Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Die Kita-Gebühren für die Kleinsten steigen stärker
Was auf die Eltern von Ravensburger Kindergartenkindern im nächsten Jahr zukommt
RAVENSBURG - Auch im kommenden Jahr werden die Elternbeiträge für die Kindertagesstätten (Kitas) im Schnitt um drei Prozent angehoben. Das gilt für das neue Kindergartenjahr ab September. Für die ganztägige Betreuung von Kindern unter drei Jahren wird es darüber hinaus einen monatlichen Zuschlag von 17,50 Euro geben. Diese mit großer Mehrheit beschlossene Empfehlung gab der Sozialausschuss in seiner jüngsten Sitzung an den Gemeinderat.
Aus grundsätzlichen Erwägungen stimmte SPD-Stadtrat Dieter Schäfer gegen den Verwaltungsvorschlag, weil seiner Überzeugung nach die Vorschulerziehung ein öffentlicher Bildungsauftrag ist, der in voller Höhe von der öffentlichen Hand zu leisten sei. Einige Bundesländer und Kommunen erheben dafür keine Gebühren von den Eltern.
Ravensburg könne sich das aber nur dann leisten, wenn dafür Bund oder Land einspringen, entgegnete Bürgermeister Simon Blümcke: „Wir brauchen diese Einnahmen von drei Millionen Euro dringend.“Außerdem zeige das Beispiel von Berlin, dass mit der Beitragsfreiheit die Qualität der Betreuung nicht unbedingt steige. „Und wenn ich vergleiche, was Eltern in der Schweiz für einen Kita-Platz bezahlen, dann sind unsere Elternbeiträge mehr als bescheiden“, fügte Blümcke hinzu.
Der jährliche Kostenaufwand für die Ravensburger Kitas liege derzeit bei deutlich mehr als 20 Millionen Euro. Und mit steigenden Geburtenzahlen gingen auch die Ausgaben rasant nach oben.
Die Betreuung von Kindern unter drei Jahren erfordere einen enormen Aufwand an Platz und Personal. „Wir haben bei der Planung kaum Vorlaufzeit,
weil die Kinder schon ein Jahr nach ihrer Geburt in unsere Einrichtungen kommen“, sagte Blümcke. Dennoch sei es gelungen, den Rechtsanspruch in Ravensburg umzusetzen, ohne dass es eine einzige Klage gegeben habe. Es gehe darum, die vorhandenen Plätze für jene Familien vorzuhalten, die dieses Angebot dringend brauchen.
Abgesehen von den GeschwisterErmäßigungen könne die Stadt die Beiträge nicht sozial staffeln, weil sie die Einkommen der Eltern nicht erhebe. „Wir vermitteln sie aber bei Bedarf an andere Kostenträger wie die wirtschaftliche Jugendhilfe“, erklärte Blümcke und räumte dabei ein, dass es zwischen Kinderbetreuung und Haushalts-Konsolidierung immer einen Zielkonflikt geben werde.
Mit den künftigen Gebühren deckt die Stadt auch weiterhin nur zwölf bis 14 Prozent der anfallenden Kosten, ist also noch deutlich entfernt von dem empfohlenen Deckungsgrad von 20 Prozent. Darauf wiesen mehrere Ausschussmitglieder hin und empfahlen, die Eltern regelmäßig darüber zu informieren, wie viel ein Kitaplatz insgesamt kostet. Ravensburgs Sozialamtsleiter Stefan Goller-Martin führt den hohen Bedarf an Ganztags-Betreuung nicht zuletzt auf die gute Beschäftigungslage im Ballungsraum Ravensburg-Friedrichshafen zurück, in dem auch viele gut ausgebildete Frauen ganztags erwerbstätig sind. Niemand könne abschätzen, ob die Folgen der Corona-Krise daran nachhaltig etwas ändern werden. Steigende Geburtenzahlen bei gleichzeitig steigender Erwerbstätigkeit bezeichnete Goller-Martin als einen Erfolg der Familienpolitik. Und die ansässigen Betriebe könnten die dringend benötigten Fachkräfte nur dann von auswärts anwerben, wenn auch die Kinderbetreuung gesichert sei. Das größere Problem sei aber der Mangel an Wohnraum.
Aber auch die Zielvorgabe einer durchschnittlichen Kostendeckung von 20 Prozent für die Kinderbetreuung durch Elternbeiträge sieht der Sozialamtsleiter eher kritisch: „Die Standard-Regelgruppe, für die das gelten soll, gibt es nicht, weil die Kitas nicht nur betreuen, sondern auch einen Bildungsauftrag erfüllen. Das lässt sich nicht voneinander trennen.“