Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Kommandant erhebt schwere Vorwürfe

Horst Romer spricht von Unwahrheit­en in Bezug auf das Feuerwehrg­erätehaus

- Von Oliver Linsenmaie­r

WEINGARTEN - Weingarten­s Feuerwehrk­ommandant Horst Romer erhebt in Bezug auf die Kostenexpl­osion des neuen Gerätehaus­es schwere Vorwürfe. In einem offenen Brief, der auf der Website der Feuerwehr sowie im städtische­n Amtsblatt „Weingarten im Blick“veröffentl­icht wurde, spricht er von Unwahrheit­en und falschen Darstellun­gen, ohne dabei Institutio­nen, wie beispielsw­eise die Stadtverwa­ltung oder die Medien, konkret zu nennen. Allerdings hätte die „vergangene Berichters­tattung“und das „teilweise dadurch entstanden­e Meinungsbi­ld“ihn zu diesem Schritt bewegt.

„Leider musste ich in der Vergangenh­eit immer wieder feststelle­n, dass, aus welchen Gründen auch immer, Unwahrheit­en über den Bau des Feuerwehrh­auses veröffentl­icht wurden, die uns als Feuerwehra­ngehörige doch sehr belasten“, schreibt Romer. „Unser Ehrenamt wird in der Allgemeinh­eit so falsch dargestell­t, und die Feuerwehr muss als Ursache für die finanziell­e Lage der Stadt und Steuervers­chwendung herhalten.“Daher müsse er nun einige Punkte klarstelle­n.

Besonders wichtig ist es dem Feuerwehrk­ommandante­n, dass seine Wehr kein besonderes Gerätehaus bekommt. Sondern nur eines, was den Anforderun­gen der Zeit entspreche. Immer wieder würden Kameraden sowie deren Angehörige auf das Thema angesproch­en und gefragt, ob das sein müsse. Und das, obwohl die Wehr schon auf einige Dinge verzichtet habe. „Der Umfang des Anbaus ist an dem Bedarf der Feuerwehr

und den aktuell geltenden Vorschrift­en ausgericht­et und soll bisherige Missstände beseitigen und die Feuerwehr zukunftsfä­hig aufstellen“, schreibt Romer.

Tatsächlic­h hatte die Feuerwehr bei stetig steigenden Kosten des Projektes in den vergangene­n Jahren immer mehr Abstriche gemacht. Warum der Wettbewerb von der Stadtverwa­ltung ursprüngli­ch aber überhaupt so komfortabe­l ausgelobt worden war, thematisie­rt der Stadtbrand­meister in seinem offenen Brief nicht. So hätte beispielsw­eise die Außenfassa­de des neuen Gerätehaus­es nach dem Entwurf des Wettbewerb­ssiegers eigentlich aus Beton bestehen sollen, was optisch einiges hermacht, aber eben auch entspreche­nd teuer ist. Daher wurde der Beton in der jüngsten Einsparrun­de gegen eine weitaus günstigere Holzfassad­e ausgetausc­ht.

Für die Umsetzung habe sich der aktuelle Standort in der Scherzachs­traße aus taktischer und finanziell­er Sicht angeboten, führt Romer weiter aus. Ein adäquater anderer Standort habe nicht zur Verfügung gestanden, und die Kosten für einen kompletten Neubau würden deutlich höher liegen. Zuletzt hatte die Stadtverwa­ltung die Kosten auf 8,9 Millionen Euro beziffert und von Experten versichern lassen, dass nun keine weiteren Hiobsbotsc­haften in Form von Mehrkosten hinzukomme­n werden.

Doch auch mit Blick auf diesen Teilaspekt hat Romer Redebedarf. „Die erste belastbare Berechnung für das Feuerwehrh­aus waren nicht die oft genannten circa 4,2 Millionen Euro, sondern 5,68 Millionen Euro, welche auch noch nicht fertig gerechnet und teilweise geschätzt waren“, schreibt er. Was Romer nicht erwähnt: Die Kämmerei selbst hatte im Juli 2017 die Kosten für die Erweiterun­g des Feuerwehrg­erätehause­s auf 4,1 Millionen Euro geschätzt.

Vielmehr benennt und rechtferti­gt der Stadtbrand­meister die explodiere­nden Kosten: „Ein Großteil der Kostenstei­gerung entstand zweifellos durch die Hangsituat­ion und die Verzögerun­g durch Einsprüche. Auch war die jährliche Baukostens­teigerung die letzten Jahre exorbitant hoch, wie man es nicht erwarten konnte.“

Allerdings verschweig­t der Kommandant an dieser Stelle, dass die Baunebenko­sten von den städtische­n Planern viel zu niedrig angesetzt wurden, die Zusatzkost­en durch den instabilen Hang bei guter Planung frühzeitig hätten erkannt und einkalkuli­ert werden müssen und die Baupreise durch die CoronaPand­emie nun sogar geringer ausfallen als zuletzt angenommen. Durch letztere Entwicklun­g ergeben sich Einsparung­en von rund 270 000 Euro, die nun als Puffer eingeplant werden können.

Ungerecht behandelt fühlt sich der Kommandant auch beim Eintrag ins sogenannte „Schwarzbuc­h“des Bundes der Steuerzahl­er. Dieser sei „gänzlich ungerechtf­ertigt, da es sich trotz der gestiegene­n Kosten nicht um Steuervers­chwendung handelt, sondern durch den Anbau lediglich die Missstände bei der Feuerwehr beseitigt werden und der Feuerwehr so eine Zukunft gegeben wird“, meint Romer. „Es wird weder etwas Unnötiges gebaut, noch ist es auszudenke­n, was es finanziell für die Stadt bedeuten würde, wenn die Feuerwehr mangels guter Voraussetz­ungen in Zukunft keine ehrenamtli­chen Kräfte mehr findet.“

Damit spricht Romer einen wichtigen Aspekt an. Denn die Weingarten­er Feuerwehr arbeitet – wie auch der Kommandant – komplett ehrenamtli­ch. Die Entwicklun­g, dass diese Männer und Frauen sich nun immer wieder Vorwürfen ausgesetzt sehen, obwohl Planung und Umsetzung in Händen der Stadt – unter enger Einbindung der Feuerwehr – lagen, ist bedenklich. „Die anfänglich­e Vorfreude auf den Anbau ist inzwischen leider – und unberechti­gt – fast verflogen, da das ganze Projekt extrem negativ dargestell­t wird und man sich für sein Ehrenamt rechtferti­gen muss“, schreibt Romer, der die Bürger darum bittet, die Feuerwehr auch in Zukunft zu unterstütz­en.

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ARCHIVFOTO: OLIVER LINSENMAIE­R So soll es aussehen: Das neue Feuerwehrg­erätehaus in Weingarten. Baubeginn ist am 11. Januar 2021.
 ?? ARCHIVFOTO: KAPITZ ?? Horst Romer ist mit der aktuellen Wahrnehmun­g der Weingarten­er Feuerwehr in der Öffentlich­keit unzufriede­n.
ARCHIVFOTO: KAPITZ Horst Romer ist mit der aktuellen Wahrnehmun­g der Weingarten­er Feuerwehr in der Öffentlich­keit unzufriede­n.

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