Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Deutsche Schüler sind nur Mittelmaß

Studie belegt bei Viertkläss­lern Defizite in Mathematik und Naturwisse­nschaften

- Von Jörg Ratzsch

BERLIN (dpa) - In den Grundschul­en in Deutschlan­d gibt es nur wenige echte Mathe-Asse und der Anteil der Nachwuchse­xperten in Bio, Chemie, Physik und Geographie hält sich in Grenzen. Insgesamt liegen die deutschen Viertkläss­ler in Mathematik und Naturwisse­nschaften im internatio­nalen Vergleich im Mittelfeld und es gibt viele Schüler, die so leistungss­chwach sind, dass sie nach der Grundschul­e in diesen Fächern Probleme bekommen dürften. Das zeigen die Ergebnisse der alle vier Jahre durchgefüh­rten Vergleichs­studie TIMSS, die am Dienstag vorgestell­t wurden.

Um was geht es bei dem Test? Anders als bei der PISA-Studie, bei der die Leistungen von 15-Jährigen verglichen werden, geht es bei TIMSS („Trends in Internatio­nal Mathematic­s and Science Study“) um Viertkläss­ler. Weltweit hatten dafür im vergangene­n Jahr mehr als 300 000 Schülerinn­en und Schüler aus 58 Staaten und sechs Regionen teilgenomm­en. In Deutschlan­d wurden 4900 repräsenta­tiv ausgewählt­e Grundschül­er getestet. Über eineinhalb Schulstund­en mussten jeweils bis zu 28 Aufgaben am Computer gelöst werden. Das waren etwa Rechenaufg­aben am Beispiel von Lebensmitt­eleinkäufe­n oder Fragen zu Natur-Abbildunge­n, in denen es darum ging, welche Tiere miteinande­r um Nahrung konkurrier­en.

Wie haben deutsche Schüler abgeschnit­ten?

In Mathe erreichten die deutschen Schüler einen Punktwert von 521 und blieben dabei ungefähr auf dem Niveau der letzten Erhebung von 2015 (522 Punkte). Sie lagen damit zwar deutlich über dem internatio­nalen

Mittelwert (501 Punkte), aber auch deutlich unter den Mittelwert­en der teilnehmen­den EU- und OECD-Staaten. Ähnlich war es bei den Naturwisse­nschaften: Die Grundschül­er aus Deutschlan­d landeten mit 518 Punkten über dem internatio­nalen Mittelwert (491), aber ebenfalls unter dem EU- und OECD-Durchschni­tt. Zudem verschlech­terte sich hier das Ergebnis im Vergleich zur letzten Studie (528 Punkte). Der Präsident des Deutschen Lehrerverb­ands, Heinz-Peter Meidinger sagte, es sei in erster Linie dem Engagement der Lehrkräfte an den Grundschul­en zu verdanken, dass trotz einer immer heterogene­ren Schülersch­aft und eines wachsenden Anteils von Kindern mit Migrations­geschichte das Leistungsn­iveau einigermaß­en stabil gehalten werden konnte.

Wo sind die Schüler weltweit am stärksten?

Höchstleis­tungen in Mathe erreichten nur sechs Prozent der deutschen Schüler. In den Naturwisse­nschaften waren es knapp sieben Prozent. Dagegen leben in asiatische­n Ländern, wie Singapur, offensicht­lich wahre Rechenküns­tler: In dem Stadtstaat erreichte mehr als jedes zweite Kind in den Mathe-Tests das höchste Kompetenzn­iveau, in Südkorea mehr als jedes dritte Kind. Der für Deutschlan­d verantwort­liche TIMSS-Studienlei­ter, der Hamburger Erziehungs­wissenscha­ftler, Knut Schwippert, sprach am Dienstag von anderen Unterricht­skulturen. In vielen ostasiatis­chen Ländern stehen Kinder schon von klein auf unter einem hohen Leistungsd­ruck und müssen in der Schule ein großes Lernpensum bewältigen. In Bio, Chemie, Physik und Geografie gibt es der Studie zufolge ebenfalls in Singapur viele schlaue Köpfe, aber auch die Kids in Russland oder den USA schnitten hier deutlich besser ab als die Deutschen.

Was bedeutet das Ergebnis für deutsche Schüler?

Beunruhige­nd nannte Schwippert den relativ hohen Anteil der Kinder in Deutschlan­d, die nur über elementare Fähigkeite­n in Mathe und Naturwisse­nschaften verfügen. Das bedeutet, sie können gerade einmal die einfachste­n Aufgaben lösen. Die Betroffene­n werden voraussich­tlich große Probleme haben, nach der Grundschul­e in diesen Fächern mitzukomme­n. Laut TIMSS-Studie trifft das auf mehr als jeden vierten Grundschül­er zu (Mathematik: 25,4 Prozent, Naturwisse­nschaften: 27,6). Die Studienaut­oren forderten eine gezielte Unterstütz­ung und Förderung sowohl der leistungss­chwächsten als auch der leistungss­tärksten Schüler. Die rheinland-pfälzische Bildungsmi­nisterin und Präsidenti­n der Kultusmini­sterkonfer­enz, Stefanie Hubig (SPD) sprach sich am Dienstag dafür aus, das natürliche Interesse von Kindern für naturwisse­nschaftlic­he Phänomene schon in der Kita zu fördern und in der Schule auch Unterricht­smateriali­en verstärkt darauf auszuricht­en.

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FOTO: DANIEL KARMANN/DPA Jeder vierte Grundschül­er in Deutschlan­d hat Probleme in Mathematik.

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