Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Ein bisschen Frieden
Sergio Pérez siegt in Sakhir fürs wunde Ego – Für 2021 fehlt dem Mexikaner ein Cockpit
SAKHIR (dpa) - Als Sergio Pérez sich – tief bewegt – zur inneren Einkehr aufs Siegertreppchen setzte, rührte sich wohl auch bei Sebastian Vettel ein wenig das schlechte Gewissen. Der Hesse nämlich ist der Grund, warum der Formel-1-Sensationssieger von Bahrain nach dem nächsten Rennen seinen Arbeitsplatz verliert. „Gratulation an Sergio, klar freue ich mich für ihn und das Team. Sie haben es sich verdient“, sagte Vettel nach dem turbulenten Grand Prix in Sakhir. Und so mancher fragte sich in dieser Wüstennacht, wieso Racing Point diesen Pérez loswerden will und den zuletzt glücklosen Vettel holt.
Der Mexikaner selbst wollte die schlechten Gedanken im Moment des Triumphs nicht zulassen. „Ich bin im Reinen mit mir, das gibt mir ein bisschen mehr Frieden“, sagte der 30-Jährige. „Checo“ist der 110. Grand-PrixGewinner der Königsklasse, keiner seiner Vorgänger hatte länger auf seinen ersten Sieg warten müssen. „Ich habe mein ganzes Leben für einen Augenblick wie diesen gearbeitet“, so der Mann aus Guadalajara, der in Bahrain sein 190. Formel-1-Rennen fuhr.
Nummer 191 beim Saisonfinale am Sonntag in Abu Dhabi könnte sein vorerst letztes werden. Sein Rennstall löst dann vorzeitig den Vertrag mit
Pérez auf. Sein Cockpit beim künftigen Werksteam von Aston Martin bekommt der viermalige Weltmeister Vettel, von dem sich die Bosse mehr Strahlkraft und Titel-Mentalität für das neue Projekt erhoffen. Aktuell sagen die Zahlen etwas anderes: Pérez ist mit 125 Punkten WM-Vierter, Vettel steuert im Frust-Ferrari mit 33 Zählern als 13. auf die schlechteste Saison seiner Karriere zu.
„Was jetzt passiert, liegt nicht in meinen Händen, aber ich würde gern weiterfahren“, sagte Pérez Die letzte Chance auf einen Stammplatz für 2021 bietet Red Bull. Dort hat Alexander Albon bisher meist enttäuscht, die Teamspitze hat Interesse an Pérez bestätigt. Selbst dessen Noch-Chef Lawrence Stroll warb für ein Engagement des Mexikaners bei der Konkurrenz. „Er beweist jedes Wochenende, dass er nächstes Jahr einen Platz in der Formel 1 verdient. Ich hoffe, ihn im Red Bull zu sehen“, sagte der Mäzen von Racing Point. Der kanadische Milliardär selbst hat neben Vettel keinen Job mehr für Pérez, weil er sonst seinem Sohn Lance das Cockpit wegnehmen müsste. „So ist die Formel 1, das ist hart, nicht die besten Fahrer sind in der Formel 1“, klagte Pérez.
Die Entscheidung über den künftigen Teamgefährten Max Verstappens hat Red Bull auf die Zeit nach dem Schlussrennen vertagt. Wie Pérez in Sakhir nach einem unverschuldeten Unfall in Runde eins vom letzten Platz den Sieg eroberte, das war beste Werbung für ihn. Er war da, als Mercedes mit einer kolossalen Boxenstopp-Panne die Doppelführung von Lewis Hamiltons Ersatz George Russell und Valtteri Bottas wegwarf, wurde so (50 Jahre nach Pedro Rodriguez) zweiter Formel-1-Sieger aus Mexiko. Und verriet im Ziel: „Nach den letzten beiden Rennen habe ich mir fest vorgenommen, dass ich hier sein werde. Entweder nächstes Jahr oder eben das Jahr danach.“