Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Kretschmann nimmt Stellung zu Kies und Altdorfer Wald
Klare Worte vom Ministerpräsidenten: Deshalb bleibt der Pachtvertrag mit dem Kiesunternehmen bestehen
KREIS RAVENSBURG - Die Landesregierung wird sich vorerst nicht in die Debatte um den geplanten Kiesabbau im Altdorfer Wald einmischen. Das hat Ministerpräsident Winfried Kretschmann am Donnerstag bei einem virtuellen Gespräch mit Politikern aus dem Landkreis betont. Es ging um die Frage, ob das Land als Eigentümer des Grundstücks den bereits geschlossenen Pachtvertrag mit dem Kiesunternehmen kündigen soll. Der Landtagsabgeordnete Raimund Haser schlug unterdessen eine weitere Option zur Lösung des Konflikts vor: Man könne die Abbaumöglichkeiten in der bestehenden Kiesgrube Grenis erweitern. Die möglichen Erweiterungsflächen dort liegen aber in einem Landschaftsschutzgebiet.
Es geht um eine Fläche von rund elf Hektar nahe dem Vogter Teilort Grund. Dort, im Altdorfer Wald, will das Unternehmen „Meichle und Mohr“eine neue Kiesgrube anlegen. Das Gebiet gehört dem Land BadenWürttemberg. Dieses hat die Fläche bereits an „Meichle und Mohr“verpachtet. Da der geplante Kiesabbau seit mehr als drei Jahren für emotionale Debatten über Natur- und
Trinkwasserschutz sorgt, kam die Frage auf, ob das Land den Pachtvertrag nicht zurücknehmen könnte.
Diese Frage wiederholte Rudolf Bindig, Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion, am Donnerstag. Er wollte außerdem von Kretschmann wissen, ob das Land Maßnahmen gegen den Kiesexport aus dem Landkreis Ravensburg nach Vorarlberg und in die Schweiz plant. Dieses Thema ist ebenfalls Gegenstand hitziger Diskussionen im Kreis. Auch Peter Smigoc, Bürgermeister in Vogt und Sprecher der Bürgermeister im Landkreis, schilderte dem Ministerpräsidenten seine Sorgen. Er sagte: „Wir haben Angst, dass Tatsachen geschaffen werden, bevor Prüfverfahren durch sind.“
Damit bezieht er sich auf den Regionalplan. Dieser weist mögliche Rohstoff-Abbaugebiete aus. Der hierfür zuständige Regionalverband Bodensee-Oberschwaben arbeitet derzeit an einer turnusmäßigen Neuauflage des Plans. In dieser Neuauflage könnte das fragliche Gebiet bei Grund als Kiesabbaugebiet vorgesehen sein. Im aktuell gültigen Regionalplan ist das noch nicht der Fall. Gleichzeitig sind verschiedene Aktionen im Gange, die sich gegen Kiesabbau im Altdorfer Wald richten. So will das Landratsamt beispielsweise prüfen, ob man das Waldgebiet unter Schutz stellen könnte. Dieses Verfahren dauert aber seine Zeit.
Winfried Kretschmann hatte auf beide Fragen klare Antworten. Zum umstrittenen Kiesabbaugebiet sagte er, man befinde sich hier in einem laufenden Rechtsverfahren, für das der Regionalverband zuständig sei. Dieser habe die Aufgabe, Rohstoffe sicherzustellen. „Die Landesregierung kann nicht willkürlich in die Kompetenzen des Regionalverbands eingreifen“, so Kretschmann. Deshalb sehe er auch in Sachen Pachtvertrag keinen Handlungsbedarf.
Der CDU-Landtagsabgeordnete Raimund Haser meldete sich mit einem Lösungsvorschlag zu Wort. Er sagte, die bestehende Kiesgrube in Grenis zu erweitern, sei eventuell eine wirtschaftlich interessante Alternative zum Neuaufschluss einer Grube in Grund. Die Grube in Grenis gehört Meichle und Mohr. Es gebe dort weitere Flächen für Kiesabbau, diese würden aber in einem Landschaftsschutzgebiet liegen, so Haser, und bat die Landesregierung um eine Prüfung, ob dies machbar sei.
Beim Thema Kiesexport verwies der Ministerpräsident auf den europäischen Binnenmarkt. Die Landesregierung werde hier keine „Störfeuer“legen. Er werde sich aber noch weiter ins Thema einarbeiten, kündigte Kretschmann an, dann werde sich die Landesregierung gegenüber dem Landkreis noch zur Kies-Thematik äußern.
Regierungspräsident Klaus Tappeser, der auch virtuell zugeschaltet war, brachte das Gespräch auf ein Gutachten zum Kiesexport, das die Internationale Bodenseekonferenz (IBK) gestartet hat (die SZ berichtete). Das Gutachten soll Aufschluss darüber geben, wie viel Kies über welche Grenzen geht, wie die Rohstoffplanungen in den einzelnen Ländern aussehen und welche Konzepte es gibt. Ergebnisse sollen im Herbst 2021 vorliegen.
Die IBK ist ein Gremium, in dem Vertreter der Verwaltungen von Baden-Württemberg, Bayern, Liechtenstein, Vorarlberg und den Schweizer Bodenseekantonen über gemeinsame Themen sprechen. Auch Tappeser ist IBK-Mitglied. Er sagte: „Das Land Baden-Württemberg zahlt den Löwenanteil an den Kosten für das Gutachten zum Kiesexport.“Nach momentanem Wissenstand würden acht bis 15 Prozent des in Oberschwaben abgebauten Kieses nach Vorarlberg und in die Schweiz exportiert, so Tappeser. Er betonte, man dürfe nicht vergessen, dass auch Oberschwaben auf den Import von Baustoffen angewiesen sei. Die Debatte werde sehr emotional geführt, etwas mehr Ruhe würde dem Thema seiner Ansicht nach guttun.