Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Kommandant erhebt schwere Vorwürfe
Horst Romer spricht von Unwahrheiten in Bezug auf das Feuerwehrgerätehaus
WEINGARTEN - Weingartens Feuerwehrkommandant Horst Romer erhebt in Bezug auf die Kostenexplosion des neuen Gerätehauses schwere Vorwürfe. In einem offenen Brief, der auf der Website der Feuerwehr sowie im städtischen Amtsblatt „Weingarten im Blick“veröffentlicht wurde, spricht er von Unwahrheiten und falschen Darstellungen, ohne dabei Institutionen, wie beispielsweise die Stadtverwaltung oder die Medien, konkret zu nennen. Allerdings hätte die „vergangene Berichterstattung“und das „teilweise dadurch entstandene Meinungsbild“ihn zu diesem Schritt bewegt.
„Leider musste ich in der Vergangenheit immer wieder feststellen, dass, aus welchen Gründen auch immer, Unwahrheiten über den Bau des Feuerwehrhauses veröffentlicht wurden, die uns als Feuerwehrangehörige doch sehr belasten“, schreibt Romer. „Unser Ehrenamt wird in der Allgemeinheit so falsch dargestellt, und die Feuerwehr muss als Ursache für die finanzielle Lage der Stadt und Steuerverschwendung herhalten.“Daher müsse er nun einige Punkte klarstellen.
Besonders wichtig ist es dem Feuerwehrkommandanten, dass seine Wehr kein besonderes Gerätehaus bekommt. Sondern nur eines, was den Anforderungen der Zeit entspreche. Immer wieder würden Kameraden sowie deren Angehörige auf das Thema angesprochen und gefragt, ob das sein müsse. Und das, obwohl die Wehr schon auf einige Dinge verzichtet habe. „Der Umfang des Anbaus ist an dem Bedarf der Feuerwehr
und den aktuell geltenden Vorschriften ausgerichtet und soll bisherige Missstände beseitigen und die Feuerwehr zukunftsfähig aufstellen“, schreibt Romer.
Tatsächlich hatte die Feuerwehr bei stetig steigenden Kosten des Projektes in den vergangenen Jahren immer mehr Abstriche gemacht. Warum der Wettbewerb von der Stadtverwaltung ursprünglich aber überhaupt so komfortabel ausgelobt worden war, thematisiert der Stadtbrandmeister in seinem offenen Brief nicht. So hätte beispielsweise die Außenfassade des neuen Gerätehauses nach dem Entwurf des Wettbewerbssiegers eigentlich aus Beton bestehen sollen, was optisch einiges hermacht, aber eben auch entsprechend teuer ist. Daher wurde der Beton in der jüngsten Einsparrunde gegen eine weitaus günstigere Holzfassade ausgetauscht.
Für die Umsetzung habe sich der aktuelle Standort in der Scherzachstraße aus taktischer und finanzieller Sicht angeboten, führt Romer weiter aus. Ein adäquater anderer Standort habe nicht zur Verfügung gestanden, und die Kosten für einen kompletten Neubau würden deutlich höher liegen. Zuletzt hatte die Stadtverwaltung die Kosten auf 8,9 Millionen Euro beziffert und von Experten versichern lassen, dass nun keine weiteren Hiobsbotschaften in Form von Mehrkosten hinzukommen werden.
Doch auch mit Blick auf diesen Teilaspekt hat Romer Redebedarf. „Die erste belastbare Berechnung für das Feuerwehrhaus waren nicht die oft genannten circa 4,2 Millionen Euro, sondern 5,68 Millionen Euro, welche auch noch nicht fertig gerechnet und teilweise geschätzt waren“, schreibt er. Was Romer nicht erwähnt: Die Kämmerei selbst hatte im Juli 2017 die Kosten für die Erweiterung des Feuerwehrgerätehauses auf 4,1 Millionen Euro geschätzt.
Vielmehr benennt und rechtfertigt der Stadtbrandmeister die explodierenden Kosten: „Ein Großteil der Kostensteigerung entstand zweifellos durch die Hangsituation und die Verzögerung durch Einsprüche. Auch war die jährliche Baukostensteigerung die letzten Jahre exorbitant hoch, wie man es nicht erwarten konnte.“
Allerdings verschweigt der Kommandant an dieser Stelle, dass die Baunebenkosten von den städtischen Planern viel zu niedrig angesetzt wurden, die Zusatzkosten durch den instabilen Hang bei guter Planung frühzeitig hätten erkannt und einkalkuliert werden müssen und die Baupreise durch die CoronaPandemie nun sogar geringer ausfallen als zuletzt angenommen. Durch letztere Entwicklung ergeben sich Einsparungen von rund 270 000 Euro, die nun als Puffer eingeplant werden können.
Ungerecht behandelt fühlt sich der Kommandant auch beim Eintrag ins sogenannte „Schwarzbuch“des Bundes der Steuerzahler. Dieser sei „gänzlich ungerechtfertigt, da es sich trotz der gestiegenen Kosten nicht um Steuerverschwendung handelt, sondern durch den Anbau lediglich die Missstände bei der Feuerwehr beseitigt werden und der Feuerwehr so eine Zukunft gegeben wird“, meint Romer. „Es wird weder etwas Unnötiges gebaut, noch ist es auszudenken, was es finanziell für die Stadt bedeuten würde, wenn die Feuerwehr mangels guter Voraussetzungen in Zukunft keine ehrenamtlichen Kräfte mehr findet.“
Damit spricht Romer einen wichtigen Aspekt an. Denn die Weingartener Feuerwehr arbeitet – wie auch der Kommandant – komplett ehrenamtlich. Die Entwicklung, dass diese Männer und Frauen sich nun immer wieder Vorwürfen ausgesetzt sehen, obwohl Planung und Umsetzung in Händen der Stadt – unter enger Einbindung der Feuerwehr – lagen, ist bedenklich. „Die anfängliche Vorfreude auf den Anbau ist inzwischen leider – und unberechtigt – fast verflogen, da das ganze Projekt extrem negativ dargestellt wird und man sich für sein Ehrenamt rechtfertigen muss“, schreibt Romer, der die Bürger darum bittet, die Feuerwehr auch in Zukunft zu unterstützen.