Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Mr. Tagesschau“geht in Rente

Nach fast 36 Jahren verabschie­det sich Chefsprech­er Jan Hofer am heutigen Montag

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HAMBURG (AFP) - Natürlich wird es auch am letzten Arbeitstag von Jan Hofer am Montag wieder um Corona gehen, das lässt sich schon absehen. Der scheidende Chefsprech­er der „Tagesschau“erlebte in seiner langen Berufslauf­bahn wohl in keiner Phase ein so dominieren­des Thema – aber immerhin eines, das für ihn einen positiven Effekt entwickelt­e. Denn weil er das Zusammense­in mit seiner Frau und dem kleinen Sohn

Henry während der Kontaktbes­chränkunge­n so genoss, fühlt sich Hofer in seiner lange offenen Entscheidu­ng für den Ruhestand bestärkt.

Karl-Heinz Köpcke, Werner Veigel, Dagmar Berghoff, Jo Brauner und seit mehr als 16 Jahren Jan Hofer: Die Liste der Chefsprech­er der führenden deutschen Nachrichte­nsendung ist trotz ihrer langen Geschichte kurz, wirkliche Brüche gab es in der Sendung keine. Dass jetzt Jens Riewa die Chefrolle übernimmt, ist nur logisch – im kommenden Jahr ist Riewa 30 Jahre bei der „Tagesschau“.

Jan Hofer kommt sogar auf 35 Jahre, womit er etwa die Hälfte seines Lebens bei der Nachrichte­nsendung der ARD verbrachte. Wobei sich nicht genau sagen lässt, wann Hofer geboren wurde. Der 31. Januar ist wohl sein Geburtstag, beim Geburtsjah­r schwanken die Angaben zwischen 1950, 1951 und 1952. Auskünfte über das genaue Alter gibt der aus Wesel am Niederrhei­n stammende Hofer nicht.

Das Altersräts­el ist eine der kleinen Koketterie­n, die sich Hofer erlaubt, daneben sind Oldtimer seine etwas extroverti­erte Leidenscha­ft.

Ansonsten weiß er aber um seine besondere Position durch die Rolle als eines der bekanntest­en Nachrichte­ngesichter.

„Zunächst einmal unterliege­n Sie einer großen, öffentlich­en sozialen Kontrolle“, sagte er dem „Hamburger Abendblatt“. Außerdem sei ein breites Kreuz nötig, weil ein „Tagesschau“-Sprecher nie als eigenständ­ige Person gesehen werde. „Wenn jemand die ARD oder die ,Tagesschau’ ablehnt, wird er auch dich als Sprecher ablehnen.“Früher habe er schlaflose Nächte wegen Zuschauerr­eaktionen gehabt.

Seine Anfänge als Moderator hatte Hofer im Saarland. Dort legte er als Discjockey Musik auf und war Moderator beim Saarländis­chen Rundfunk, gefördert von der „Hitparade“Legende Dieter Thomas Heck.

Den Lehrjahren beim Saarländis­chen Rundfunk folgte schon 1985 der Einstieg bei der „Tagesschau“mit dem Aufstieg knapp 20 Jahre später zum Chefsprech­er. Wegen dieser Aufgabe lebt er eigens im Hamburger Stadtteil Lokstedt, wo auch die „Tagesschau“ihren Sitz hat und wo er deshalb extrem schnell im Studio sein kann. „Einmal haben die Kollegen

um fünf vor zwölf angerufen, und um fünf nach zwölf saß ich im Studio – das ist halt der Job.“

Das „Gehalt eines gut bezahlten Angestellt­en“habe er in seinem Job gehabt. Zusätzlich konnte Hofer durch andere Moderation­en etwas dazuverdie­nen, im Fernsehen machte er dies etwa 1992 bis 2012 als Gastgeber in der Talkshow „Riverboat“.

In den vollständi­gen Ruhestand will er jetzt noch nicht treten, wie er dem „Hamburger Abendblatt“sagte. Mit seinem Management rede er etwa darüber, ob er einen Podcast machen solle.

Ab der kommenden Woche dürfte es aber dennoch deutlich ruhiger für ihn werden. Hofer, der aus erster Ehe drei erwachsene Kinder hat, will die Zeit mit seinem fünf Jahre alten vierten Kind Henry verbringen und mit seiner Frau Phong Lan.

Er sei zwar körperlich und im Kopf absolut fit, aber rein biologisch nicht mehr der Jüngste, sagte Hofer vor einigen Wochen der „Bild am Sonntag“. „Und deshalb möchte ich die Zeit, die mir noch bleibt, ohne Abstriche mit meiner Familie verbringen und jeden Moment genießen.“

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FOTO: DPA Rückblick auf den 1. Januar 1985: Damals präsentier­te Hofer erstmals die „Tagesschau“.

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