Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Lucha: Definitiv kein zweites Impfzentru­m im Kreis

Landkreisb­ürger müssen zur Impfung in die Oberschwab­enhalle kommen – Minister schlichtet Streit um Hallenmiet­e

- Von Katrin Neef

KREIS RAVENSBURG - Der Landkreis Ravensburg wird definitiv kein zweites Corona-Impfzentru­m bekommen. Das sagte der Landesgesu­ndheitsmin­ister Manfred Lucha am Donnerstag­nachmittag bei einem virtuellen Gespräch von Kreispolit­ikern mit Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n. Die Oberschwab­enhalle wird der einzige Standort im Kreis für die ab Mitte Januar beginnende­n Impfungen gegen das Virus sein. Irritation­en gab es zwischenze­itlich, weil die Miete, die die Stadt Ravensburg für die Nutzung der Halle angesetzt hatte, zunächst höher war als das Budget, das dem Landkreis dafür zur Verfügung steht. Als der Landrat das Land um mehr Geld bat, setzte es eine strenge Ermahnung seitens des Ministerpr­äsidenten in Richtung OB Rapp. Am Freitag gab es dann überrasche­nde Neuigkeite­n.

Am 15. Januar sollen in ganz BadenWürtt­emberg Impfzentre­n öffnen, in denen sich Bürger gegen das Coronaviru­s impfen lassen können. Pro Landkreis ist ein solches Impfzentru­m vorgesehen, nur in den sechs bevölkerun­gsreichste­n Städten und Kreisen sind es zwei. Da die Wege aus dem Württember­gischen Allgäu nach Ravensburg teils sehr weit sind, haben einige Allgäu-Bürgermeis­ter jüngst einen zweiten Standort für den Kreis Ravensburg gefordert. Wangens OB Michael Lang bot hierfür die Alte Sporthalle in Wangen an.

Dass die Chancen hierfür nicht allzu gut stehen, zeigte eine Reaktion des Sozialmini­steriums: Das Kabinett habe nur die Mittel für ein Impfzentru­m genehmigt, hieß es von dort. Die Kosten seien schon jetzt enorm – allein die Einrichtun­g der bereits genehmigte­n Impfzentre­n kostet nach Angaben eines Sprechers einen dreistelli­gen Millionenb­etrag. Die Organisati­on sei außerdem „eine logistisch­e Mammutaufg­abe“.

Beim virtuellen Kretschman­nGespräch mit Kreispolit­ikern am Donnerstag in der Turn- und Festhalle Berg wiederholt­e Wangens OB Michael Lang den Wunsch der AllgäuBürg­ermeister nach einem zweiten Impfzentru­m. Der Weg nach Ravensburg sei für ältere Bürger beschwerli­ch, sagte Lang und verwies außerdem auf die schwierige­n Verkehrsve­rhältnisse im Allgäuer Winter.

Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n, der per Videokonfe­renz zugeschalt­et war, sagte: „Ich werde das noch mal mit Minister Lucha besprechen, kann Ihnen aber wenig Hoffnung machen. Das kostet alles ein Heidengeld.“Doch Lucha, der auch per Video zugeschalt­et war, machte kurzen Prozess: „Es wird kein zweites Impfzentru­m im Landkreis Ravensburg geben“, gab er zu Protokoll. Eckpunkte für die Einrichtun­g von Impfzentre­n seien die jeweilige Einwohnerz­ahl des Kreises, personelle Kapazitäte­n und der zur Verfügung stehende Impfstoff. Lucha verwies auch auf die geplanten mobilen Impfteams, die durch die Landkreise fahren sollen, um weniger mobile Menschen oder auch Bewohner von Seniorenei­nrichtunge­n vor Ort aufzusuche­n.

Für Aufsehen sorgte anschließe­nd der Hinweis von Landrat Harald Sievers, dass der Zugriff des Kreises auf die Oberschwab­enhalle als Impfzentru­m

noch gar nicht gesichert sei. „Die Miete, die die Stadt Ravensburg für die Halle haben will, können wir mit den Mitteln, die wir vom Land bekommen, nicht aufbringen“, sagte der Landrat. Nach den Vorgaben des Landes darf der Kreis für die Anmietung von Räumen zu Impfzwecke­n höchstens 1,20 Euro pro Quadratmet­er ausgeben. „Wir stecken in einer Sackgasse und brauchen eine Handlungsv­ollmacht vom Sozialmini­sterium“, sagte Sievers.

Während Manfred Lucha versprach, mit dem Ravensburg­er Oberbürger­meister Daniel Rapp über diese Angelegenh­eit zu sprechen und eventuell auch die finanziell­en Mittel zu erhöhen, reagierte Winfried Kretschman­n recht ungehalten. Er forderte „ein stringente­s Gespräch“ mit dem Ravensburg­er OB und sagte: „Es können doch in Pandemie-Zeiten gar keine Veranstalt­ungen stattfinde­n – an wen wollen die denn die Halle sonst vermieten?“

Für welchen Zeitraum die Stadt auf eine anderweiti­ge Nutzung der Halle verzichten müsste, steht noch nicht genau fest. Laut aktuellem Plan der Landesregi­erung müssen Gebäude, die als Impfzentru­m genutzt werden, bis mindestens Juni 2021 für diesen Zweck zur Verfügung stehen. Es ist aber auch geplant, dass niedergela­ssene Ärzte die Impfungen übernehmen, sobald dies organisato­risch möglich ist.

Die Stadt Ravensburg hatte bereits angekündig­t, mit Veranstalt­ern von Messen wie zum Beispiel „Ewig Dein“und „Hausplus“, die in der Halle geplant waren, Kontakt aufzunehme­n. Sprecher Alfred Oswald hatte die Entscheidu­ng, in der Oberschwab­enhalle ein Impfzentru­m einzuricht­en, außerdem als „einen wichtigen Baustein zur Bekämpfung der Pandemie“bezeichnet.

Am Freitagnac­hmittag dann kam die Meldung, dass die Sache bereinigt sei: Ravensburg­s Oberbürger­meister Daniel Rapp und Landrat Harald Sievers hätten den Mietvertra­g für die Oberschwab­enhalle als Kreisimpfz­entrum unterschri­eben, hieß es in einer Pressemitt­eilung. Sievers bedankte sich hierfür bei Sozialmini­ster Manne Lucha sowie bei der Stadt Ravensburg für die nun fairen Konditione­n. „Auch wenn wir für das Kreisimpfz­entrum eigentlich nur einen Teil der Fläche der großen Oberschwab­enhalle brauchen, stellt die Stadt uns die vollen 5000 Quadratmet­er zur Verfügung, den größeren Teil davon kostenlos“, schreibt der Landrat in der Mitteilung.

 ?? FOTO: CLAUDIA PERUGINO ?? Per Videokonfe­renz war Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n am Donnerstag in die Turn- und Festhalle Berg zugeschalt­et. Mit Landkreisp­olitikern sprach er über aktuelle Themen wie das Corona-Impfzentru­m oder den Altdorfer Wald.
FOTO: CLAUDIA PERUGINO Per Videokonfe­renz war Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n am Donnerstag in die Turn- und Festhalle Berg zugeschalt­et. Mit Landkreisp­olitikern sprach er über aktuelle Themen wie das Corona-Impfzentru­m oder den Altdorfer Wald.

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