Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Corona beschleunigt Digitalisierung
Beim Projekt „Smart City“der Stadtverwaltung ist Ravensburg in die Top Ten aufgestiegen
RAVENSBURG (vin) - Die Stadt Ravensburg ist in diesem Jahr digitaler geworden. Auch aus den Sachzwängen der Corona-Pandemie heraus: Wegen der Ansteckungsgefahr hat die Verwaltung alle möglichen Dienste digital angeboten. Das reicht von der Verkabelung von Schulen über eine App mit virtuellem Stadtrundgang bis hin zu Online-Formularen fürs Fundbüro. Um noch besser zu werden, soll ein weiterer IT-Fachmann eingestellt werden, der das Projekt in den nächsten drei Jahren vorantreibt. Trotz schlechter Haushaltslage hat der Verwaltungsund Wirtschaftsausschuss die Stelle einstimmig gebilligt. Auf lange Sicht spare die Verwaltung durch die Digitalisierung Geld, hieß es zur Begründung.
„Die Corona-Krise stellt die Gesellschaft und die Stadtverwaltung vor große Herausforderungen. Digitale Handlungsansätze erleben eine noch nie dagewesene Dynamik“, heißt es in der Vorlage zur Sitzung. Im Fokus stehe vor allem der Breitbandausbau, der Basis für jedwede digitale Transformation sei: etwa digitalen Unterricht oder Homeoffice für die Beschäftigten der Ravensburger Unternehmen. Die Pandemie habe auch einen „dringenden Bedarf an digitaler Verwaltungsdienstleistung“hervorgerufen. Eine solche setze jedoch voraus, dass klassische Verwaltungsprozesse von Anfang bis Ende digitalisiert seien, also von der Antragstellung bis zur Bezahlung.
Im Rahmen des Projekts „Smart City“hat sich Ravensburg unter den teilnehmenden Kommunen auch schon nach oben gearbeitet auf der Rangliste: von einem eher hinteren
Platz 73 auf 10. Der für Digitalisierung zuständige Baubürgermeister Dirk Bastin war in der Sitzung mächtig stolz darauf, dass Frankfurt (am Main) den „virtuellen Stadtrundgang“von Ravensburg sogar als „Best-Practice“-Beispiel einer Stadt erwähnt hat, die es besonders gut mache. Gleichwohl betrage der „Digitalisierungsgrad“in Ravensburg erst 30 Prozent. Die beste Kommune in Deutschland, Hamburg, komme auf 45 Prozent. Bastin: „Es gibt also noch Luft nach oben.“
Davon berichtete auch Stadtrat Rolf Engler (CDU), der sich immer freue, wenn er in vermeintlich rückständigen Ländern wie Polen oder den Baltischen Staaten überall WLAN habe. Während es ja in Ravensburg selbst mit dem „Freekey“Netz je nach Wochentag und Uhrzeit nicht immer so toll klappt. Auch Oliver Schneider plädierte dafür, nicht am falschen Ende zu sparen: „Wo wir wirklich gar nicht sparen dürfen, ist am Klimaschutz und an der Digitalisierung“, sagte der FDP-Stadtrat. Ingrid Brobeil-Wolber (Grüne) lobte die Idee der Stadtverwaltung, an Schulen und Kitas strahlungsarme Router einzurichten.
Alle Politiker plädierten dafür, die ursprünglich auf drei Jahre befristete neue IT-Stelle lieber nicht befristet auszuschreiben, weil sich sonst keine gescheiten Bewerber melden würden, da entsprechende Fachleute gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Man könne denjenigen oder diejenige auch nach Projektende gut gebrauchen in der Stadtverwaltung. Folglich wird nur das Projekt befristet, das Arbeitsangebot an sich nicht.