Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Stadt will unattrakti­ver für Autofahrer werden

Kosten für Sanierung von Bechtergar­ten und Scheffelpl­atz werden auf Pendler umgelegt – Gestaffelt­e Gebühren in Parkhäuser­n

- Von Ruth Auchter-Stellmann

RAVENSBURG - Bis 2040 will Ravensburg klimaneutr­al werden: Im Sommer hat der Gemeindera­t den Startschus­s für den sogenannte­n Klimakonse­ns gegeben. Die Stadtverwa­ltung soll nun Ideen entwickeln, wie man das am besten hinbekommt. Weil aufgrund der angespannt­en Haushaltsl­age außerdem gespart werden muss, liegt ein Fokus auf dem Thema Parken – entspreche­nde Gebühren sollen Geld in die Stadtkasse spülen. Fest steht schon jetzt: Da wird sich im kommenden Jahr einiges ändern. Klar ist laut Bürgermeis­ter Dirk Bastin auch: „Für Autofahrer wird es am Ende nicht billiger.“

Was sind die Ziele? Der öffentlich­e Personenna­hverkehr soll ausgebaut werden – damit sich die Zahl derer, die Bus oder Bahn nehmen, bis 2030 verdoppelt. Dabei setzt Bastin nicht auf kostenlose Nutzung – das habe woanders auch nicht funktionie­rt. Stattdesse­n kann er sich vorstellen, dass zu bestimmten Zeiten die Taktung halbiert wird, dass neue Buslinien eingeführt werden und Haltestell­en an besser gelegenen Stellen dazukommen und außerdem heller ausgeleuch­tet werden. Was tatsächlic­h gemacht wird, entscheide­t der für den ÖPNV zuständige Gemeindeve­rband Mittleres Schussenta­l im kommenden Jahr. In Bezug aufs Auto soll die Motorisier­ungsquote herunterge­fahren werden: Hatten 2017 noch 625 von 1000 Ravensburg­ern ein Auto, will man diese Zahl bis 2040 auf 500 Autos pro 1000 Einwohner drücken. Außerdem soll ab 2030 jeder Autofahrer nur noch ein Drittel so viel durch die Gegend kurven wie jetzt. Das könne nur funktionie­ren, wenn man die Stadt attraktive­r für Busnutzer, Radler und Fußgänger macht – und zugleich unattrakti­ver für Autofahrer, bringt es Bastin auf den Punkt.

Wie sollen die Ziele erreicht werden? Parken wird künftig was kosten – unter anderem auf dem Bechtergar­ten und Scheffelpl­atz in der Ravensburg­er Nordstadt. Dass man seinen Wagen dort bisher kostenlos abstellen kann, käme einer Subvention für Autofahrer gleich, erläutert Bastin. Schließlic­h müsse der Platz für 20 000 bis 50 000 Euro pro Jahr geräumt und gereinigt werden. Dieser finanziell­e Aufwand werde künftig auf die Nutzer umgelegt. Außerdem steckt die Stadt eine sechsstell­ige Summe in die Sanierung von Bechtergar­ten und Scheffelpl­atz – für Fahrbahnen, ausgewiese­ne Stellplätz­e auf eine wassergebu­ndene Fläche. Asphalt kommt nicht infrage, schließlic­h soll dort weiterhin auch das Rutenfest über die Bühne gehen. Folge: Wer dort in Zukunft einen Tag lang sein Auto abstellt, wird wohl um die vier Euro dafür hinlegen müssen. Für Pendler, die in Ravensburg arbeiten, sind allerdings „attraktive Monatsund Jahreskart­en angedacht, die unter 80 Euro liegen müssen“, so der Baubürgerm­eister. Als Bonbon stellt er in Aussicht, dass dann auch die dortigen Toiletten wieder dauerhaft öffnen könnten. Die Stadt will mit dem Geld, das sie durch die Parkgebühr­en einnimmt, den Ausbau von ÖPNV und Radverkehr fördern.

Was ist mit dem Oberschwab­enhallenpa­rkplatz? Dort bleibt das Parken kostenlos. Der Platz soll in ein Parkleitsy­stem eingebunde­n werden – idealerwei­se kombiniert mit einer Park-App, die Auskunft darüber gibt, ob dort noch was frei ist. Auch an den Parkfläche­n der Oberschwab­enhalle wird die Stadt für einen wohl fünfstelli­gen Betrag ein wenig was richten. Zumindest so viel, dass die Autos nicht durch die zahlreiche­n Schlaglöch­er beschädigt werden. Jedenfalls soll es dort „sicher und beleuchtet sein“, wie Bastin ausführt. Über die Bühne geht das freilich erst, nachdem das Kreisimpfz­entrum dort seine Arbeit beendet hat.

Wie sieht es mit den Parkhäuser­n aus? Dorthin sollen all jene gelockt werden, die in der Innenstadt einkaufen oder dort (nach Corona wieder) ausgehen wollen. Obschon die Parkgebühr­en kaum reichen würden, um die Kosten zu decken, soll es für alle, die in der Innenstadt etwas zu erledigen haben, „auf jeden Fall günstiger sein, als oberirdisc­h zu parken“, betont Bastin. Er kann sich sogar vorstellen, dass weniger zahlt, wer in ein Parkhaus oder eine Tiefgarage fährt, wenn diese etwa erst zu 40 Prozent belegt sind – Stichwort dynamische­s Preismodel­l. Auch hier greift die Park-App, die den Kunden mitteilt, welche Belegung und mithin welcher Preis jeweils gerade gilt. Neben den städtische­n Parkhäuser­n sollen auch die Betreiber von Gänsbühlso­wie Frauen- und UntertorPa­rkhaus mit ins Boot. Bastin macht jedoch unmissvers­tändlich klar: Die Stunde kostenlose­s Parken, die aktuell den coronagebe­utelten Einzelhand­el unterstütz­en soll, werde kein Dauermodel­l sein.

Wird es auch künftig oberirdisc­he Stellplätz­e in der Innenstadt geben? Ja – aber weniger. Und die verblieben­en bewirtscha­fteten Parkplätze werden teurer. Ausnahme: Für (geh-)behinderte Menschen sowie zum Be- und Entladen werden weiterhin Stellplätz­e in der Innenstadt vorgehalte­n. Darüber hinaus sollen Stellplätz­e in Ost-, Süd- und Nordstadt in Anwohnerpa­rkplätze umgewandel­t werden – möglicherw­eise auch in der Seestraße. Dort könnte allerdings auch ein neuer Radweg die Stellplätz­e beerben.

Wann wird all das umgesetzt? Bald. Der Gemeindera­t wird schon im ersten oder zweiten Quartal 2021 über die Vorschläge der Stadtverwa­ltung entscheide­n. Sobald das passiert ist, geht es an die Umsetzung – also schon im kommenden Jahr.

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ARCHIVFOTO: BERND ADLER Auf dem Ravensburg­er Scheffelpl­atz ist es künftig vorbei mit dem kostenlose­n Parken.

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