Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Lucha: Definitiv kein zweites Impfzentrum im Kreis
Landkreisbürger müssen zur Impfung in die Oberschwabenhalle kommen – Minister schlichtet Streit um Hallenmiete
KREIS RAVENSBURG - Der Landkreis Ravensburg wird definitiv kein zweites Corona-Impfzentrum bekommen. Das sagte der Landesgesundheitsminister Manfred Lucha am Donnerstagnachmittag bei einem virtuellen Gespräch von Kreispolitikern mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Die Oberschwabenhalle wird der einzige Standort im Kreis für die ab Mitte Januar beginnenden Impfungen gegen das Virus sein. Irritationen gab es zwischenzeitlich, weil die Miete, die die Stadt Ravensburg für die Nutzung der Halle angesetzt hatte, zunächst höher war als das Budget, das dem Landkreis dafür zur Verfügung steht. Als der Landrat das Land um mehr Geld bat, setzte es eine strenge Ermahnung seitens des Ministerpräsidenten in Richtung OB Rapp. Am Freitag gab es dann überraschende Neuigkeiten.
Am 15. Januar sollen in ganz BadenWürttemberg Impfzentren öffnen, in denen sich Bürger gegen das Coronavirus impfen lassen können. Pro Landkreis ist ein solches Impfzentrum vorgesehen, nur in den sechs bevölkerungsreichsten Städten und Kreisen sind es zwei. Da die Wege aus dem Württembergischen Allgäu nach Ravensburg teils sehr weit sind, haben einige Allgäu-Bürgermeister jüngst einen zweiten Standort für den Kreis Ravensburg gefordert. Wangens OB Michael Lang bot hierfür die Alte Sporthalle in Wangen an.
Dass die Chancen hierfür nicht allzu gut stehen, zeigte eine Reaktion des Sozialministeriums: Das Kabinett habe nur die Mittel für ein Impfzentrum genehmigt, hieß es von dort. Die Kosten seien schon jetzt enorm – allein die Einrichtung der bereits genehmigten Impfzentren kostet nach Angaben eines Sprechers einen dreistelligen Millionenbetrag. Die Organisation sei außerdem „eine logistische Mammutaufgabe“.
Beim virtuellen KretschmannGespräch mit Kreispolitikern am Donnerstag in der Turn- und Festhalle Berg wiederholte Wangens OB Michael Lang den Wunsch der AllgäuBürgermeister nach einem zweiten Impfzentrum. Der Weg nach Ravensburg sei für ältere Bürger beschwerlich, sagte Lang und verwies außerdem auf die schwierigen Verkehrsverhältnisse im Allgäuer Winter.
Ministerpräsident Winfried Kretschmann, der per Videokonferenz zugeschaltet war, sagte: „Ich werde das noch mal mit Minister Lucha besprechen, kann Ihnen aber wenig Hoffnung machen. Das kostet alles ein Heidengeld.“Doch Lucha, der auch per Video zugeschaltet war, machte kurzen Prozess: „Es wird kein zweites Impfzentrum im Landkreis Ravensburg geben“, gab er zu Protokoll. Eckpunkte für die Einrichtung von Impfzentren seien die jeweilige Einwohnerzahl des Kreises, personelle Kapazitäten und der zur Verfügung stehende Impfstoff. Lucha verwies auch auf die geplanten mobilen Impfteams, die durch die Landkreise fahren sollen, um weniger mobile Menschen oder auch Bewohner von Senioreneinrichtungen vor Ort aufzusuchen.
Für Aufsehen sorgte anschließend der Hinweis von Landrat Harald Sievers, dass der Zugriff des Kreises auf die Oberschwabenhalle als Impfzentrum
noch gar nicht gesichert sei. „Die Miete, die die Stadt Ravensburg für die Halle haben will, können wir mit den Mitteln, die wir vom Land bekommen, nicht aufbringen“, sagte der Landrat. Nach den Vorgaben des Landes darf der Kreis für die Anmietung von Räumen zu Impfzwecken höchstens 1,20 Euro pro Quadratmeter ausgeben. „Wir stecken in einer Sackgasse und brauchen eine Handlungsvollmacht vom Sozialministerium“, sagte Sievers.
Während Manfred Lucha versprach, mit dem Ravensburger Oberbürgermeister Daniel Rapp über diese Angelegenheit zu sprechen und eventuell auch die finanziellen Mittel zu erhöhen, reagierte Winfried Kretschmann recht ungehalten. Er forderte „ein stringentes Gespräch“ mit dem Ravensburger OB und sagte: „Es können doch in Pandemie-Zeiten gar keine Veranstaltungen stattfinden – an wen wollen die denn die Halle sonst vermieten?“
Für welchen Zeitraum die Stadt auf eine anderweitige Nutzung der Halle verzichten müsste, steht noch nicht genau fest. Laut aktuellem Plan der Landesregierung müssen Gebäude, die als Impfzentrum genutzt werden, bis mindestens Juni 2021 für diesen Zweck zur Verfügung stehen. Es ist aber auch geplant, dass niedergelassene Ärzte die Impfungen übernehmen, sobald dies organisatorisch möglich ist.
Die Stadt Ravensburg hatte bereits angekündigt, mit Veranstaltern von Messen wie zum Beispiel „Ewig Dein“und „Hausplus“, die in der Halle geplant waren, Kontakt aufzunehmen. Sprecher Alfred Oswald hatte die Entscheidung, in der Oberschwabenhalle ein Impfzentrum einzurichten, außerdem als „einen wichtigen Baustein zur Bekämpfung der Pandemie“bezeichnet.
Am Freitagnachmittag dann kam die Meldung, dass die Sache bereinigt sei: Ravensburgs Oberbürgermeister Daniel Rapp und Landrat Harald Sievers hätten den Mietvertrag für die Oberschwabenhalle als Kreisimpfzentrum unterschrieben, hieß es in einer Pressemitteilung. Sievers bedankte sich hierfür bei Sozialminister Manne Lucha sowie bei der Stadt Ravensburg für die nun fairen Konditionen. „Auch wenn wir für das Kreisimpfzentrum eigentlich nur einen Teil der Fläche der großen Oberschwabenhalle brauchen, stellt die Stadt uns die vollen 5000 Quadratmeter zur Verfügung, den größeren Teil davon kostenlos“, schreibt der Landrat in der Mitteilung.