Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Die Kita-Gebühren für die Kleinsten steigen stärker

Was auf die Eltern von Ravensburg­er Kindergart­enkindern im nächsten Jahr zukommt

- Von Anton Wassermann

RAVENSBURG - Auch im kommenden Jahr werden die Elternbeit­räge für die Kindertage­sstätten (Kitas) im Schnitt um drei Prozent angehoben. Das gilt für das neue Kindergart­enjahr ab September. Für die ganztägige Betreuung von Kindern unter drei Jahren wird es darüber hinaus einen monatliche­n Zuschlag von 17,50 Euro geben. Diese mit großer Mehrheit beschlosse­ne Empfehlung gab der Sozialauss­chuss in seiner jüngsten Sitzung an den Gemeindera­t.

Aus grundsätzl­ichen Erwägungen stimmte SPD-Stadtrat Dieter Schäfer gegen den Verwaltung­svorschlag, weil seiner Überzeugun­g nach die Vorschuler­ziehung ein öffentlich­er Bildungsau­ftrag ist, der in voller Höhe von der öffentlich­en Hand zu leisten sei. Einige Bundesländ­er und Kommunen erheben dafür keine Gebühren von den Eltern.

Ravensburg könne sich das aber nur dann leisten, wenn dafür Bund oder Land einspringe­n, entgegnete Bürgermeis­ter Simon Blümcke: „Wir brauchen diese Einnahmen von drei Millionen Euro dringend.“Außerdem zeige das Beispiel von Berlin, dass mit der Beitragsfr­eiheit die Qualität der Betreuung nicht unbedingt steige. „Und wenn ich vergleiche, was Eltern in der Schweiz für einen Kita-Platz bezahlen, dann sind unsere Elternbeit­räge mehr als bescheiden“, fügte Blümcke hinzu.

Der jährliche Kostenaufw­and für die Ravensburg­er Kitas liege derzeit bei deutlich mehr als 20 Millionen Euro. Und mit steigenden Geburtenza­hlen gingen auch die Ausgaben rasant nach oben.

Die Betreuung von Kindern unter drei Jahren erfordere einen enormen Aufwand an Platz und Personal. „Wir haben bei der Planung kaum Vorlaufzei­t,

weil die Kinder schon ein Jahr nach ihrer Geburt in unsere Einrichtun­gen kommen“, sagte Blümcke. Dennoch sei es gelungen, den Rechtsansp­ruch in Ravensburg umzusetzen, ohne dass es eine einzige Klage gegeben habe. Es gehe darum, die vorhandene­n Plätze für jene Familien vorzuhalte­n, die dieses Angebot dringend brauchen.

Abgesehen von den Geschwiste­rErmäßigun­gen könne die Stadt die Beiträge nicht sozial staffeln, weil sie die Einkommen der Eltern nicht erhebe. „Wir vermitteln sie aber bei Bedarf an andere Kostenträg­er wie die wirtschaft­liche Jugendhilf­e“, erklärte Blümcke und räumte dabei ein, dass es zwischen Kinderbetr­euung und Haushalts-Konsolidie­rung immer einen Zielkonfli­kt geben werde.

Mit den künftigen Gebühren deckt die Stadt auch weiterhin nur zwölf bis 14 Prozent der anfallende­n Kosten, ist also noch deutlich entfernt von dem empfohlene­n Deckungsgr­ad von 20 Prozent. Darauf wiesen mehrere Ausschussm­itglieder hin und empfahlen, die Eltern regelmäßig darüber zu informiere­n, wie viel ein Kitaplatz insgesamt kostet. Ravensburg­s Sozialamts­leiter Stefan Goller-Martin führt den hohen Bedarf an Ganztags-Betreuung nicht zuletzt auf die gute Beschäftig­ungslage im Ballungsra­um Ravensburg-Friedrichs­hafen zurück, in dem auch viele gut ausgebilde­te Frauen ganztags erwerbstät­ig sind. Niemand könne abschätzen, ob die Folgen der Corona-Krise daran nachhaltig etwas ändern werden. Steigende Geburtenza­hlen bei gleichzeit­ig steigender Erwerbstät­igkeit bezeichnet­e Goller-Martin als einen Erfolg der Familienpo­litik. Und die ansässigen Betriebe könnten die dringend benötigten Fachkräfte nur dann von auswärts anwerben, wenn auch die Kinderbetr­euung gesichert sei. Das größere Problem sei aber der Mangel an Wohnraum.

Aber auch die Zielvorgab­e einer durchschni­ttlichen Kostendeck­ung von 20 Prozent für die Kinderbetr­euung durch Elternbeit­räge sieht der Sozialamts­leiter eher kritisch: „Die Standard-Regelgrupp­e, für die das gelten soll, gibt es nicht, weil die Kitas nicht nur betreuen, sondern auch einen Bildungsau­ftrag erfüllen. Das lässt sich nicht voneinande­r trennen.“

 ?? FOTO: MONIKA SKOLIMOWSK­A ?? Die Kita-Gebühren steigen im Schnitt um drei Prozent.
FOTO: MONIKA SKOLIMOWSK­A Die Kita-Gebühren steigen im Schnitt um drei Prozent.

Newspapers in German

Newspapers from Germany