Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Wie der Klimawande­l die Forst- und Landwirte trifft

Auch im Landkreis Ravensburg sind bereits Veränderun­gen zu spüren – Resistente Baumarten sind gefragt

- Von Simon Nill

LEUTKIRCH/REGION - Welche Folgen hat der Klimawande­l bereits jetzt auf die Wälder im Landkreis Ravensburg? Und auf welche Veränderun­gen müssen sich Landwirte einstellen? Diese und weitere Fragen hat Landtagsab­geordnete Petra Krebs (Grüne) an das „Ministeriu­m für Ländlichen Raum und Verbrauche­rschutz Baden Württember­g“gestellt. Die Antworten, die der „Schwäbisch­en Zeitung“vorliegen, bieten einige Erkenntnis­se.

Forstwirts­chaft

„Die letzten drei Jahre waren durch extrem heiße und trockene Sommer geprägt“, heißt es im Schreiben des Ministeriu­ms. Das habe unter anderem verdeutlic­ht, dass Fichten, aber auch weitere Baumarten im Landkreis Ravensburg, bei solchen Bedingunge­n anfällig sind. Hinzu kommt ein starker Anstieg der Borkenkäfe­r sowie mehrere Stürme, die ebenfalls für starke Schäden sorgten. „So sind in den vergangene­n sechs

Jahren im Landkreis Ravensburg etwa zwei Drittel der eingeschla­genen Holzmengen aus ,Schadholz’ hervorgega­ngen“, stellt das Ministeriu­m fest. Stark gestiegen sind statistisc­h gesehen unter anderem die Dürreschäd­en. Im Vergleich zu 2010 haben sich diese im vergangene­n Jahr mehr als verfünffac­ht.

Als Konsequenz müssten Waldbesitz­er in der Region künftig unter anderem mit „erhebliche­n Veränderun­gen“bei der Verteilung und der Zusammense­tzung der Baumarten rechnen. Bisher nimmt die Fichte im

Landkreis mit rund 60 Prozent einen hohen Anteil der Waldfläche ein.

Der könnte sich bald deutlich reduzieren. Gleiches gelte unterschie­dlich stark für weitere HauptBauma­rten wie Buche, Tanne oder Traubeneic­he, die landesweit ebenfalls immer weniger geeignet seien. Solche Bäume sind nach Angaben des Ministeriu­ms durch die klimatisch­en Veränderun­gen und dem damit häufig verbundene­n Stress anfälliger für Schäden.

Deshalb müsse das Ziel sein, mit trockenhei­tsresisten­ten, heimischen

Bäumen „klimastabi­le Wälder“aufzubauen. Dabei sollten möglichst viele Arten zum Einsatz kommen, um das Risiko von Ausfällen zu streuen. Als Beispiele werden im Schreiben Spitzahorn und Elsbeere genannt. In diesem Zusammenha­ng weist das Ministeriu­m darauf hin, „dass zur Wiederbewa­ldung der aktuellen Schadfläch­en ein ausreichen­des Portfolio bekannter, auch heimischer Baumarten zur Verfügung steht, die im Klimawande­l auch mittelbis längerfris­tig ausreichen­de Anpassungs­fähigkeit erwarten lassen.“Grundsätzl­iche Ziele für die Wälder in Baden-Württember­g werden derzeit in einer „Waldstrate­gie 2050“festgelegt.

Landwirtsc­haft

„In der Landwirtsc­haft sind die klimabedin­gten Schäden – im Vergleich zu den eindeutig sichtbaren Schäden in der Forstwirts­chaft – nicht ganz so bedeutend. Im Landkreis Ravensburg sind wir noch relativ gut weggekomme­n“, bilanziert Petra Krebs im Gespräch mit der

„Schwäbisch­en Zeitung“. Das belegt das Antwortsch­reiben des Ministeriu­ms auf Anfrage der Landtagsab­geordneten.

Demnach habe die Untere Landwirtsc­haftsbehör­de im Kreis Ravensburg „keine gravierend­en und nachhaltig­en Ertragssch­wankungen“in den letzten Jahren beobachten müssen. Die Landwirte seien zwar mit zunehmend auftretend­en Wetterextr­emen wie beispielsw­eise Hitze, Trockenhei­t und Starkniede­rschlägen konfrontie­rt. Solche – häufig lokal auftretend­en – Ereignisse hätten allerdings „schon immer zu jährlich schwankend­en Erträgen geführt“, die sich nicht signifikan­t auf die kreisweit erfassten Ernteerträ­ge auswirkten.

Dennoch bereiten nach Angaben des Ministeriu­ms die klimabedin­gten Veränderun­gen auch den Landwirten zunehmend Schwierigk­eiten. Dazu zählt, dass sich im Landkreis eine erhöhte Durchschni­ttstempera­tur um rund ein Grad Celsius feststelle­n lasse. Hinzu kommen Veränderun­gen beim Niederschl­ag. Vor allem die Verteilung habe sich geändert. Statt gleichmäßi­gem Regen treten immer häufiger sogenannte Starkniede­rschlagser­eignisse auf. Das führt unter anderem dazu, dass zu manchen Zeiten Wasser dann fehlt, wenn es von den Pflanzen benötigt wird.

Vor dem Hintergrun­d, dass Wasser nur begrenzt zur Verfügung steht, empfiehlt die Untere Wasserbehö­rde des Landkreise­s Ravensburg den Landwirten derzeit verstärkt, Zisternen zum Speichern von Wasser anzulegen. Weil die Landwirtsc­haft zum Ziel habe, ressourcen­schonend zu wirtschaft­en, „kommen Bewässerun­gsmaßnahme­n normalerwe­ise auch nicht zum Einsatz“, schreibt das Ministeriu­m.

„Der Klimawande­l betrifft nicht nur die Zukunft, sondern ist jetzt schon wichtig“, fasst Petra Krebs die Ergebnisse zusammen. Es gelte, das Klima, aber gleichzeit­ig auch die betroffene­n Betriebe zu schützen. Denn ihrer Einschätzu­ng nach ist die Region „stark abhängig von landund forstwirts­chaftliche­n Erträgen“.

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FOTO: ELKE ZAPF In einem Baumcamp fordern junge Ravensburg­er die Einhaltung des Pariser Klimaabkom­mens.
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FOTO: DPA Längere Trockenhei­tsphasen bereiten den Landwirten Probleme.

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