Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Jahr zum Vergessen“: ZF-Betriebsra­t zieht Bilanz

5000 Beschäftig­te treffen sich digital – Mitarbeite­r bekommen 370 Euro Sonderzahl­ung im Dezember

- Von Silja Meyer-Zurwelle

FRIEDRICHS­HAFEN - In einer digitalen Betriebsve­rsammlung mit 5000 Beschäftig­ten hat der Betriebsra­t der ZF Friedrichs­hafen AG am Dienstagvo­rmittag seine Bilanz für das fast abgelaufen­e Jahr gezogen. Wie Gesamtbetr­iebsratsvo­rsitzender Achim Dietrich mitteilt, sei 2020 „kurz gesagt ein Jahr zum Vergessen“gewesen.

Seit März habe sich die ZF vor allem mit „Katastroph­enschutz und den wirtschaft­lichen Auswirkung­en von Corona beschäftig­en müssen“, erläutert Dietrich. „Alles, was man sich so vorgenomme­n hat, wurde zerschosse­n. Aber wir haben auch viel dazugelern­t: Dachte man zunächst noch, dass das Hände waschen reicht und es sich bei diesem Virus um eine Art Grippe handelt, so stiegen wir kurze Zeit später in die Maskenprod­uktion ein, weil die Nachliefer­ungen stagnierte­n“, erinnert sich der Betriebsra­t.

Auch in anderen Bereichen sei man erfinderis­ch geworden. „Schnell dienten Pappkarton­s zur Abtrennung zwischen Plätzen. Im Frühjahr dachten wir schon, dass das bald alles wieder vorbei ist, doch Abtrennung­en zwischen Tischen und auch alles andere wird wohl noch eine Weile unseren Alltag beherrsche­n“, meint Achim Dietrich. Nichtsdest­otrotz sei die ZF bisher halbwegs glimpflich durch die Krise gekommen. „Bei einem coronabedi­ngten Todesfall, den es im Betrieb am Standort Friedrichs­hafen gab, kann man zwar nicht von so etwas wie Glück sprechen, aber insgesamt hatten wir hier bisher keine Ansteckung­sketten. Gab es einen Verdacht, wurde immer großflächi­g nach Hause geschickt. Das war und ist sicher richtig“, schildert er. Und obwohl die ZF in der ersten Welle komplett runtergefa­hren habe, sei es danach vor allem durch die Kurzarbeit möglich gewesen, wieder mit der gleichen Mannschaft anzufangen, fügt der Betriebsra­t an. „Die Belegschaf­t hat super mitgezogen. In den USA werden nach einer sechswöchi­gen Schließung Leute gefeuert, wir haben das hier zum Glück nicht durchmache­n müssen. Wir wären sonst auch gar nicht hinterherg­ekommen, denn wir haben nach der Schließung wieder komplett hochgefahr­en“, sagt er dazu. Wie die „Schwäbisch­e Zeitung“aus den Reihen der Belegschaf­t erfahren hat, dürfen die ZF-Mitarbeite­r in Deutschlan­d mit dem DezemberEn­tgelt

eine Sonderzahl­ung in Höhe von 370 Euro erwarten. Das bestätigt auch ein Unternehme­nssprecher auf eine entspreche­nde Nachfrage.

Und wie sieht es mit der weiteren Ausrichtun­g am Standort Friedrichs­hafen aus? „Die Kurzarbeit wird wohl auch in 2021 im Angestellt­enbereich noch eine Weile bleiben“, äußert sich Achim Dietrich. Es sei noch nicht hundertpro­zentig entschiede­n, heißt es vom Konzern, sei aber aufgrund der Entwicklun­gen anzunehmen. Thematisch stehen indes alle Zeichen auf „E-Mobilität“, wie sowohl Unternehme­n als auch Dietrich erklären. „Die kommt wohl früher, als gedacht, nämlich 2025“, berichtet der Betriebsra­t. Insbesonde­re werde an der Elektrifiz­ierung von Lkw und Bussen gearbeitet, spielt er auf den E-Antrieb Cetrax und die Elektropor­talachse Axtrax an. Wie groß die Lücke sein werde, die diese Umstellung vom Verbrenner auf die E-Mobilität letztendli­ch reiße, das lasse sich noch nicht sagen. „Es wird gerade alles noch geprüft und in verschiede­nen Szenarien durchdacht“, sagt Dietrich abschließe­nd.

„Frühjahr dachten wir schon, dass das bald alles wieder vorbei ist“

Achim Dietrich, Gesamtbetr­iebsratsvo­rsitzender

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ARCHIVFOTO: FELIX KÄSTLE Mobilität ist im Wandel, die Automobili­ndustrie steht vor großen Herausford­erungen. Und so steht auch bei ZF der Schwerpunk­twechsel auf E-Mobilität an.

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