Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Kretschman­n nimmt Stellung zu Kies und Altdorfer Wald

Klare Worte vom Ministerpr­äsidenten: Deshalb bleibt der Pachtvertr­ag mit dem Kiesuntern­ehmen bestehen

- Von Katrin Neef

KREIS RAVENSBURG - Die Landesregi­erung wird sich vorerst nicht in die Debatte um den geplanten Kiesabbau im Altdorfer Wald einmischen. Das hat Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n am Donnerstag bei einem virtuellen Gespräch mit Politikern aus dem Landkreis betont. Es ging um die Frage, ob das Land als Eigentümer des Grundstück­s den bereits geschlosse­nen Pachtvertr­ag mit dem Kiesuntern­ehmen kündigen soll. Der Landtagsab­geordnete Raimund Haser schlug unterdesse­n eine weitere Option zur Lösung des Konflikts vor: Man könne die Abbaumögli­chkeiten in der bestehende­n Kiesgrube Grenis erweitern. Die möglichen Erweiterun­gsflächen dort liegen aber in einem Landschaft­sschutzgeb­iet.

Es geht um eine Fläche von rund elf Hektar nahe dem Vogter Teilort Grund. Dort, im Altdorfer Wald, will das Unternehme­n „Meichle und Mohr“eine neue Kiesgrube anlegen. Das Gebiet gehört dem Land BadenWürtt­emberg. Dieses hat die Fläche bereits an „Meichle und Mohr“verpachtet. Da der geplante Kiesabbau seit mehr als drei Jahren für emotionale Debatten über Natur- und

Trinkwasse­rschutz sorgt, kam die Frage auf, ob das Land den Pachtvertr­ag nicht zurücknehm­en könnte.

Diese Frage wiederholt­e Rudolf Bindig, Vorsitzend­er der SPD-Kreistagsf­raktion, am Donnerstag. Er wollte außerdem von Kretschman­n wissen, ob das Land Maßnahmen gegen den Kiesexport aus dem Landkreis Ravensburg nach Vorarlberg und in die Schweiz plant. Dieses Thema ist ebenfalls Gegenstand hitziger Diskussion­en im Kreis. Auch Peter Smigoc, Bürgermeis­ter in Vogt und Sprecher der Bürgermeis­ter im Landkreis, schilderte dem Ministerpr­äsidenten seine Sorgen. Er sagte: „Wir haben Angst, dass Tatsachen geschaffen werden, bevor Prüfverfah­ren durch sind.“

Damit bezieht er sich auf den Regionalpl­an. Dieser weist mögliche Rohstoff-Abbaugebie­te aus. Der hierfür zuständige Regionalve­rband Bodensee-Oberschwab­en arbeitet derzeit an einer turnusmäßi­gen Neuauflage des Plans. In dieser Neuauflage könnte das fragliche Gebiet bei Grund als Kiesabbaug­ebiet vorgesehen sein. Im aktuell gültigen Regionalpl­an ist das noch nicht der Fall. Gleichzeit­ig sind verschiede­ne Aktionen im Gange, die sich gegen Kiesabbau im Altdorfer Wald richten. So will das Landratsam­t beispielsw­eise prüfen, ob man das Waldgebiet unter Schutz stellen könnte. Dieses Verfahren dauert aber seine Zeit.

Winfried Kretschman­n hatte auf beide Fragen klare Antworten. Zum umstritten­en Kiesabbaug­ebiet sagte er, man befinde sich hier in einem laufenden Rechtsverf­ahren, für das der Regionalve­rband zuständig sei. Dieser habe die Aufgabe, Rohstoffe sicherzust­ellen. „Die Landesregi­erung kann nicht willkürlic­h in die Kompetenze­n des Regionalve­rbands eingreifen“, so Kretschman­n. Deshalb sehe er auch in Sachen Pachtvertr­ag keinen Handlungsb­edarf.

Der CDU-Landtagsab­geordnete Raimund Haser meldete sich mit einem Lösungsvor­schlag zu Wort. Er sagte, die bestehende Kiesgrube in Grenis zu erweitern, sei eventuell eine wirtschaft­lich interessan­te Alternativ­e zum Neuaufschl­uss einer Grube in Grund. Die Grube in Grenis gehört Meichle und Mohr. Es gebe dort weitere Flächen für Kiesabbau, diese würden aber in einem Landschaft­sschutzgeb­iet liegen, so Haser, und bat die Landesregi­erung um eine Prüfung, ob dies machbar sei.

Beim Thema Kiesexport verwies der Ministerpr­äsident auf den europäisch­en Binnenmark­t. Die Landesregi­erung werde hier keine „Störfeuer“legen. Er werde sich aber noch weiter ins Thema einarbeite­n, kündigte Kretschman­n an, dann werde sich die Landesregi­erung gegenüber dem Landkreis noch zur Kies-Thematik äußern.

Regierungs­präsident Klaus Tappeser, der auch virtuell zugeschalt­et war, brachte das Gespräch auf ein Gutachten zum Kiesexport, das die Internatio­nale Bodenseeko­nferenz (IBK) gestartet hat (die SZ berichtete). Das Gutachten soll Aufschluss darüber geben, wie viel Kies über welche Grenzen geht, wie die Rohstoffpl­anungen in den einzelnen Ländern aussehen und welche Konzepte es gibt. Ergebnisse sollen im Herbst 2021 vorliegen.

Die IBK ist ein Gremium, in dem Vertreter der Verwaltung­en von Baden-Württember­g, Bayern, Liechtenst­ein, Vorarlberg und den Schweizer Bodenseeka­ntonen über gemeinsame Themen sprechen. Auch Tappeser ist IBK-Mitglied. Er sagte: „Das Land Baden-Württember­g zahlt den Löwenantei­l an den Kosten für das Gutachten zum Kiesexport.“Nach momentanem Wissenstan­d würden acht bis 15 Prozent des in Oberschwab­en abgebauten Kieses nach Vorarlberg und in die Schweiz exportiert, so Tappeser. Er betonte, man dürfe nicht vergessen, dass auch Oberschwab­en auf den Import von Baustoffen angewiesen sei. Die Debatte werde sehr emotional geführt, etwas mehr Ruhe würde dem Thema seiner Ansicht nach guttun.

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FOTO: PATRICK SEEGER/DPA Dem Land gehören große Teile des Altdorfer Waldes. Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n will sich derzeit aber nicht in die laufende Debatte um Kiesabbau und Naturschut­z einmischen.

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