Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Wie der Klimawandel die Forst- und Landwirte trifft
Auch im Landkreis Ravensburg sind bereits Veränderungen zu spüren – Resistente Baumarten sind gefragt
LEUTKIRCH/REGION - Welche Folgen hat der Klimawandel bereits jetzt auf die Wälder im Landkreis Ravensburg? Und auf welche Veränderungen müssen sich Landwirte einstellen? Diese und weitere Fragen hat Landtagsabgeordnete Petra Krebs (Grüne) an das „Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden Württemberg“gestellt. Die Antworten, die der „Schwäbischen Zeitung“vorliegen, bieten einige Erkenntnisse.
Forstwirtschaft
„Die letzten drei Jahre waren durch extrem heiße und trockene Sommer geprägt“, heißt es im Schreiben des Ministeriums. Das habe unter anderem verdeutlicht, dass Fichten, aber auch weitere Baumarten im Landkreis Ravensburg, bei solchen Bedingungen anfällig sind. Hinzu kommt ein starker Anstieg der Borkenkäfer sowie mehrere Stürme, die ebenfalls für starke Schäden sorgten. „So sind in den vergangenen sechs
Jahren im Landkreis Ravensburg etwa zwei Drittel der eingeschlagenen Holzmengen aus ,Schadholz’ hervorgegangen“, stellt das Ministerium fest. Stark gestiegen sind statistisch gesehen unter anderem die Dürreschäden. Im Vergleich zu 2010 haben sich diese im vergangenen Jahr mehr als verfünffacht.
Als Konsequenz müssten Waldbesitzer in der Region künftig unter anderem mit „erheblichen Veränderungen“bei der Verteilung und der Zusammensetzung der Baumarten rechnen. Bisher nimmt die Fichte im
Landkreis mit rund 60 Prozent einen hohen Anteil der Waldfläche ein.
Der könnte sich bald deutlich reduzieren. Gleiches gelte unterschiedlich stark für weitere HauptBaumarten wie Buche, Tanne oder Traubeneiche, die landesweit ebenfalls immer weniger geeignet seien. Solche Bäume sind nach Angaben des Ministeriums durch die klimatischen Veränderungen und dem damit häufig verbundenen Stress anfälliger für Schäden.
Deshalb müsse das Ziel sein, mit trockenheitsresistenten, heimischen
Bäumen „klimastabile Wälder“aufzubauen. Dabei sollten möglichst viele Arten zum Einsatz kommen, um das Risiko von Ausfällen zu streuen. Als Beispiele werden im Schreiben Spitzahorn und Elsbeere genannt. In diesem Zusammenhang weist das Ministerium darauf hin, „dass zur Wiederbewaldung der aktuellen Schadflächen ein ausreichendes Portfolio bekannter, auch heimischer Baumarten zur Verfügung steht, die im Klimawandel auch mittelbis längerfristig ausreichende Anpassungsfähigkeit erwarten lassen.“Grundsätzliche Ziele für die Wälder in Baden-Württemberg werden derzeit in einer „Waldstrategie 2050“festgelegt.
Landwirtschaft
„In der Landwirtschaft sind die klimabedingten Schäden – im Vergleich zu den eindeutig sichtbaren Schäden in der Forstwirtschaft – nicht ganz so bedeutend. Im Landkreis Ravensburg sind wir noch relativ gut weggekommen“, bilanziert Petra Krebs im Gespräch mit der
„Schwäbischen Zeitung“. Das belegt das Antwortschreiben des Ministeriums auf Anfrage der Landtagsabgeordneten.
Demnach habe die Untere Landwirtschaftsbehörde im Kreis Ravensburg „keine gravierenden und nachhaltigen Ertragsschwankungen“in den letzten Jahren beobachten müssen. Die Landwirte seien zwar mit zunehmend auftretenden Wetterextremen wie beispielsweise Hitze, Trockenheit und Starkniederschlägen konfrontiert. Solche – häufig lokal auftretenden – Ereignisse hätten allerdings „schon immer zu jährlich schwankenden Erträgen geführt“, die sich nicht signifikant auf die kreisweit erfassten Ernteerträge auswirkten.
Dennoch bereiten nach Angaben des Ministeriums die klimabedingten Veränderungen auch den Landwirten zunehmend Schwierigkeiten. Dazu zählt, dass sich im Landkreis eine erhöhte Durchschnittstemperatur um rund ein Grad Celsius feststellen lasse. Hinzu kommen Veränderungen beim Niederschlag. Vor allem die Verteilung habe sich geändert. Statt gleichmäßigem Regen treten immer häufiger sogenannte Starkniederschlagsereignisse auf. Das führt unter anderem dazu, dass zu manchen Zeiten Wasser dann fehlt, wenn es von den Pflanzen benötigt wird.
Vor dem Hintergrund, dass Wasser nur begrenzt zur Verfügung steht, empfiehlt die Untere Wasserbehörde des Landkreises Ravensburg den Landwirten derzeit verstärkt, Zisternen zum Speichern von Wasser anzulegen. Weil die Landwirtschaft zum Ziel habe, ressourcenschonend zu wirtschaften, „kommen Bewässerungsmaßnahmen normalerweise auch nicht zum Einsatz“, schreibt das Ministerium.
„Der Klimawandel betrifft nicht nur die Zukunft, sondern ist jetzt schon wichtig“, fasst Petra Krebs die Ergebnisse zusammen. Es gelte, das Klima, aber gleichzeitig auch die betroffenen Betriebe zu schützen. Denn ihrer Einschätzung nach ist die Region „stark abhängig von landund forstwirtschaftlichen Erträgen“.