Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Halbrunde soll die Handball-Saison retten
Amateur-Handballer sollen Anfang Februar weiterspielen – Gemischte Gefühle bei den Vereinen der Region
RAVENSBURG - Endlich ist der Ligabetrieb für die Handballmannschaften der Region in greifbarer Nähe. Auch für die Landesligisten der HSG Friedrichshafen-Fischbach, die für dieses Jahr das Ziel Klassenerhalt ausgerufen haben. Vom neuen Spielplan, den der Handballverband Württemberg (HVW) ausgetüftelt hat, ist Vereinsvorsitzender Ingo Otlieb jedoch wenig begeistert: „Es wird nur die Rückrunde gespielt, neun Spiele – keines davon spielen wir zu Hause.“
Während im Fußball versucht wird, die Saison mit Play-offs- und -downs zu Ende zu bringen, hat sich der HVW dazu entschlossen, eine sogenannte Halbrunde zu spielen. Die Partien der vergangenen Monate fallen also ersatzlos aus. Wieder losgehen soll es am Wochenende des 6. und 7. Februar – inklusive Hygienekonzept.
„Die Saison wird sozusagen halbiert“, erklärt Michael Roll die Halbrunde. Roll ist Vorsitzender des Präsidiums des Handballverbands Württemberg (HVW). „Ein Team in einer Liga mit 20 Mannschaften spielt also anstatt 38 nur 19 Spieltage, gegen jedes Team einmal.“Die Ergebnisse, die bereits im September und Oktober ausgespielt wurden, werden gewertet. Es sei nicht perfekt, aber die beste Lösung für diese Situation, meint Roll. So sieht das ein Großteil des HVW: Auf dem Verbandstag Ende November stimmten 98 Delegierte für die Halbrunde, neun enthielten sich, 15 waren gegen diesen Modus.
Der Start Anfang Februar setzt jedoch voraus, dass die Mannschaften spätestens Mitte Januar zurück in die Hallen dürfen zum Trainieren. „Drei bis vier Wochen sollten die Frauen und Männer trainieren können, bevor es losgeht“, erklärt Roll. Falls die Politik das verhindere, könne man immer noch Anfang März mit der Halbrunde beginnen. Trainingsstart wäre dann Mitte Februar. Sollte auch im Februar kein Training möglich sein, wäre der Plan des Verbandes geplatzt. „Es gibt keine Garantie, wir können nur so handeln, wie es die Politik vorgibt“, sagt Roll und schiebt hinterher: „Und Winfried Kretschmann ist ja auch eher für Verschärfungen bekannt.“
Ingo Ortlieb von der HSG Friedrichshafen-Fischbach findet gerade die Vorlaufzeit für die Trainingsvorbereitung
wichtig: „Einen Monat vorher sollten wir schon trainieren – allein wegen der Verletzungsprophylaxe.“Gerade wegen des notwendigen Vorlaufs hält Ortlieb das Vorhaben des Verbands für einen „theoretischen Plan“. Angesichts der aktuellen Infektionszahlen und den verschärften Maßnahmen, die mittlerweile bis zum 10. Januar eingehalten werden müssen, glaubt Ortlieb nicht wirklich daran, dass die Halbrunde gespielt wird.
Die Handballerinnen des TV Weingarten sind im Corona-Durcheinander des Frühlings in die Verbandsliga aufgestiegen, und wollen dieses Jahr die Klasse halten. Andreas Glatzer ist Vorsitzender des TVW und findet es gut, dass der Verband für eine klare Ansage sorgt. Die Entscheidung kann er jedoch nicht nachvollziehen. „Ich bin nicht so ganz zufrieden, ich frage mich, warum man den Ligabetrieb nicht abbricht und nächste Saison neu startet.“Im Frühjahr hätte man je nach Infektionsgeschehen Freundschaftsspiele und kleine Turniere austragen können.
Matthias Vetter, Abteilungsleiter der MTG Wangen, ist derweil froh, dass es trotz der Trainings- und Spielausfälle keine größeren Vereinsaustritte gab. „Im Sommer waren alle da, alle haben weitergemacht, das hat mich positiv überrascht.“Vetter sorgt sich dennoch langsam um die Motivation – auch bei den Aktiven, aber vor allem bei der Jugend. Die habe es besonders getroffen, dass im Sommer nur trainiert wurde und alle Turniere, inklusive des Wangener Allgäu Cups, ausgefallen sind. Und jetzt hat der Verband auch noch entschieden, dass die Saison 2020/21 für die Jugend beendet ist – es gibt keine Halbrunde wie bei den Aktiven.
„Oberste Prämisse für die Jugend ist, dass die Qualifikationsrunden gespielt
„Ich finde es schade, dass man das nicht hinbekommen hat.“Matthias Vetter von der MTG Wangen zur Absage der Jugendsaison
werden“, sagt HVW-Obmann Michael Roll. Im Jugendbereich entscheidet jedes Jahr eine Qualifikationsrunde, welche Mannschaften in welcher Klasse spielen. So sollen möglichst ausgeglichene Ligen entstehen. Die Qualifikation für die aktuelle Saison ist ausgefallen, der Verband musste daher die Jugendmannschaften nach eigenem Ermessen einteilen. „Das gab bösen Wind im Sommer“, verrät Roll. „Viele hatten da nur ihren eigenen Verein im Blick. Manche verstehen nicht, dass wir 390 Vereine im Blick haben müssen.“
Der Ärger des Sommers war umsonst – die Jugendsaison ist offiziell beendet. Gerade für die Wangener AJugend ist die Absage und der kategorische Fokus auf die Qualifikationsrunde eine Enttäuschung. Die Jungs des MTG spielen in der Baden-Württemberg-Oberliga und hätten sich gerne gegen Topmannschaften wie Bietigheim oder Heiningen bewiesen. Matthias Vetter befürchtet, dass die lange Zeit ohne Wettkampf an der Begeisterung des einen oder anderen Nachwuchsspielers nagt. „Ich finde es schade, dass man das nicht hinbekommen hat.“
Ob der Verband die Halbrunde bei den Aktiven hinbekommt, muss sich ebenfalls noch zeigen. Bis mindestens Januar fliegen die Handbälle weiter nicht durch die Hallen.