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Vor 120 Jahren fuhr das erste „Öchsle“
Bahnverbindung zwischen Ochsenhausen und Biberach wurde 1900 fertiggestellt
OCHSENHAUSEN (sz) - In einem normalen Jahr wäre das Jubiläum groß und mit vielen Gästen gefeiert worden: Vor 120 Jahren, im Jahr 1900, wurde die Eisenbahnstrecke zwischen Biberach und Ochsenhausen fertiggestellt. Bis heute fährt das „Öchsle“, die historische Dampfeisenbahn, auf der verbliebenen Strecke Warthausen–Ochsenhausen – an rund 75 Tagen im Jahr. 2020 endete die Saison bereits im Oktober, die beliebten Winter- und Nikolausfahrten wurden, wie auch der Weihnachtsmarkt im Kloster Ochsenhausen, abgesagt. Wie alle Monumente der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württembergs ist das Kloster Ochsenhausen für Besucher aktuell geschlossen.
Der Ursprung der historischen Schmalspurbahn reicht zurück bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts: 1850 wurde die Südbahn, die Verbindung zwischen Ulm und Friedrichshafen, fertiggestellt. Auch zwischen Biberach und Ochsenhausen wünschte man sich eine Eisenbahnstrecke. Aus diesem Grund beschäftigte sich die Königliche Württembergische Staatseisenbahn mit einem möglichen Schienennetz, das von Biberach über Ochsenhausen nach Memmingen führen sollte. Gebaut wurde schließlich die Verbindung von Biberach über Warthausen nach Ochsenhausen – als Schmalspurbahn mit einer Spurweite von 750 Millimetern, die für Württemberg typisch war. Die erste Teilstrecke, von Warthausen nach Ochsenhausen, wurde bereits im November 1899 in Betrieb genommen. Ein Jahr später folgte die Verbindung zwischen Biberach und Warthausen: Sie wurde im März 1900 für den Bahnverkehr freigegeben.
1920 übernahm die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft das „Öchsle“und modernisierte in Teilen die Infrastruktur der Bahnstrecke. Nach dem Zweiten Weltkrieg verlagerte sich der Verkehr zunehmend von der Schiene auf die Straße. Man fuhr lieber mit dem eigenen Auto, und Verkehrsmittel wie die Schmalspurbahn gerieten „aus der Mode“. Der letzte Öchsle-Personenzug fuhr 1964, die Strecke wurde kaum befahren und sollte ab 1981 stillgelegt werden. Zu der Zeit erkannte man den Wert der Schmalspurbahn als technisches Denkmal: Seit 1982 kümmert sich der Öchsle-Schmalspurverein um Schienenstrecke, Fahrzeuge und Gebäude. Rund 50 aktive Mitglieder halten das Öchlse am Laufen und führen an gut 75 Tagen im Jahr Fahrten mit der historischen Dampflokomotive durch. Im September dieses Jahres wurde der Verein für sein bürgerschaftliches Engagement mit dem Bürgerpreis der Denkmalstiftung BadenWürttemberg ausgezeichnet.