Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Zeit ist Geld

Wie der Sammlermar­kt für Armbanduhr­en im Luxussegme­nt tickt

- Von Thomas Spengler

STUTTGART - Zu Zeiten, in denen das Sparbuch keine Rendite mehr abwirft, setzen so manche Investoren unter den Sammlerobj­ekten auf hochwertig­e Armbanduhr­en. Das Luxus-Segment, das der Knight Frank Investment Index widerspieg­elt, weist allerdings für 2019 lediglich ein Plus von zwei Prozent aus.

Wer aber die Zeit hatte, die vergangene­n zehn Jahre abzuwarten, konnte mit den richtigen Modellen in den Genuss einer Wertsteige­rung von immerhin 60 Prozent kommen. Zeit ist eben doch manchmal Geld. Als teuerste Uhr der Welt gilt derzeit eine Patek Philippe Grandmaste­r Chime Ref. 6300A, die im November 2019 bei Christie's für 28,6 Millionen Euro unter den Hammer kam – für „Normalster­bliche“ohnehin nicht erschwingl­ich. Und so täuschen derartige Luxusprodu­kte mit exorbitant­en Preisen oft über die sonstige Preisentwi­cklung für gebrauchte, hochwertig­e Armbanduhr­en hinweg.

Dies rührt auch daher, dass es im Vergleich zu Aktien und Anleihen für den Handel seltener Luxusgegen­stände keinen festgelegt­en Marktplatz wie eine Börse gibt. „Den Preis hochwertig­er Armbanduhr­en machen vielmehr die Käufer“, sagt dazu Heinz Knehr, Inhaber des Traditions­geschäfts „Uhren Kölle“in

Ulm. Daher ist der zu erzielende Preis immer nur Ausdruck einer temporären Nachfrage. Das bedeutet, dass Uhrenmärkt­e weder transparen­t, noch homogen sind. Räumliche, zeitliche und persönlich­e Präferenze­n spielen eine große Rolle, und doch kann es sein, dass sich Veränderun­gen nicht sofort im Preis niederschl­agen.

Dennoch gibt es einige Anhaltspun­kte, an denen sich Investoren, die auf Wertsteige­rungen hoffen, orientiere­n können. So legt das Portal

Watchtime.net den Anlegern nahe, auf Modelle hochwertig­er Hersteller wie Audemars Piguet, Vacheron Constantin, Rolex oder Patek Philippe zu setzen. Als Basis-Investment­s sollte man demnach auch auf liquide Vintage-Uhren der bekannten Marken bauen. Das sind beispielsw­eise Rolex Pre-DaytonaHan­daufzugsmo­delle, Modelle der Marke Rolex mit Gilt-Schrift oder Patek Philippe Ewiger Kalender.

Darüber hinaus bedarf es zur Wertermitt­lung einer Uhr aus zweiter Hand einer Prüfung der Authentizi­tät, bei der der Anteil der Originalte­ile festgestel­lt wird. Außerdem gilt es, vom Fachmann die technische Bewertung eines Zeitmesser­s für das Handgelenk erstellen zu lassen. „Laufleistu­ng, Modell und Marke sowie die Häufigkeit der Uhr“, nennt Knehr als wichtige, ausschlagg­ebende Kriterien, auf die es alle zusammen bei der Wertermitt­lung ankommt. Insbesonde­re aber ist in seinen Augen der Zustand der Uhr entscheide­nd. „Ein Messinstru­ment, wie die Uhr es ist, muss nun mal in der Lage sein, die Zeit auch zu messen“, sagt er, der ein erklärter Freund von A. Lange & Söhne aus Glashütte ist.

Trotz eines schwankung­sanfällige­n Marktes sei die Nachfrage nach Luxusuhren so hoch wie noch nie, sagt Firmengrün­der Tim Stracke über seinen Online-Marktplatz für Luxusuhren, Chrono24 in Karlsruhe. „Der durchschni­ttliche Verkaufspr­eis begehrter Marken hat in den letzten Jahren kontinuier­lich hinzugewon­nen“, sagt er. Beispielha­ft nennt er die Omega Speedmaste­r Moonwatch mit dem Sondermode­ll „First Omega in Space“, die in den vergangene­n drei Jahren zwölf Prozent an Wert zugelegt hätte und nun für 3.600 Euro gehandelt wird. Dagegen hat die Rolex GMT-Master II Batman in zwölf Monaten fast 24

Prozent verloren, liege aber mit 14.000 Euro immer noch deutlich über dem offizielle­n Preis.

Als eine eher ernüchtern­de Indikation für den Preistrend von Luxuschron­ometern kann auch der in Luxemburg notierte Uhrenfonds „Precious time“(ISIN LU05667955­39) von Elite Advisors dienen, der nach seinem Start 2011 rasch um mehr als 25 Prozent auf rund 125 Euro zulegen konnte. Inzwischen aber ist der Wert drastisch auf knapp unter 100 Euro abgesackt. Per Oktober war der Fonds zu 50 Prozent in Patek Philippe sowie zu insgesamt 30 Prozent in Breguet, Rolex, Audemars Piguet, Vacheron Constantin und Cartier investiert. Daher gilt es, sämtliche Preisvorst­ellungen bei Luxusuhren kritisch zu hinterfrag­en.

So spricht Branchenke­nner Heinz Knehr von „preisliche­n Luftblasen“, die er im Internet immer wieder beobachte. „Auf diese Weise werden die Preise künstlich hochgetrie­ben“, sagt er, der 40 Jahre Erfahrung in der Wertermitt­lung von Uhren hat.

 ?? FOTO: LUO HUANHUAN/IMAGO IMAGES ?? Ein Aussteller zeigt eine Patek Philippe Uhr auf einer Uhr- und Schmuckmes­se in Frankfurt 2018: Vintage-Uhren der Marke Patek Philippe gehören zu den teuersten weltweit.
FOTO: LUO HUANHUAN/IMAGO IMAGES Ein Aussteller zeigt eine Patek Philippe Uhr auf einer Uhr- und Schmuckmes­se in Frankfurt 2018: Vintage-Uhren der Marke Patek Philippe gehören zu den teuersten weltweit.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany